War das jetzt tatsächlich der angekündigte „Festakt“? Nein, es war etwas anders. Die Veranstaltung zum 50. Geburtstag der Familien-Bildungsstätte im Kirchheimer Bohnauhaus entpuppt sich eher als familiäres Fest mit Freunden, Förderern und vor allem vielen Mitarbeitern. Keine steife Atmosphäre, die solche Events manchmal prägt, statt der üblichen „Grußworte“ wird locker in Talkrunden gesprochen. Eine clevere Entscheidung. Den Unterhaltungsteil liefern ausnahmslos FBS-Eigengewächse: die Balletttruppe von Jutta Scholz, der FBS-Chor oder das Flöten-Ensemble.
Aber erst mal die obligatorische Begrüßung. Christiane Bahlcke, Vorstandsmitglied der FBS, mit der neuen Geschäftsführerin Gudrun Müller auf der Bühne - kurz und knackig, offizielle Vorstellung der „Neuen“, die meisten kennen sie ohnehin schon. Gudrun Müller hat seit ihrem Amtsantritt Anfang September diverse Kennenlern-Runden im Bereich Familien-Bildungsstätte hinter sich.
Dann der historische Part mit Gudrun Müller, Christoph Tangl und dem FBS-„Urgestein“ Hannelore Gölz. Sie ist Gründungsmitglied der damaligen „Mütterschule“, war 30 Jahre lang Vorsitzende und ist immer noch Ehrenvorsitzende der Familien-Bildungsstätte.
Natürlich gibt es aus 50 Jahren jede Menge Geschichten und Anekdoten zu erzählen. Da sind die fünf engagierten Frauen, die 1969 die „Mütterschule“ gründen, da ist das damalige Frauenbild, das heute antiquiert wirkt, da sind die ersten Räumlichkeiten im Johannes-Busch-Gemeindehaus und der Umzug ins Vogthaus. Und Hannelore Gölz erzählt gerne nochmal von dem inzwischen viel kolportierten Anruf anno 1976 von der Landesarbeitsstelle der Familien-Bildungsstätten. „Darf‘s auch ein Mann sein?“ war die kurze Frage der Anruferin. Vorausgegangen war die verzweifelte Suche nach einer neuen Geschäftsführung. Es durfte - zum Unwillen vieler Frauen in der Einrichtung. Und so begann die Ära Walter Schlecht in Kirchheim. 20 Jahre lang leitete er die FBS, bis ihn Christoph Tangl 1996 ablöste, mittlerweile ebenfalls FBS-Geschichte. Ende September ging Christoph Tangl in den „Un-Ruhestand“. Auch er hat die FBS maßgeblich geprägt, sie weiterentwickelt und 2006 mit dem Modell „Ganztagsschule“ aus einer schwierigen finanziellen Situation gerettet - mit Unterstützung der Stadt. Die Ganztagsbetreuung gilt längst als Erfolgsstory und wichtiges Standbein der Einrichtung. In Kirchheim, Weilheim und Lenningen ist sie zu einem unverzichtbaren Angebot in Schulen geworden.
Naturgemäß kann Gudrun Müller zur Historie keine Erlebnisse beitragen. Sie ist die Frau für die Entwicklung der nächsten Jahre. Digitalisierung und eine noch stärkere Ausdifferenzierung von Lebensentwürfen sieht die Sozialpädagogin als Herausforderungen für die FBS. „In einer immer komplexeren Gesellschaft ist Bildung der Schlüssel“, ist ihre Überzeugung. Und das wolle die FBS anbieten. Die Familien-Bildungsstätte werde immer „die Lobby der Familie“ sein, gleichgültig wie die Familienmodelle aussehen.
Für Gesprächsrunde Nummer zwei hatte Christiane Bahlcke Förderer und Kooperationspartner auf der Bühne: Schuldekanin Dorothee Moser als Vertreterin der beiden christlichen Kirchen, Barbara Ziegler-Helmer, Leiterin des Jugendamtes beim Landkreis, und Barbara Englert, Rektorin der Konrad-Widerholt-Grundschule. Dazu noch Helmut Dopffel, Vorsitzender der Evangelische Landesarbeitsgemeinschaft der Familien-Bildungsstätten, und Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker. Dabei gab es auch eine Menge Lob und Wertschätzung für die FBS, das engagierte Team und für die Zusammenarbeit in den vielen Jahren. Angelika Matt-Heidecker hatte sogar so etwas wie ein „Geschenk“ mitgebracht, zumindest verbal. Sie stellte der FBS zusätzliche Räume im Vogthaus in Aussicht. Dort hat die Stadtverwaltung noch einen Teil belegt, der mit dem geplanten Verwaltungs-Neubau wegfällt. Allerdings: Nichts geht schnell, ein paar Jahre wird das schon noch dauern.
Insgesamt war der 50. Geburtstag ein lockeres Fest mit jeder Menge Gespräche und Austausch. Dass den Organisatorinnen irgendwann mal die Zeitplanung aus dem Ruder lief - geschenkt. Das kennt jeder, der mal ein solches Fest organisiert hat.
Vielleicht zeigt ein ganz einfaches Beispiel die Entwicklung der FBS in den 50 Jahren: Genügte 1969 ein vierseitiges Faltblatt für das Programm, sind es heute mehr als 100 Doppelseiten mit Kursen, Aktionen und Projekten. Da kann die FBS zum 50er zu Recht stolz sein.