Kirchheim
„Luca“ macht Hoffnung und sät Zweifel

Corona Im Landkreis Esslingen läuft die App zur Kontakt-Nachverfolgung noch in der Testphase. Experten bemängeln Sicherheitslücken. Von Thomas Zapp

Die „Luca“-App eines Berliner Start-ups soll für eine verbesserte Kontakt-Nachverfolgung sorgen. Die vom Rap-Musiker Smudo mitentwickelte App gilt als „Game-Changer“ in der Corona-Bekämpfung und macht vielen Hoffnung, Lokale, Geschäfte und Konzertsäle bald wieder öffnen zu können.

Das baden-württembergische Sozialministerium hat Anfang des Monats bekannt gegeben, dass man mit einigen anderen Bundesländern Lizenzen für einen flächendeckenden Einsatz beschafft habe. Auch die zuletzt geäußerten Sicherheitsbedenken des Hamburger Hacker-Netzwerks Chaos Computer Club haben daran nichts geändert.

Das heißt aber nicht, dass es in allen Landkreisen sofort losgehen kann. Bis „Luca“ das „Spiel“ wirklich ändern kann, müssen einige Voraussetzungen geschaffen werden. „Die Unternehmen müssen eine Strategie haben, wo sie die Scanner aufstellen. Wenn Sie bei Karstadt einkaufen und nur einmal am Eingang einchecken, sind sie als potenzielle Kontaktperson für das gesamte Gebäude erfasst, obwohl sie vielleicht nur in einem Bereich auf jemanden warten“, sagt Andrea Wangner, Sprecherin des Landratsamts Esslingen. Die Folge wäre, dass im Falle einer Infektionsmeldung an die Gesundheitsämter, etwa in großen Einkaufscentern, zu viele potenzielle Kontakte angezeigt würden. Wichtig wäre etwa, einzelne Etagen und Bereiche mit Scannern zu versehen, um die Zahl der infrage kommenden Personen einschränken zu können.

Allerdings haben erste Unternehmen in Kirchheim und Umgebung bereits die App heruntergeladen und ihren Kunden angeboten, freilich in der Annahme, dass das Gesundheitsamt „angeschlossen“ wird. Obwohl dies noch nicht der Fall ist, gehen die Daten der Kunden aber nicht verloren, sondern sind beim Anbieter gespeichert. „Wenn das Gesundheitsamt von einer infizierten Person erfährt, kann es bei der Person anfragen, ob sie „Luca“ nutzt. Wenn ja, teilt der Nutzer seine Historie und das Gesundheitsamt kommt so leicht an die Check-ins“, heißt es in der Zentrale von „Luca“ in Berlin. Oder das Gesundheitsamt erfährt vom Standort einer Infektion. Dann könnte es nach dem Standort suchen und dort die Datenfreigabe anfragen. Der Hauptvorteil der App kommt aber nicht zum Tragen: dass der Nutzer die verschlüsselten Kontaktdaten auf seinem Handy freigibt und automatisch dem Gesundheitsamt übermittelt.

Die Kritik des Chaos Computer Club (CCC) richtet sich unterdessen gegen den „Luca“-Schlüsselanhänger mit QR-Code, mit dem man alternativ zum Handy in den verschiedenen Stationen einchecken kann. Wer den Code abfotografiert, kann mit einem einfachen Programm ein Bewegungsprofil des Nutzers erstellen. Das Unternehmen hat den Fehler bereits eingeräumt und nach eigenen Angaben behoben. Trotzdem forderte der CCC, dass keine „Luca“-Lizenzen mit öffentlichen Mitteln erworben werden sollten.

Im Landkreis Esslingen läuft ohnehin noch die Testphase. Außerdem habe das Sozialministerium noch nicht das „Go“ gegeben, etwa durch eine Verordnung, heißt es im Landratsamt. Einen Schritt weiter ist man in Reutlingen. Als einer von drei „Pilot-Landkreisen“ in Baden-Württemberg hat Reutlingen seit Montag die App in Betrieb. Erfahrungswerte fehlen dort aber auch. „Es sind bislang nur einige Friseure dabei, Geschäfte haben ja derzeit auch kaum geöffnet“, sagt Sprecherin Christine Schuster. Infektionen habe „Luca“ dementsprechend auch noch nicht gemeldet.