Kirchheim

Mitten in der Stadt verbirgt sich ein Kleinod

Spatenstich Am Montag hat im kleinen Rahmen die Bebauung des Kirchheimer Henrietten­gartens begonnen. Dort sollen 119 Wohneinheiten entstehen. Von Andreas Volz

Mit Spaß bei der Arbeit: Hans-Jörg Fischer, Angelika Matt-Heidecker, Fabian Caca und Rohbau-Projektleiter Axel Schäfer beginnen
Mit Spaß bei der Arbeit: Hans-Jörg Fischer, Angelika Matt-Heidecker, Fabian Caca und Rohbau-Projektleiter Axel Schäfer beginnen symbolisch die Bebauung des Henriettengartens.Foto: Markus Brändli

Ein kleiner Haufen Sand - und doch ein Riesensprung für den Wohnungsbau in Kirchheim: Vier Menschen haben gestern ohne großes Zeremoniell zum Spaten gegriffen, um symbolträchtig die Bebauung des Henriettengartens in Angriff zu nehmen. Bis Frühjahr 2022 sollen im südlichen Teil des ehemaligen Areals der Otto Ficker AG 119 neue Wohneinheiten entstehen.

Der Investor heißt Fischer Wohnbau und Immobilien. Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker sprach beim Spatenstich von einem Weilheimer Unternehmer, der in Kirchheim Fuß fasst - und das auch noch auf historischem Gelände: „An diesem Punkt in unserer Stadt wird die Industriegeschichte sichtbar.“ Leider hätten sich Zeit und Gesellschaft gewandelt, sodass es der Firma BlessOF nicht mehr gelungen sei, sich mit ihren Produkten dem modernen Markt anzupassen.

Lange habe die Stadt überlegt, „ob wir den Gewerbe­standort aufrechterhalten“. Das sei aber nicht möglich gewesen. Wichtig sei dagegen der Erhalt der Bausubstanz im nördlichen Bereich, den allerdings ein anderer Investor übernommen hat: „Das sind die letzten Gebäude in der Stuttgarter Straße, die vom Industriezeitalter in Kirchheim zeugen.“

Bei der Wohnbebauung, also beim Henriettengarten, habe es ernsthafte Befürchtungen gegeben, dass die unmittelbare Nähe zum Steingau-Quartier stören könnte, dass sich die beiden Projekte „beißen“. Deshalb hätte die Stadt im Henriettengarten lieber Einfamilienhäuser gesehen als Geschosswohnungsbau. Inzwischen sei allerdings ein guter Ausgleich gefunden worden, da die Einfamilienhäuser dem Investor nicht zuzumuten gewesen wären.

Hans-Jörg Fischer, Geschäftsführer von Fischer Wohnbau und Immobilien, spricht von ganz unterschiedlichen Ansätzen innerhalb des Henriettengartens. Es gebe eine klare Abstufung von Nord nach Süd - vom Geschosswohnungsbau hin zu Reihen- und Doppelhäusern. Das Wohnbauprojekt am Rand der Innenstadt hält er für einen wichtigen Beitrag zur Innenverdichtung in Kirchheim.

11 900 Quadratmeter Wohnfläche

Sein Geschäftsführer-Kollege Fabian Caca ergänzt die Details zur Planung: „Die neuen Wohnungen sind zur Hälfte Eigentumswohnungen, zur anderen Hälfte werden sie vermietet. Von insgesamt knapp 11 900 Quadratmetern Wohnfläche sind 2 000 Quadratmeter gefördert nach den Richtlinien der Sozialbauverpflichtung.“

Bei 161 Tiefgaragen-Stellplätzen liege der Schlüssel mit 1,3 Stellplätzen pro Wohnung deutlich über den Vorschriften der Landesbauordnung. Die Zahl der Parkplätze im öffentlichen Straßenraum dagegen sei noch nicht abschließend geklärt: „Aber das Potenzial für mehr als acht Parkplätze ist auf jeden Fall da.“

Damit bezog sich Fabian Caca beim Spatenstich auf die Diskussion des Gemeinderats zum Satzungsbeschluss (siehe Artikel unten). In der Debatte ging es um die Frage, ob die Straße, die den Henriettengarten im Karree erschließt, eine Breite von 5,30 oder 5,80 Meter aufweisen solle. Er selbst hatte erklärt, dass er als Geschäftsführer des Investor-Unternehmens auch die 5,80 Meter in Kauf nehme, um den Baubeginn nicht noch weiter hinauszuzögern. Die Baugenehmigung, die schon unterschriftsreif bereitlag, konnte schließlich erst erteilt werden, nachdem der Satzungsbeschluss gefasst war. Vor diesem Hintergrund sagte Fabian Caca gestern: „Ich bin sehr froh, dass wir jetzt zum Spatenstich schreiten können.“

Das Gelände des Henriettengartens liegt ziemlich versteckt zwischen Henrietten- und Stuttgarter Straße. Im Wohngebiet selbst dürfte es auch kaum Autoverkehr geben, denn die Tiefgaragen-Abfahrten liegen allesamt in der Nähe der Erschließungsstraße vom Süden her. An der Zufahrt sowie an den beiden Quartiersplätzen werden Versickerungsflächen angelegt. Die Dachbegrünung trägt ebenfalls dazu bei, die Menge des Oberflächenwassers zu reduzieren. Gebaut wird mit natürlichem Material, mit 42 Zentimeter dicken Ziegeln. Geheizt wird per Erdwärme.

Wenn alles nach Plan läuft, können die Wohnungen im Baufeld 1, dessen Grube dank der Abrissarbeiten bereits vorhanden ist, im Mai 2021 bezogen werden. Die anderen drei Baufelder sollen danach quartalsweise folgen.