Kirchheim

Mit Musik geht sogar Krieg besser

Konzert Bernhard Moosbauer und Barbara Straub bieten im Spitalkeller einen „Böhmischen Ohrenschmaus“. In ihrer musikalisch-literarischen Soiree präsentieren sie kriegerische Werke. Von Ulrich Staehle

Bernhard Moosbauer begeistert an Viola und Violine - und mit böhmischem Dialekt. Foto: Markus Brändli
Bernhard Moosbauer. Archiv-Foto: Carsten Riedl

Der Kirchheimer Bernhard Moosbauer ist wohlbekannt. Als promovierter Musikwissenschaftler macht er nicht nur mit wissenschaftlichen Publikationen und Vorträgen auf sich aufmerksam, sondern er zeigt immer wieder mit seinen „studierten“ Instrumenten Viola und Violine, was er kann.

Diesmal hat er zu einer musikalisch-literarischen Soiree eingeladen und einen böhmischen Ohrenschmaus versprochen. Dafür wurde, zusammen mit der Cembalistin Barbara Straub, Barockmusik angekündigt, als „Zwischengang“ Texte aus Jaroslav Hasêks Roman „Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk“. Die musikalischen Darbietungen wurden unter dem Begriff „Battaglia“, also Schlachtenmusik, zusammengefasst.

Den programmatischen Anfang machte eine Fanfare des Geigers Giuseppe Colombi aus Modena, dessen „Tomba a Violino solo“ Moosbauer auf seiner Barockgeige interpretierte. Moosbauers Spiel auf der Barockgeige ist tatsächlich ein Ohrenschmaus.

Danach wurden die Ohren mit Worten „gefüttert“. Moosbauer las aus Hasêks „Schwejk“, einem 1924 erschienenen Roman, der zum tschechischen Nationalepos wurde. Der Autor entlarvt in satirischer Weise die Gesellschaft um 1914 und ihre Vertreter, vor allem die des Militärs, indem er sie mit einem ganz einfachen, scheinbar naiven Menschen konfrontiert. Moosbauer las den Anfang des ersten Teils, in dem Schwejk erfährt, dass der Erzherzog Ferdinand von Österreich erschossen wurde und Krieg drohe. Schwejk kommentiert auf seine Art: dicke Erzherzöge seien besser zu erschießen als dünne. Er rät jedem Attentäter, sich gut zu kleiden, um nicht aufzufallen. Der Rezitator Moosbauer beherrscht in erstaunlicher Weise den böhmischen Dialekt, wie ihn Fritz Muliar in der Fernsehverfilmung des „Schwejk“ in den Achtzigerjahren vorführte. Die Rezitation lockerte auf und vermittelte den willkommenen Geist des Pazifismus. Doch genauso groß war die Vorfreude auf die nächste musikalische Darbietung, denn da gab es professionelle Meisterschaft zu erleben.

Diese bewies Barbara Straub, aus Degerloch angereiste Kantorin, am Cembalo. Sie spielte eine der „Biblischen Sonaten“ von Johann Kuhnau, dem Amtsvorgänger Bachs in Leipzig. Es geht hier um den Zweikampf zwischen David und Goliath. Barbara Straub kündigte die Themen der einzelnen Sätze an, angefangen mit dem „Pochen und Trotzen“ des Goliath über das „Zittern der Israeliten“ bis nach dem Kampf zum „Jubel und Freudentanz“. Die Zuhörer konnten sich angesichts der jeweils entsprechenden Musik gut in die Situationen hineinversetzen. Apropos: Nur wenige Zuhörer kamen in den Genuss des Ohrenschmauses. Die eisige Kälte hat andere wohl zu Hause bleiben lassen.

Nun war wieder von Schwejk die Rede: Eine Stammtischrunde, bestehend aus dem Wirt, Schwejk und einem Gast, endet damit, dass Schwejk und der Wirt wegen Hochverrats und Majestätsbeleidigung abgeführt werden: Der Gast stellt sich als ein Geheimpolizist heraus. Aber man weiß ja, dieser „blöde“ Schwejk wird davonkommen.

Nun griff Moosbauer zur Violine, um musikalisch eine Schlacht zu schlagen, und das noch unter erschwerter Bedingung: Der Komponist verlangt, dass die E-Saite zu D herabgestimmt wird. Thema ist die Belagerung Wiens durch die Türken im Jahr 1683. Der „Paganini des 17. Jahrhunderts“, Heinrich Ignaz Franz Biber, hat sie vertont und ist damit zum Begründer der Programmmusik geworden. Die Zuhörer bekommen die einzelnen Etappen der Schlacht angekündigt und können dann bei der musikalischen Konkretisierung ihre Fantasie spielen lassen.

Nach siegreicher Schlacht setzte sich Moosbauer wieder an den Lesetisch. Schwejk zeigt zu Beginn des zweiten Romanteils seine Schlagfertigkeit und seine Verschlagenheit: Er vertritt bei einer Feldmesse den Messdiener, obwohl er aus der Kirche ausgetreten ist. Den Abschluss der Soiree bildete die ergreifende Lacrimae-Pavane des Hamburger Geigenvirtuosen Johann Schop.

Ein Trompetenstück für eine Geige?

Der erste Titel „Tromba a Violino solo“ erstaunt. Bernhard Moosbauer erklärt: Die Trompete war damals länger und weicher im Ton, die Barockgeige hatte ein breiteres akustisches Spektrum. Also waren damals Trompete und Geige nicht so weit auseinander wie heute, zum Beispiel bei den Fanfarenklängen. Die Barockgeige ist etwas kleiner, hat unter anderem ein kürzeres Griffbrett und einen kurzen, leichten Bogen. Sie wird nicht mit dem Kinn gehalten, sondern mit der Schulter. Das gibt ihr einen eigenen Ton - wenn man sie wie Moosbauer so meisterhaft und wie selbstverständlich spielt.us