Kirchheim

Mit dem „ICE“ in die Arbeitswelt starten

Projekt Seit zehn Jahren leisten Brückenhaus und Jobcenter mit dem „ICE“ erfolgreiche Arbeit. Dabei geht es um Intensives Coaching für Einzelne, um junge Menschen in die Berufswelt integrieren zu können. Von Iris Häfner

Jessica Villamar Ruiz, Birgit Häbich-Kampourakis, Ursula Kensbock und Gabi Allgaier, die „Macherinnen“ des Projekts, mit der sel
Jessica Villamar Ruiz, Birgit Häbich-Kampourakis, Ursula Kensbock und Gabi Allgaier, die „Macherinnen“ des Projekts, mit der selbst gebackenen „ICE“-Torte. Foto: Markus Brändli

Während die Bahn bei ihren ICEs regelmäßig mit Pannen zu kämpfen hat, verhält es sich beim Kirchheimer „ICE“ gerade umgekehrt: Es ist ein stilles und seit zehn Jahren erfolgreiches Projekt. „ICE“ steht für Intensives Coaching für Einzelne und Integration durch Coaching für Einzelne. Diesen Zug auf die Schienen gesetzt haben das Brückenhaus im Auftrag des Jobcenters und in Zusammenarbeit mit dem Jobcenter Kirchheim-Esslingen. Ziel ist es, eine individuelle Lebensplanung sowohl in persönlicher als auch in beruflicher Hinsicht zu entwickeln und umzusetzen. Es hat vier Förder-Bausteine, die auf den Teilnehmer abgestimmt sind: Alltagsbewältigung, soziale Kompetenzen, Arbeits- und Ausbildungsfähigkeit sowie Vermittlungsvoraussetzungen.

„Für das Brückenhaus war es nur logisch, dass wir im Jahr 1999 in die Jugendberufshilfe eingestiegen sind, denn besonders deutlich spürbar ist eine soziale Ausgrenzung für junge Menschen, wenn sie nicht am Erwerbsleben teilhaben können“, erklärte Jessica Villamar Ruiz, Geschäftsführerin des Brückenhauses, bei einem kleinen Festakt in der Linde aus Anlass des zehnjährigen Bestehens. Aus unterschiedlichen Projekten hat sich schließlich „ICE“ entwickelt, das 2008 durch die Bundesagentur für Arbeit finanziert und zum ersten Mal verwirklicht werden konnte. „Es ist ein gutes Projekt deshalb, weil es die Jugendlichen dort abholt, wo sie stehen und sie intensiv begleitet und fördert, damit sie ihren Weg allein weitergehen können“, so Jessica Villamar Ruiz.

Entscheidenden Anteil daran haben Birgit Häbich-Kampourakis, die für die Finanzmittel zuständig ist, und Ursula Kensbock, die seit zehn Jahren Kraft und ihr Herzblut in die Begleitung der jungen Menschen steckt. „Damals ist uns klar geworden, dass es nicht ausreicht, die Jugendlichen in Arbeit oder Ausbildung zu vermitteln. So haben wir die „ICE“-Begleitung konzipiert, und der Zug nahm Fahrt auf mit Zielen, die individuell auf die Teilnehmer zugeschnitten waren“, erklärt Ursula Kensbock. Manchmal lagen Hindernisse im Weg, die weggeräumt wurden, und diejenigen, die mit schwerem Gepäck reisten, mussten das „sperrige Zeug“ irgendwann zurücklassen. Der Zug ist mal schnell, mal langsam unterwegs, ab und zu musste der Weg von vorne begonnen werden. Aber alle sind am Zielbahnhof angekommen. „Dort beginnt ein neuer Weg - beruflich und persönlich“, sagte Ursula Kensbock.

Hazal ist eine ihrer Schützlinge. Sie ist eigens in die Linde gekommen, um über ihre Erfahrungen mit dem „ICE“ zu sprechen - und sie beeindruckte ihre Zuhörer. Von 2013 bis 2014 hatte sie am Projekt teilgenommen. „Ursula begleitet mich seitdem, auch außerhalb des Projekts. Das war sehr hilfreich für mich“, sagte sie. 2013 war sie sechs Jahre in Deutschland und hatte „nur einen Hauptschulabschluss“. Ihre Eltern, ebenfalls neu im Land, waren ihr keine Hilfe. „Ich wollte zum Rettungsdienst und konnte dort mein freiwilliges soziales Jahr machen“, erzählt sie. Danach wollte sie die Abendrealschule in Angriff nehmen, und Ursula Kensbock machte ihr Mut. „Sie stand und steht immer hinter mir. Mein Leben hat sich sehr verändert“, sagt die junge Frau, die ein neues Ziel vor Augen hat: das Abitur.

Begeistert von dieser Rückmeldung war Gabi Allgaier vom Jobcenter. „Ich erinnere mich gut, wie wir den Zug aufs Gleis gebracht haben. Uns ist damals klar geworden, dass wir nicht alle Jugendlichen erreichen und wir sie anders abholen müssen: in ihrer jeweiligen Lebenssituation und mit ihren Zielen. Das war eine geniale Idee, und dank etablierter Träger ist der Zug nicht auf dem Abstellgleis“, freut sie sich über die „supergute Arbeit“, die hier seit zehn Jahren geleistet wird, und die sich bei den Jugendlichen rumgesprochen hat. Die Fahrkarte für den „ICE“ zu lösen, koste aber auch was: den eigenen Einsatz.