Kirchheim

Mit freundlichen Briefen gegen das Vergessen anschreiben

Die Kirchheimer Gruppe von ai bittet wieder um Unterstützung für die Briefkampagne

In vielen Ländern werden Menschen wegen ihrer politischen Überzeugungen gefangen gehalten. Amnesty International kämpft für ihre Rechte.

Kirchheim. Eine der wichtigsten Aufgaben der internationalen Organisation Amnesty International (ai) ist es, sich für Menschen auf der ganzen Welt einzusetzen, die wegen ihres Eintretens für die Menschenrechte oder wegen ihrer politischen Überzeugungen verfolgt werden. Ai fordert in vielen Ländern dazu auf, an Regierungen Briefe zu schreiben, in denen sich Menschen für die Verfolgten einsetzen. Die Kirchheimer Gruppe von ai bittet um Unterstützung für die Briefkampagne. Die fertig formulierten Briefe können im Welt-Laden in der Dettinger Straße abgeholt werden.

Der mauretanische Staatsbürger Mohamedou Ould Slahi wird seit dem 5. August 2002 ohne Anklage oder Gerichtsverfahren im US-Gefangenenlager Guantánamo festgehalten. Nach seiner Festnahme 2001 in Mauretanien wurde er rechtswidrig nach Jordanien überstellt. Die US-Regierung ist der Ansicht, dass er Al-Qaida angehört, obwohl er dies abstreitet und erklärt hat, bereits 1992 alle Verbindungen zu der Gruppe beendet zu haben. Mohamedou Ould Slahi gibt an, in Jordanien und auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Bagram in Afghanistan sowie in Guantánamo und während seiner Transporte gefoltert und anderweitig misshandelt worden zu sein. 2003 wurde Mohamedou Ould Slahi in Guantánamo einem 90-tägigen „besonderen Verhörplan“ unterzogen. Seine Zellentüren wurden so umgebaut, dass kein Licht hindurchdrang, und bis Juli 2004 durfte er sich tagsüber nicht im Freien aufhalten. Ebenfalls 2003 wurde er dem Vernehmen nach 70 Tage in Folge Schlafentzug ausgesetzt. Man bedrohte ihn und seine Familie und entzog ihm die Nahrung.

Im April 2010 ordnete ein US-Bundesrichter seine Freilassung an. Der Richter kam zu dem Schluss, dass seine Inhaftierung rechtswidrig war. Die US-Regierung legte Rechtsmittel gegen die Entscheidung ein, und im November 2010 kippte das US-Berufungsgericht das Urteil und verwies den Fall zurück an das Bezirksgericht. Mehr als fünf Jahre später befindet sich Mohamedou Ould Slahi nach wie vor ohne Anklage oder Gerichtsverfahren in Haft. Höflich formulierte Briefe können gerichtet werden an Stephen W. Preston Office of the General Counsel Department of Defense, 1400 Defense Pentagon, Washington DC, 20301-1400, USA.

Narges Mohammadi ist eine bedeutende Menschenrechtsverteidigerin und stellvertretende Geschäftsführerin des iranischen Menschenrechtszentrums. Im Mai 2016 verurteilte ein Revolutionsgericht in Teheran sie im Zusammenhang mit ihrer friedlichen Arbeit zu insgesamt 16 Jahren Haft: Wegen „Gründung einer verbotenen Gruppierung“ erhielt sie eine zehnjährige Haftstrafe. Der Vorwurf bezog sich auf ihre Verbindungen zu „Legam“, einer Gruppe, die sich gegen die Todesstrafe im Iran einsetzt. Wegen „Versammlung und Verschwörung gegen die nationale Sicherheit“ wurde sie zu fünf Jahren und wegen „Verbreitung von Propaganda gegen das System“ zu einem Jahr Haft verurteilt. Sollte das Urteil im Berufungsverfahren bestätigt werden, muss Narges Mohammadi mindestens zehn Jahre Gefängnis verbüßen. Narges Mohammadi sitzt bereits im Gefängnis wegen einer sechsjährigen Haftstrafe, zu der sie in einem anderen Fall verurteilt wurde. Die Menschenrechtsverteidigerin ist schwer krank und benötigt eine permanente fachärztliche Behandlung, die im Gefängnis nicht möglich ist. Die Behörden verweigern Narges Mohammadi das Recht auf Kontakt zu ihren Kindern. Ihre neunjährigen Zwillinge mussten ins Ausland zu ihrem Vater ziehen, da sich im Iran niemand um sie kümmern konnte. Narges Mohammadi durfte seit Mitte 2015 nur ein einziges Telefongespräch mit ihren Kindern führen. Briefe können gesendet werden an Ayatollah Sadegh Larijani, Botschaft der Islamischen Republik Iran, S. E. Herrn Ali Majedi, Podbielskiallee 65 – 67, 14195 Berlin.

Am 15. Juli 2008 verließ Ahmet Yıldız seine Wohnung, um ein Eis zu kaufen. Kurz darauf hörte sein Lebenspartner Ibrahim Can Schüsse. Als er hinunterlief, sah er, dass auf Ahmet Yıldız geschossen worden war. Die Tötung wird weithin als „Ehrenmord“ betrachtet. Wie bei anderen mutmaßlichen Ehrenmorden holte die Familie von Ahmet Yıldız den Leichnam nicht zur Bestattung ab. Nach drei Monaten wurde schließlich ein Haftbefehl gegen den einzigen Verdächtigen, den Vater des Ermordeten, ausgestellt. Bislang ist er jedoch nicht verhaftet worden. Ibrahim Can teilte Amnesty International mit, dass Ahmet Yıldız in den Monaten vor seiner Ermordung von seiner Familie und insbesondere vom Vater bedroht worden war. Im Oktober 2007 erstattete Ahmet Yıldız Anzeige gegen seine Familie und bat die Staatsanwaltschaft im Istanbuler Stadtteil Üsküdar um Schutz. Statt etwas zu unternehmen, gab die Staatsanwaltschaft die Anzeige an einen benachbarten Bezirk weiter. Nach dem Mord stellte sich heraus, dass die Anzeige gar nicht bearbeitet worden war. Im türkischen Recht gibt es noch immer kein explizites Verbot von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung oder der Geschlechtsidentität. Höflich formulierte Biefe können adressiert werden an Ministry of Justic Adalet Bakanligi, 06659 Ankara, Türkei. pm