Kirchheim

Mit der „Bikebox“ für mehr Mobilität

Integration. Die Kirchheimer Flüchtlingshilfe richtet mit einer Spende von 15 000 Euro eine Fahrradwerkstatt ein. Zahlreiche Bosch-Mitarbeiter unterstützen das Projekt. Von Daniela Haußmann

In der neu eingerichteten Fahrradwerkstatt in der Charlottenstraße erhalten Flüchtlinge nicht nur einen fahrbaren Untersatz. Wal
In der neu eingerichteten Fahrradwerkstatt in der Charlottenstraße erhalten Flüchtlinge nicht nur einen fahrbaren Untersatz. Walter Klein (rechts) vom Kirchheimer Arbeitskreis Asyl bindet sie in die Reparatur kaputter Zweiräder ein.Foto: Daniela Haußmann

Der Kirchheimer Arbeitskreis (AK) Asyl macht Menschen mit Fluchterfahrungen mobil. Doch ohne tatkräftige Unterstützung aus der Bevölkerung wäre das nicht möglich. „Rund 200 Fahrräder haben die Bürger seit April 2015 gespendet“, berichtet Walter Klein, der die Drahtesel zusammen mit anderen AK-Mitgliedern prüft. Bislang geschah das bei Wind und Wetter unter freiem Himmel. Doch Dank des Vereins Primavera, der aus ehemaligen und aktiven Bosch-Mitarbeitern besteht, haben die Ehrenamtlichen ein Dach über dem Kopf. Mit einer Spende von 15 000 Euro ließ sich ein Doppelcontainer anschaffen.

Die Teckstadt ist damit um eine Fahrradwerkstatt reicher. Die „Bikebox“, wie sie genannt wird, hat ihren Standort direkt neben den Asylbewerberunterkünften in der Charlottenstraße. „Sie steht nicht nur Flüchtlingen und Leuten, die Fahrräder spenden wollen, offen, sondern“, laut Walter Klein, „auch sozial schwachen Menschen, die sich die Reparatur im Fachhandel kaum leisten können“. Ingrid Gunzenhauser betont, dass Mobilität eine Grundvoraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist. „Ob Deutschkurs, Sport oder der Weg zum Jobcenter – mit dem fahrbaren Untersatz gewinnen die Flüchtlinge an Eigenständigkeit“, so die Leiterin des Fachdienstes Jugend, Bildung, Migration der Bruderhausdiakonie.

Für den AK Asyl ist die Spende ein Glücksfall. Seit über 20 Jahren unterstützt Primavera Projekte, die vor allem zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Kindern und Familien beitragen. „Anfang des Jahres wurde ein Spendenaufruf an alle Bosch-Mitarbeiter ausgegeben“, erzählt Eckhard Schmidts. „Ziel war es, Geld für das Projekt ‚Hilfsaktion für Flüchtlinge in Europa‘ zu sammeln.“ Auf diese Weise kamen 410 000 Euro zusammen. „Im Anschluss daran konnten alle Bosch-Beschäftigten unter dem Motto ‚Vor Ort sichtbar helfen‘ Vorschläge für die Verwendung der Gelder einbringen“, erklärt Schmidts. Margit Kuzaj, die Lebenspartnerin von Walter Klein, und Hans-Günther Weisshaar brachten den Stein ins Rollen. Dank ihnen erhielt das Vorhaben, eine Fahrradwerkstatt aufzubauen, finanziellen Rückenwind.

Die „Bikebox“ ist mehr als eine Einrichtung, in der kaputte Fahrräder wieder auf Vordermann gebracht werden. Sie ist ein Ort der Begegnung, des Austauschs und der Zusammenarbeit. Laut Walter Klein hat jeder Flüchtling die Möglichkeit, unter Anleitung bei Reparaturen zu helfen. „Entsprechende Kenntnisse zu vermitteln, ist“, dem AK-Mitglied zufolge, „aufgrund von Sprachbarrieren nicht ganz einfach“. Trotzdem bietet der Werkstattbetrieb eine Abwechslung zum Leben in der Unterkunft. „Unser Ziel ist es, dass die Fahrradwerkstatt irgendwann eigenständig von Flüchtlingen betrieben wird“, sagt Walter Klein.

Ingrid Gunzenhauser ist überzeugt, dass die Einrichtung ein weiterer Baustein hin zur Integration von Flüchtlingen ist. Aus Sicht von Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker ist die Fahrradwerkstatt ein Zeichen dafür, dass Menschen mit Fluchterfahrungen in Kirchheim willkommen sind. Engagierte Bürger können jederzeit in der „Bikebox“ mitarbeiten.

Info Wer ein Rad abgeben möchte, kann dies jeden Dienstag um 18 Uhr in der Charlottenstraße machen oder über die städtische Homepage mit dem AK Asyl in Kontakt treten.