
Monatelang wurde in Lenningen darauf gehofft, nun ist es amtlich: das Technikum Laubholz, eine Forschungseinrichtung des Landes, soll in die Gebäude der ehemaligen Papierfabrik Scheufelen einziehen. 30 Millionen Euro lässt sich die grün-schwarze Koalition das Projekt in den nächsten zwei Jahren kosten. Angelegt ist es auf sieben bis acht Jahre, in denen insgesamt 100 Millionen in das Vorhaben fließen sollen. Noch muss der baden-württembergische Landtag zustimmen, doch nachdem die Haushaltskommission grünes Licht gegeben hat, ist Landwirtschaftsminister Peter Hauk optimistisch, dass es sich dabei am 18. Dezember um eine reine Formsache handelt.
Das Institut geht voraussichtlich im ersten Quartal kommenden Jahres mit 10 bis 20 Mitarbeitern an den Start. Dabei handelt es sich um kein reines Forschungsinstitut. Ziel ist, in die Produktion beispielsweise von Carbon- und Textilfasern aus Laubholz einzusteigen und zügig industriereife Produkte herzustellen. Angestrebt wird unter anderem auch das Ersetzen von Plastik bei Verpackungen durch ökologische Rohstoffe.
Landwirtschaftsminister Peter Hauk war am Donnerstagnachmittag mit dem Grünen-Fraktionsvorsitzenden und Kirchheimer Landtagsabgeordneten Andreas Schwarz sowie dem Kirchheimer CDU-Landtagsabgeordneten Karl Zimmermann ins Oberlenninger Rathaus gekommen, um den Beschluss zu verkünden. Angestoßen wurde das Projekt bei den Koalitionsverhandlungen vor drei Jahren. „Damals gab es noch keinen Klimahype“, so der CDU-Minister. „Wir wollen mit regionaler Wertschöpfung Antworten auf weltpolitische Herausforderungen finden.“ Ins Boot geholt werden sollen Labore, Hochschulen, so die Uni Hohenheim, und andere Forschungseinrichtungen wie die Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf. Dort wurden bereits holzbasierte Carbonfasern entwickelt. Es fehlt jedoch die Kapazität, um eine größere Nachfrage zu befriedigen. „Wenn wir es schaffen, fossile Rohstoffe durch nachwachsende zu ersetzen, tragen wir erheblich zum Klimaschutz bei“, sagte Hauk. Holz sei ideal, weil dadurch Kohlenstoff nicht freigesetzt, sondern gespeichert werde. Während Nadelholz zu 70 Prozent in Möbeln, Dachstühlen oder anderen Baustoffen verwendet wird, ist das bei Laubholz nur zu 30 Prozent der Fall. „Hier haben wir noch Luft nach oben“, erklärte der Minister.
Das Technikum Laubholz zeige, dass die Koalition vernünftige Sachen miteinander hinbekommt, hob Andreas Schwarz hervor. „Mich freut die Einzigartigkeit und dass wir in diesen Zeiten noch etwas Neues aufbauen.“ Für ihn ist es nicht nur ein wegweisendes Projekt, es stärkt auch den Wirtschaftsstandort. Lenningen hat zwei andere Standorte aus dem Rennen geworfen. Gepunktet hat die Gemeinde mit der guten Erreichbarkeit, der Infrastruktur, dem 18 Hektar großen Gelände der ehemaligen Papierfabrik, der dort vorhandenen Kläranlage und den Gebäuden.
Kofinanziert werden soll das Vorhaben durch die Wirtschaft. Andreas Schwarz nannte den Naturfaserhersteller Rettenmaier sowie „GreenCycle“, ein Unternehmen der Schwarz Gruppe, als Geldgeber. „Wir machen die Anschubfinanzierung, dann muss es selbst laufen“, betonte Hauk. Er geht davon aus, dass sich bereits nach zwei bis drei Jahren Erfolge am Markt einstellen.
Der gebürtige Gutenberger Karl Zimmermann, der bei der nächsten Wahl nicht mehr antritt, feierte die Ansiedlung des Technikums Laubholz als sein „Bergfest“. Das Institut entstehe im größten Laubholzgebiet im südeuropäischen Raum und sei weltweit einzigartig. Schon jetzt signalisiere die Industrie großes Interesse an recycelbaren Laubholzfasern.
„Lenninger valley for future“, so scherzte der gut gelaunte Bürgermeister Michael Schlecht. „Wir sind glücklich und stolz, dass wir zum Zug gekommen sind.“ Das Technikum Laubholz biete nicht nur eine Chance für den Klimaschutz, sondern für die ganze Region. Er verglich die Ansiedlung mit dem einstigen Entschluss des Firmengründers der Papierfabrik Scheufelen, in Oberlenningen sein Glück zu versuchen. Michael Schlecht knüpft daran die Hoffnung, dass wieder Arbeitsplätze entstehen und sicherte die Unterstützung der Gemeinde zu.