Kirchheim

Lernen kennt keine Ferien

Die Raunerschule in Kirchheim öffnet erneut ihre Türen für lernschwache Schüler

Zwischen Textverständnis und Konjugation bleibt bei Elena Wolf und ihren Sommerschülern auch Zeit für den einen oder anderen Spa
Zwischen Textverständnis und Konjugation bleibt bei Elena Wolf und ihren Sommerschülern auch Zeit für den einen oder anderen Spaß. Foto: Carsten Riedl

Die Sommerferien sind fast vorbei. In der Sommerschule drücken jetzt schon 26 Jungen und Mädchen die Schulbank. Hier vertiefen sie ihre Kenntnisse in Mathe, Deutsch und Englisch.

Melissa Seitz

Kirchheim. Es ist 8.30 Uhr, Zeit sich noch einmal im Bett rumzudrehen, denn schließlich sind Sommerferien, und das bedeutet Zeit zum Ausschlafen. Doch nicht so für die fleißigen 26 Schüler, die an der Sommerschule teilnehmen. Auf ihrem Tagesplan stehen Mathe, Deutsch und Englisch und mittags viele spaßige Aktivitäten rund um das Thema Erlebnispädagogik. Die Sommerschule soll Sechst- und Siebtklässler der umliegenden Haupt-, Werkreal- und Realschulen in Sachen Lernen unter die Arme greifen und sie auf das kommende Schuljahr vorbereiten.

Der erste Tag in der Raunerschule ist immer der schwerste, deswegen startet die Sommerschule mit einer kleinen Begrüßungsrunde und einem kräftigenden Frühstück. Das Frühstück und das Mittagsessen sind für diese Woche fester Bestandteil des Tagesprogramms, denn wie heißt es so schön: „Über dem vollen Bauch lächelt ein fröhliches Haupt.“ Und ein fröhliches Haupt ist ein Haupt, das bereit ist, Neues zu lernen. Frühstück und Mittagessen werden von dem Jugendreferent und Hauptverantwortlichen der Sommerschule, Andres Forro, und seinen zwei tüchtigen Helfern Maxi und Selina vorbereitet.

Bei „Frau Wolf“ im Deutschunterricht ist heute von allem etwas dran: Verben, Groß- und Kleinschreibung, Pronomen und vieles mehr. „Die Schüler haben zuvor Tests gemacht, nach denen wir dann individuelle Lernmappen zusammengestellt haben“, sagt Elena Wolf. Jeder Schüler hat somit eine Sammlung von Aufgaben, durch die er oder sie an seinen Schwächen arbeiten kann. Dieses Jahr sind auch wieder Palina und ihre Freundin Greta mit dabei. Die Sommerschule scheint also auf jeden Fall auf Zustimmung zu stoßen. „Nach der Sommerschule vom letzten Jahr haben wir festgestellt, dass manche Schüler immer noch dieselben Probleme haben“, erklärt Elena Wolf und sagt weiter: „Jedoch merkt man, dass sie nun besser wissen, wie sie mit verschiedenen Aufgabentypen umgehen sollen.“

Die Sommerschule kooperiert auch mit den jeweiligen Fachlehrern der lernschwachen Schüler. Zum einen gehen Fachlehrer auf die Eltern zu, wenn sie bei Schülern gravierende Probleme feststellen, und setzen diese in Kenntnis über das Angebot der Sommerschule, zum anderen geben die Fachlehrer Rückmeldung an die Lehrer der Sommerschule und teilen ihnen die Entwicklungen jedes Einzelnen mit. „Wir wollen hier eine Grundlage schaffen, auf die die Kinder dann aufbauen können“, erklärt die Deutschlehrerin.

Nach einer kleinen Verschnaufpause an der frischen Luft schlägt sich nun die nächste Gruppe mit Passiv, Aktiv und Co. herum. Für Greta und die anderen geht‘s zum Matheunterricht. Die Rechenbücher liegen schon bereit, und an der Tafel stehen Übungsaufgaben. „78 geteilt 34 – hat jemand eine Idee, wie ich das rechne?“, fragt Mathelehrerin Julia Hüttche und zeigt an die Tafel. Antoin hebt die Hand und rechnet die Aufgabe laut vor. Für die restliche Stunde stehen weitere Aufgaben für Multiplikation und Division an. „Ihr könnt euch entscheiden, ob ihr lieber multiplizieren oder dividieren möchtet.“ Aber wer denkt, Mathe und Spaß sind weit voneinander entfernt, der täuscht sich: Julia Hüttche hat den Schülern ein Mathematik-Puzzle als Alternative vorbereitet. Nun besteht die Qual der Wahl: Welche Aufgabe soll es sein?

Wichtig ist Julia Hüttche, dass ihre Schüler miteinander sprechen und sich austauschen. „Man soll die Kommunikation im Matheunterricht fördern. Das bedeutet nicht nur Einzelarbeit, sondern auch Gruppen- oder Partnerarbeit.“ Zusammen an Lösungen arbeiten, sich über verschieden Lösungswege austauschen und Ergebnisse untereinander vergleichen – das ist das Ziel.

Gruppenzusammenhalt spielt in der Sommerschule sowieso einen große Rolle. Höhlenerkundung, Geocaching oder Klettergarten, all diese Aktivitäten haben die Mitarbeiter des evangelischen Jugendwerkes bewusst ausgesucht: „Wir wollen die Gruppe in sich stärken, den Teamgeist fördern.“ Es handelt sich bei diesen Aktivitäten nicht nur um Spiel und Spaß, sondern um pädagogisch wichtige Ansätze.

Während ein Teil der Schüler weiterhin mit Zahlen jongliert, frischt Yasemin Alibayli einen Raum weiter die Englischkenntnisse der Mädchen und Jungen auf. „Es geht auf eine Kreuzfahrt“, sagt die Englischlehrerin. Doch die Kreuzfahrt führt nicht quer über den Atlantik, sondern quer über die Wörterbuchseite. Als Yasemin Alibayli die Arbeitsblätter austeilt, erklärt sie ihren Schülern: „Schlagt eine beliebige Seite auf und sucht auf dieser Seite das erste Wort, das kürzeste, das längste, das witzigste und so weiter.“ In Partnerarbeit geht es dann auf die Kreuzfahrt.

Obwohl viele Jungen und Mädchen schon fast vier Jahre Englischunterricht hinter sich haben, weichen die Grundkenntnisse stark von dem erwarteten Niveau ab. „Ich möchte die Kinder auf ein und denselben Stand bringen, ihnen die Zeitformen, Vokabeln und Grammatik näherbringen.“ Auch wenn Yasemin Alibayli von den Einstufungstests ihrer Schützlinge nicht allzu begeistert war, muss sie eins feststellen: „Die Schüler sind mündlich um einiges stärker als schriftlich.“

Es ist 12.30 Uhr. Ein letzter schneller Eintrag in das Lerntagebuch, und dann geht‘s ab zum Mittagessen – und nach der deftigen Stärkung dann weiter im Programm, denn Lernen hat nun mal keine Ferien.