Kirchheim
Kirchheimer Vesperkirche: Der große Ansturm bleibt aus

Soziales Trotz Energiekrise und Inflation liegt die Besucherzahlt der Vesperkirche in Kirchheim unter dem Schnitt der Vor-Corona-Zeit.  Landrat Heinz Eininger hat dort trotzdem viele Bekannte getroffen. Von Thomas Zapp

Für Landrat Heinz Eininger ist der Besuch der Vesperkirche offensichtlich ein Heimspiel: Hier ein Gruß, dort ein Händeschütteln. Der ehemalige Kirchheimer Bürgermeister ist der Teckstadt verbunden, wenn er auch nicht gebürtig aus ihr stammt. „Ich lebe seit 30 Jahren hier, so lange wie an keinem anderen Ort“, sagt er. Und mehr als sieben Jahre war er hier Bürgermeister. Für ein informelles Mittagessen mit Eberhard Haußmann, dem Geschäftsführer der Diakonie des Landkreises und dem Dekan des Kirchenbezirks Kirchheim, Christian Tsalos, ist die Thomaskirche daher der ideale Ort.

„Esslingen ist der einzige Kreis in Baden Württemberg, der drei Vesperkirchen hat“, sagt Eberhard Haußmann – normal seien eine oder zwei. Die Vesperkirchen in Nürtingen und Esslingen sind in ihrer Besucherstruktur etwas anders,
 

Es gibt noch Ängste nach der Corona-Zeit.
Uli Häußermann
Organisator der Vesperkirche
 

sagt der Landrat. In der Kirchheimer Thomaskirche prägen die Senioren das Bild – das ist auch dem Stadtteil geschuldet, hier wohnen überwiegend ältere Menschen. Auch eine Familie aus der Ukraine ist gekommen, sie ist aber an diesem Tag die einzige.

Wegen Krieg, Inflation und Energiekrise müssten es nach der zweijährigen Vesperkirchen-Pause mehr Menschen als gewöhnlich sein, die sich für 1,50 Euro ein günstiges Mittagessen holen. Doch weit gefehlt: Rund 150 Essen hat die Vesperkirche an diesem Tag ausgegeben, das Mittel der „alten“ Ausgaben lag bei 250. „Die Menschen wollen noch nicht alle kommen. Es gibt noch Ängste nach der Corona-Zeit“, sagt Diakon und Organisator Uli Häußermann. Es gebe auch Helfer, die den Kontakt zu den Gästen noch vermeiden möchten und lieber im Hintergrund arbeiten. 

An diesem Tag sind 27 Helfer im Einsatz, insgesamt sind es aber noch deutlich mehr. „Das ehrenamtliche Engagement finde ich klasse. In den Vesperkirchen schaffen auch Leute mit, die sonst mit Kirche nichts zu tun haben“, freut sich Eberhard Haußmann. Im Tischgespräch bei Spaghetti Bolognese oder einem vegetarischen afrikanischen Erdnusseintopf geht es auch um praktische Unterstützung für die gute Sache. „Wie sieht es mit Beratungsangeboten aus? Wir könnten jemanden für die Schuldnerberatung schicken“, schlägt der Chef des Landratsamts vor. Oder das Thema gesetzliche Betreuung, auch da könnte jemand vom Landratsamt kommen. „Rufen Sie einfach an“, sagt Heinz Eininger zu Uli Häußermann.

Dass die Kirche das Angebot nicht kostendeckend anbieten kann, ist kein Geheimnis. Für 4,50 Euro pro Essen holen die Helferinnen und Helfer das Essen von einem Caterer, verkauft wird es für 1,50 Euro, wobei viele spenden. Eine Ausnahme gibt es: Am zweiten Samstag kommt das Essen von der Neuapostolischen Kirche. „Dann gibt es selbst gemachte Maultaschen“, freut sich Uli Häußermann.

Nach dem Essen ergreift Pfarrer Christoph Schubert das Wort mit einer kurzen aber tröstlichen Predigt über die Hoffnung in einer Welt des Kriegs. Gemeinsam singt man „Ausgang und Eingang", ein Lied das als Kanon gedacht ist. Für den fehlt es unter den Essengästen jedoch an Stimmgewalt – es ist eben doch kein Gottesdienst, sondern ein gemütliches Beisammensein. 

Uli Häußermann freut sich jedoch wieder über das „Raunen“ und das Stimmengewirr – als Zeihen des Wohlfühlens. Das hatte er bei der  improvisierten Herbst-Ausgabe zu Corona-Zeiten vermisst. „Es ist einfach eine gute Tradition, ein niederschwelliges Angebot, um Gemeinschaft zu erleben“, bringt es der Landrat auf den Punkt.

Info Die Vesperkirche in der Thomaskirche geht noch bis Sonntag, 12. Februar. Täglich gibt zwischen 12 und 13.45 Uhr dort ein warmes Mittagessen für 1,50 Euro. Freiwillige Spenden sind aber willkommen.