Kirchheim

Lindner wirbt für Wohlstand in Afrika

Wahlkampf Der Bundesvorsitzende der FDP hat einen kurzen Abstecher nach Kirchheim gemacht und im Biergarten des Wachthauses die Positionen seiner Partei vorgestellt. Von Andreas Volz

Christian Lindner in Kirchheim: Als Redner und zugleich als sein eigener Moderator mischt er sich munter unter sein Wahlvolk.Fot
Christian Lindner in Kirchheim: Als Redner und zugleich als sein eigener Moderator mischt er sich munter unter sein Wahlvolk.Foto: Carsten Riedl

Politik kann sehr unterhaltsam sein. Unter diesem Aspekt lohnt es sich, Veranstaltungen mit Christian Lindner zu besuchen. Der Bundesvorsitzende der FDP beherrscht sogar die Selbstironie, etwa wenn er am Schluss seiner Rede im Kirchheimer Wachthaus-Biergarten noch Werbung macht: „Sie haben heute die Möglichkeit, Ihre Biografie zu krönen - mit einer Mitgliedschaft in der FDP.“

Einerseits erklärt er die große Politik mit eigenen Worten, andererseits macht er ganz klassischen Wahlkampf, indem er den politischen Gegner angreift: „Die Türkei-Politik der großen Koalition ist völlig gescheitert. Wir haben uns mit der Flüchtlingspolitik erpressbar gemacht.“ Zwei Konsequenzen empfiehlt er: „Die EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei sind zombiehaft geworden und müssen längst eingestellt werden.“ Die andere Konsequenz: „Wir müssen die Außengrenzen der EU kontrollieren können. Dann sind wir auch nicht mehr erpressbar.“

Einen weiteren Schritt hin zu einer wirklichen Lösung in der Flüchtlingspolitik sieht Christian Lindner in einer „vernünftigen Hilfe für Afrika“. Dazu gehört die Öffnung der Märkte für afrikanische Produkte, insbesondere im Agrarsektor: „Afrika braucht eine faire Chance auf Wohlstand. Wenn der Wohlstand nicht nach Afrika kommt, dann kommt Afrika zum Wohlstand.“ Mit dem Wohlstand komme auch mehr Bildung, und mit der Bildung sinke die Geburtenrate. Das würde das Problem der Überbevölkerung lösen.

Zur Wohlstandskritik in Form von Ausschreitungen beim Hamburger G 20-Gipfel bezieht er ebenfalls klar Position: „Die Konsequenz muss sein, dass man den Rechtsstaat auch in blickdichten Biotopen wieder durchsetzt.“ Und dabei geht es ihm nicht um eine spezielle politische Linie der „Biotope“: „Es darf keine Parallelwelten geben, weder linke noch rechte noch islamistische. Unser Grundgesetz fordert Wehrhaftigkeit, das unterscheidet es von der Verfassung der Weimarer Republik.“

Zur Frage „Merkel oder Schulz“ liefert Christian Lindner seinem begeisterten Publikum eigene Definitionen: „Merkel ist ,weiter so‘, Schulz ist ,Agenda 95‘.“ Wenn Schulz mit der Gießkanne 20 000 Euro an jeden verteilen wolle, für die persönliche Weiterbildung, „dann hat er sich für finanzpolitische Verantwortung in diesem Land vollständig disqualifiziert“. Gegenvorschlag der FDP: „Jeder soll einen Teil seines Bruttoeinkommens steuerfrei für die Weiterbildung zurücklegen können. Damit erreichen wir Selbstverantwortung, und das ist das Wichtigste für eine gelingende Biografie.“

Zwischendurch kriegen auch noch die Grünen ihr Fett weg - für ihren Beschluss, den Verbrennungsmotor bis 2030 abschaffen zu wollen: „Selbst Kretschmann hat das als ,Schwachsinn‘ bezeichnet. Kretsch­mann ist ein guter Grüner, aber kein repräsentativer.“

Und die Linken? Da genügt ein Blick zur „letzten Episode des Sozialismus“ in Venezuela: „Das ist eine totalitäre Diktatur, die anfangs mit edlen Motiven daherkommt.“

Grundsätzlich fordert Lindner mehr private Investitionen in Deutschland. Dafür brauche es mehr Flexibilität und weniger Bürokratismus. Der durchschnittlichen Mittelstandsfamilie will er helfen, sich den Traum von der eigenen Wohnung zu erfüllen: „Das ist die beste Absicherung gegen Altersarmut.“ Dazu gehört für ihn auch der Ausbau der digitalen Infrastruktur: „Ohne Internet sinkt der Wert der Immobilien.“

Den Weg, wie die FDP den Wiedereinzug in den Bundestag schaffen soll, beschreibt Lindner nicht anders als die hiesige FDP-Kandidatin Renata Alt, die sich mit Platz sieben auf der Landesliste gute Chancen ausrechnet: „Wir haben viel versprochen und wenig davon gehalten. Jetzt müssen wir es einfach umgekehrt machen.“