Kirchheim

Kornhaus schließt „Oberstübchen“

Brandschutzsanierung wirkt sich auf die Dauerausstellung und auf die Museumspädagogik aus

Heute passiert in Kirchheim etwas Außergewöhnliches, auch wenn es kaum jemand recht wahrnehmen wird: Das Museum schließt für einige Jahre.

Haupt- und ehrenamtliche Museumspädagogen sprechen über die Zukunft ihrer Arbeit - jetzt, wo die Dauerausstellung im Kornhaus fü
Haupt- und ehrenamtliche Museumspädagogen sprechen über die Zukunft ihrer Arbeit - jetzt, wo die Dauerausstellung im Kornhaus für einige Jahre geschlossen worden ist. Sie hoffen, übergangsweise ihre Arbeit im Ausweichquartier in Jesingen sowie „ambulant“ erfolgreich fortführen zu können.Foto: Markus Brändli

Kirchheim. Im Kornhaus kommen zwei Dinge zusammen, aus denen sich dringender Handlungsbedarf ergibt. In gewisser Weise macht die Stadt sogar aus der Not eine Tugend. Dr. Joachim Brüser, Stadtarchivar und zugleich Leiter der Kirchheimer Kulturabteilung, erklärt: „Wir haben Probleme mit den Anforderungen des Brandschutzes. Da stehen jetzt wichtige Sanierungsarbeiten an, ohne die wir das Haus nicht geöffnet halten dürfen.“ Dabei fügt er aber einschränkend hinzu, dass nicht das gesamte Kornhaus geschlossen wird. Erdgeschoss und erstes Obergeschoss stehen weiterhin für Veranstaltungen und Wechselausstellungen zur Verfügung. Was geschlossen wird, ist die Dauerausstellung – vom zweiten Stock an aufwärts.

Gerade diese Dauerausstellung ist aber nach mehr als 30 Jahren nicht mehr in vollem Umfang zeitgemäß. Die Didaktik, die Technik und die Präsentation von Museumsstücken haben sich in der Zwischenzeit stark gewandelt. Deswegen soll nun die Zeit der Sanierungsarbeiten intensiv genutzt werden, um ein völlig neues Ausstellungskonzept zu erarbeiten. Museumsleiterin Stefanie Schwarzenbek kümmere sich jetzt ausschließlich um diese Neukonzeption, teilt Joachim Brüser mit.

Wie lange die Schließung dauert, lasse sich jetzt allerdings noch nicht abschätzen. „Ganz optimistisch“ rechnet der Stadtarchivar mit zwei bis drei Jahren. Vorausgesetzt, dass sich nicht nur die Sanierung finanzieren lässt, steht im Anschluss eine Wiedereröffnung des Hauses mit neuer Dauerausstellung an. Die Ober- und Dachgeschosse, die von heute an nicht mehr öffentlich zugänglich sind, würden somit phönixhaft wiedererstehen – aber zum Glück nicht aus der Asche, sondern aus der brandschutzbedingten Sanierung.

In den beiden verbleibenden Etagen heißt es in der Zwischenzeit, enger zusammenzurücken. Kunstbeirat und Kulturring lassen dem Museum Platz für Wechselausstellungen. Die erste beginnt bereits in 14 Tagen: „30 Jahre Archäologie-AG“. Die andere große Ausstellung ist für nächstes Jahr geplant. In Kooperation mit der Martinskirchengemeinde stellt das Museum im Jubiläumsjahr die 500 Jahre alte Geschichte der Reformation in den Vordergrund.

Somit wäre eigentlich alles in bester Ordnung: Das Museum hält den Sonderausstellungsbetrieb ganz normal aufrecht und „verpuppt“ sich lediglich mit der Dauerausstellung, die während der Brandschutzarbeiten ihre Metamorphose zum neuen bunten Schmetterling vollziehen soll. Es gibt allerdings eine Gruppe, die von dieser Vorgehensweise schwer getroffen wird: die Museumspädagogik. Sie hat ihr Arbeitsfeld nicht bei den Sonderausstellungen. Und auch ihre Räumlichkeiten liegen allesamt in den Stockwerken, die nun geschlossen sind. Übrig bleibt also eine Museumspädagogik ohne Museum – und das ist ungefähr so sinnvoll wie ein Kirchturm ohne Kirche.

Die Museumspädagogik hat nun gemeinsam mit der Stadt nach Ausweichräumen gesucht. Erst kurz vor der Schließung im Kornhaus ist man fündig geworden: Ersatzweise kommen die Museumspädagogen in der Jesinger Schule unter. Das heißt aber nicht, dass die Schule zum Ersatzmuseum wird. Es gibt dort eben Räume für Aktionen und Workshops – und wohl auch zum Lagern von Material. Somit kann die Arbeit der vielen ehrenamtlichen Mitarbeiter, aber auch die Arbeit der Museums- und Erlebnispädagogin Heidi Schubert übergangsweise fortgeführt werden.

Trotzdem bleibt das Problem, dass auf längere Zeit hinaus weder Schulklassen noch Kindergartengruppen das Museum besichtigen können. Auch dafür hat der Arbeitskreis Museumspädagogik einen Lösungsansatz parat: Unter dem Stichwort „Museum im Koffer“ soll ein Wagen mit mehreren Schubfächern angeschafft und bestückt werden. Mit diesem Wagen könnte die Museumspädagogik Schulen und Kindergärten besuchen und ihre Arbeit somit „ambulant“ statt „stationär“ fortführen. Auch nach Abschluss der Sanierungen im Kornhaus bliebe das „mobile Museum“ eine Alternative: Zum „Besuch im Museum“ gäbe es das Zusatzangebot „Besuch vom Museum“.

So gut dieser Gedanke ist, so problematisch ist auch hier die Finanzierung. Bernd Neugebauer schätzt: „Um dieses Konzept umsetzen zu können, brauchen wir 4 000 bis 5 000 Euro, einmalig. Dafür sind wir dringend auf Unterstützung angewiesen.“ Daran hängt für ihn nicht mehr und nicht weniger als die Zukunft der Museumspädagogik in Kirchheim: „Sonst geht alles verloren, was wir in 20 Jahren aufgebaut haben.“