Kirchheim

Kraft für den Widerstand im Glauben gefunden

Reichspogromnacht Gedenkstunde erinnert an die Geschehnisse des 9. November 1938.

In Notzingen hatte sich besonderer Widerstand gegen einen Pfarrer der Deutschen Christen gebildet. In einer Gedenkstunde wird an die handelnden Personen erinnert. Foto: pr

Kirchheim. Das Evangelische Bildungswerk im Landkreis Esslingen, die evangelische Stadtkirchengemeinde Kirchheim und die Stadt Kirchheim laden am heutigen Dienstag um 19.30 Uhr zu einer Gedenkstunde in der Martinskirche anlässlich der Reichspogromnacht 1938 ein.

Das brutale Vorgehen gegen Menschen jüdischen Glaubens, gegen ihre Gotteshäuser und ihren Besitz am 9. November 1938 war ein von langer Hand vorbereitetes Pogrom der Nationalsozialisten gegen Juden in Deutschland. Schon 1932 hatte sich mit der „Glaubensbewegung Deutsche Christen“ in der Evangelischen Kirche eine massive antijüdische Haltung und Theologie herausgebildet, die zum Ziel hatte, alles Jüdische aus der biblischen Tradition zu verbannen. Die Kirche selbst sollte im Sinne des nationalsozialistischen Führerprinzips zu einer Reichskirche unter Führung eines Reichsbischofs umgebaut werden.

Auch im Kirchenbezirk Kirchheim gab es Gemeinden, die stark von Anhängern der Deutschen Christen geprägt waren. Dazu zählte die Kirchengemeinde Notzingen. 1938 regte sich hier massiver Widerstand gegen einen Pfarrer der Deutschen Christen. In der Gedenkstunde wird Wolfgang Kalmbach unter dem Titel „Zu viert unerschrocken widerstehen“ mit Ton- und Bilddokumenten von Gemeindegliedern aus Notzingen berichten, die die Zeichen der Zeit erkannten. Gemeinsam verspürten sie eine direkt aus dem Glauben kommende Ermutigung, die sie stark machte, nicht zu schweigen, sondern aktiv zu werden. Die Religionslehrerin Irmgard Gräter schildert in einem der Dokumente, wie sie vom Ortsgruppenleiter nach ihrer Haltung zur Reichspogromnacht befragt wurde. Der auf der Seite der Bekennenden Kirche stehende Vikar Weller wurde vom deutsch-christlichen Pfarrer gewürgt. Kurz vor der Reichspogromnacht wies Dekan Leube den Vikar an, die Amtsgeschäfte voll zu übernehmen. Im „Hirsch“ wurde dann ein zweites Amtszimmer eingerichtet, es fungierte als Widerstandszentrum. Wie stark Notzingen damals im Fokus war, zeigte sich auch an der Tatsache, dass 1937 kurz nacheinander Reichsbischof und der Landesbischof dort predigten. Der Pfarrer der Deutschen Christen wurde 1940 zwangsweise und vorzeitig in den Ruhestand versetzt.

Bürgermeister Günther Riemer wird Gedenkworte sprechen, Schülerinnen und Schüler der Musikschule und des Schlossgymnasiums gestalten die Gedenkstunde mit. Es gilt die 3-G-Regel. pm