Kirchheim

Mit 100 Jahren noch „quirlig unterwegs“

Jubiläum Die Kreisbaugenossenschaft Kirchheim-Plochingen feiert das erste Jahrhundert ihres Bestehens. Gedanken über den Wandel der Zeit macht sich dabei auch der Kabarettist Christoph Sonntag. Von Andreas Volz

Die „100“ halten Bernd Weiler, Angelika Matt-Heidecker, Georg Hörmann und Dirk Braune (von links) hoch. Als quicklebendig erwies
Die „100“ halten Bernd Weiler, Angelika Matt-Heidecker, Georg Hörmann und Dirk Braune (von links) hoch. Als quicklebendig erwies sich zum Kreisbau-Jubiläumsabend in der Kirchheimer Stadthalle auch der schwäbische Kabarettist Christoph Sonntag, der die Veranstaltung moderierte. Fotos: Markus Brändli
100 Jahre Kreisbau , Feier in der Stadthalle, Moderator Christoph Sonntag
100 Jahre Kreisbau , Feier in der Stadthalle, Moderator Christoph Sonntag

Was einer alleine nicht schafft, das schaffen viele: Diese Devise der Genossenschaft nimmt die Kreisbau seit jeher wörtlich - bis hin zum Jubiläum, das sie 2019 feiert. 100 Jahre alt zu werden, schaffen bislang nur die wenigsten für sich alleine. Die vielen Mitglieder der Kreisbaugenossenschaft Kirchheim-Plochingen dagegen haben es geschafft, dass ihre Institution seit nunmehr 100 Jahren besteht. Und nicht nur das: Sie begeht ihren runden Geburtstag „bei bester Gesundheit“ und in einem wahren Feiermarathon.

Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker bemerkte beim „Feier-Abend“ in der Kirchheimer Stadthalle, dass die Kreisbau ihr Hundertstes „gefühlt bereits zum zehnten Mal feiert“. Im Zeichen der 100 habe es in Kirchheim auch schon zwei Spatenstiche gegeben, im Bodelschwinghweg und zuletzt in der Schöllkopfstraße. Trotz widrigster Umstände - gegründet 1919 kurz nach Ende des Ersten Weltkriegs, folgten innerhalb der nächsten 30 Jahre die Hyperinflation, die Weltwirtschaftskrise, das „Dritte Reich“ und der Zweite Weltkrieg - sei die Jubilarin mit 100 Jahren „quicklebendig, und quirlig unterwegs“.

Nach wie vor sehe sich die Kreisbau verpflichtet, preisgüns­tigen Wohnraum zu schaffen. So war es bereits im Gründungsjahr 1919, und so war es auch nach dem Zweiten Weltkrieg: „1945 hatte Kirchheim 13 600 Einwohner. In wenigen Jahren kamen 7 000 dazu. Ohne Kreisbau hätte es Kirchheim nicht geschafft, diese Menschen alle unterzubringen.“ 2019 scheinen die Probleme dieselben zu sein - aber auch deren Lösungen: „Wir haben jetzt in Kirchheim Bebauungspläne für 1 300 Wohnungen auf den Weg gebracht. Die sollen in den nächsten Jahren entstehen -und die Kreisbau ist mit dabei.“

Stolz auf Mitglieder mit einer so langen Geschichte zeigte sich Dirk Braune vom Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen (vbw). Als ehrenamtliches Vorstandsmitglied des vbw stellte er dem beachtlichen Alter der Kreisbau etwas Wichtiges gegenüber: „Der Genossenschaftsgedanke bleibt immer jung.“ Die vbw-Mitglieder würden allesamt bezahlbaren Wohnraum schaffen. Dirk Braune betonte in der Stadthalle: „Wohnen gehört nicht an die Börse - so wenig wie die Versorgung mit Wasser.“ Bei der Kreisbaugenossenschaft Kirchheim-Plochingen seien die Mieter als Mitglieder auch Miteigentümer: „Das ist die natürliche Mietpreisbremse vor Ort.“ Im Sinne der Genossenschaft gehe es bei der Kreisbau vor allem um Hilfe zur Selbsthilfe.

Diese Selbsthilfe stand schon 1919 im Vordergrund, als sich im April die Baugenossenschaft Plochingen gründete und im Juni die Bezirksbaugenossenschaft Kirchheim. 1939 wurde aus der Kirchheimer Genossenschaft die Kreisbau Nürtingen, und 1971 kam die Verschmelzung mit der Heimbau-Genossenschaft Lenninger Tal. Die heutige Kreisbaugenossenschaft Kirchheim-Plochingen ist dagegen noch relativ jung: Erst 2012 haben sich „Nürtingen“ und „Plochingen“ zusammengeschlossen. Das Jubiläum hat 2019 aber in jeder Hinsicht seine Berechtigung, weil sowohl in Kirchheim als auch in Plochingen bereits 1919 der Startschuss gefallen war.

„Fit gemacht für die Zukunft“

Die beiden Vorstandsmitglieder Bernd Weiler und Georg Hörmann spielten sich auf der Stadthallenbühne gegenseitig die Bälle zu, um in die Geschichte ihres Unternehmens einzutauchen - wobei sie aber auch das Kommende fest im Blick behielten: „Die Verschmelzungen 1971 und 2012 haben die Kreisbaugenossenschaft fit gemacht für die Zukunft.“ Die beachtliche Bilanz nach 100 Jahren: insgesamt hat die Kreisbau fast 5 500 Wohneinheiten geschaffen. Aktuell stellt sie ihren Mitgliedern 1 640 Wohnungen zur Verfügung.

Zur Gegenwart sagte Bernd Weiler: „Heute hängen wir die 100 raus - und lassen es uns gut gehen.“ Das klingt zwar nicht nach schwäbischen Urtugenden. Aber dennoch bekannte sich der Kreisbauvorstand bereits durch die Mundart voll und ganz zur Region, in der die Kreisbau verwurzelt ist.

Weitere „Nachhilfe“ in schwäbischer Sprache und schwäbischem Denken gab Moderator Christoph Sonntag: „,Bäppen‘ heißt ,von selber heben‘“, erklärte er den Gästen, die teilweise auch von auswärts angereist waren. Angesichts der Tatsache, dass die Kreisbaugenossenschaft schon seit 100 Jahren „hebt“, stellte er sich die Frage, wo nur die Zeit hingekommen sei. Als Beispiel für die vielen Veränderungen in den letzten 100 Jahren sagte er: „Man kann heute zu niemandem mehr hingehen und einfach klingeln. Das machen nur noch die Zeugen Jehovas oder der Gerichtsvollzieher.“