Kirchheim
„Land unter“ bei den Versicherungen im Raum Kirchheim

Schadensmeldungen Nach den Unwettern können sich die örtlichen Versicherungsagenturen vor Anrufen kaum retten. Die Situation ist dieses Mal aber anders als 2013. Von Bianca Lütz-Holoch

Bei Francesco Brogni steht das Telefon nicht still. „Wir haben vier Leitungen, und es klingelt ununterbrochen“, berichtet der Inhaber der Allianz-Generalvertretung in Ötlingen. Von früh morgens bis spät abends nehmen er und sein Team Schäden auf, die der Hagel und die sintflutartigen Regenfälle im Raum Kirchheim angerichtet haben. Innerhalb der ersten Tage nach dem Hagelsturm am Mittwoch vergangener Woche sind über 400 Schadensmeldungen aufgelaufen. „Aber es hört längst nicht auf. Vieles ist noch gar nicht aufgenommen“, weiß er.
Ganz ähnlich geht es bei Rolf Kullen zu. Er betreibt die WGV-Agentur in der Dettinger Straße in Kirchheim und erlebt derzeit ein weiteres „Land unter“ – allerdings am Schreibtisch. „Wir haben zwischen 180 und 200 Anrufen pro Tag“, berichtet er. „Es ist wirklich furchtbar.“
Auch Steffen Meckes, der die Generalagentur der Sparkassen-Versicherung in Weilheim führt, hat am Tag nach dem Unwetter kaum noch Land gesehen. „Ich war um 5.15 Uhr im Büro – und da hat es schon angefangen mit Schadensmeldungen.“

 

Sturm und Hagel kenne ich erst seit Lothar.
Steffen Meckes


Angesichts der schweren Unwetter kommen bei Betroffenen und Versicherern Erinnerungen an 2013 auf. Auch damals war ein schweres Unwetter mit Hagel über Baden-Württemberg hinweggefegt: Dicke Eiskörner zerstörten Fenster und Fassaden, Dächer und Autos. Keller liefern voll und Bäume stürzten um. Auch wenn sich viele Parallelen zu den aktuellen Ereignissen ziehen lassen – die Situation dieses Mal ist anders.
Zum einen hat das aktuelle Unwetter nur sehr lokal schwere Schäden angerichtet und nicht flächendeckend wie 2013. Während die einen noch glimpflich davongekommen sind, hat es diejenigen, die sich direkt in der Unwetterschneise befanden, schwer erwischt. Zum anderen waren die Hagelkörner dieses Mal nicht so groß wie damals, als sie teilweise Tennisballgröße erreichten. „Das Ausmaß der Schäden ist deshalb insgesamt geringer“, sagt Rolf Kullen. Auch bei Steffen Meckes laufen nicht mal annähernd so viele Meldungen ein wie vor acht Jahren. „Der Raum Weilheim ist aber auch weitgehend vor dem Unwetter verschont geblieben“, sagt er.
Anders ist das bei Francesco Brogni, dessen Ötlinger Agentur sich quasi im Auge des Sturms befindet. „Lindorf, Ötlingen und Kirchheim waren mittendrin im Geschehen“, sagt er. „Gefühlt werden hier in der Agentur mindestens genauso viele Schäden gemeldet wie damals.“ Während Rolf Kullen in erster Linie viele kleinere Hagelschäden, etwa an Autos und Rolläden aufnimmt, kommen bei Francesco Brogni in Ötlingen auch richtig große Schadensmeldungen an: „Überschwemmungen, Rückstau- und Hagelschäden und beträchtliche Schäden an Gebäuden“, vermeldet er.
Auch Steffen Meckes hat einige wirklich schwere Fälle aufgenommen. „Allerdings in Lindorf und Wernau“, sagt er. Auffällig findet er, wie eindeutig die Extremwetterlagen zugenommen haben. „Ich habe vor 34 Jahren in der Versicherungsbranche angefangen“, erzählt er. „Sturm und Hagel kenne ich erst seit Lothar“, sagt er. Was ihn ärgert: „Es gibt leider auch bei uns schwarze Schafe, die nach solchen Unwettern Profit aus der Not der Menschen schlagen wollen.“ Dass etwa der eine Betrieb das neue Dachfenster mit 800 Euro berechnet und der andere das gleiche Modell mit 2500 Euro, ärgert ihn.

 

Wer muss sich in um die Schäden kümmern?

Alle, die in ihren eigenen vier Wänden wohnen müssen sich selbst um Unwetterschäden an Haus und Garten kümmern. Aber wie ist es, wenn man zur Miete wohnt? Der Deutsche Mieterbund Esslingen-Göppingen informiert:
Gebäudeschäden und Wohnungsschäden durch Sturm, Hagel oder eingedrungenes Wasser muss der Eigentümer und Vermieter beseitigen. Er ist also auch für das Auspumpen und Trocknen des Kellers zuständig,
Für ihre Einrichtungsgegenstände und Möbel sind die Mieter zuständig – es sei denn, sie wurden mitvermietet, wie etwa eine Einbauküche.
Ist eine Wohnung aufgrund von Schäden nicht oder nur eingeschränkt nutzbar, hat der Mieter das Recht auf Mietminderung. Schadensersatzansprüche des Mieters gegenüber dem Vermieter sind aber in der Regel ausgeschlossen.
Bei gravierenden Sturm- oder Hochwasserschäden haben Mieter das Recht, ihren Mietvertrag fristlos wegen Gesundheitsgefährdung zu kündigen. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn Schlamm und Fäkalien in der Wohnung stehen und es dem Vermieter nicht gelingt, die Wohnung kurzfristig wieder in einen brauchbaren, Zustand zu versetzen. pm