Kirchheim
Monotonie: Beim „Marais Consort“-Konzert springt der Funke nicht über

Musik Marais Consort gab ein Konzert in der Kirchheimer Stadthalle mit Werken aus der Renaissance und des Barocks. Das Ensemble konnte trotz gewisser Highlights das Publikum nicht begeistern. Von Hans-Günther Driess

Das Marais Consort hat sich im In- und Ausland als hochgeschätztes Ensemble für Alte Musik etabliert und war auf internationalen Festivals und Konzertreihen präsent. Auf Einladung des VHS-Kulturrings gaben die fünf Künstler das Konzert „Dialoge“ in der Stadthalle Kirchheim, bei dem sie kostbare Klangraritäten mit Werken von Heinrich Schütz, Giovanni Gabrieli, Jean Baptiste Lully und Johann Sebastian Bach verbunden haben.

Leider konnte das Ensemble unter der Leitung von Hans-Georg Kramer die Erwartungen nicht erfüllen. Der Funke sprang nicht über. Wo war die versprochene Vitalität, wo die barocke Lebensfreude? Die Programmauswahl war eher zäh und enthielt zu wenige schnelle oder tänzerische Sätze. Schon das lange Stimmen der Instrumente vor dem Konzertbeginn auf der Bühne und die fehlende Moderation waren ein Omen, was kommen würde. Die Zuhörer wussten gar nicht, an welchen Stellen Applaus angebracht war, da die Satzfolge der Werke im Programm nicht aufgeführt war. Der Abend verlief in Monotonie mit wenig Unterhaltungswert. Kaum verwunderlich, dass etliche Zuhörer nach der Pause nicht mehr in den Saal zurückkehrten.

Ein besonderer Reiz

Die originalgetreue Interpretation der 400 bis 500 Jahre alten Kompositionen auf italienischen frühbarocken Instrumenten mit Darmsaiten, wie die „Viola da Gamba“, üben einen besonderen Reiz aus. Die warmen, meist vibratolosen Klänge der fast schon vergessenen Instrumente faszinieren und lassen die Zuhörerinnen und Zuhörer zur Musik von Ludovico de Viadana und Giovanni Gabrieli eintauchen in die Welt des ausgehenden Mittelalters und der Renaissance.

Das dialogische Musizieren zwischen Cembalo und den Streichern spiegelt die Spielpraxis der Venezianischen Mehrchörigkeit wider, die Giovanni Gabrieli um 1600 im Dom San Marco mit Bläserchören erfunden hat. Die hervorragende Cembalistin Ingelore Schubert spielt technisch versiert, stellt ihre Virtuosität unter Beweis in toccatenhaften Passagen mit 32stel-Läufen und lässt ihr Instrument im silbrigen Klang aufleuchten. Die vier Violen „antworten“ im exakten Zusammenspiel mit zarten, doch klar konturierten transparenten Klängen und höchster Ausdrucksintensität.

Das häufige Nachstimmen der Violen mit ihren Darmsaiten, die sich schnell verstimmen, hätte man dem Publikum erklären müssen. Das Dilemma dabei: Durch die Unterbrechungen litt die Spannung im Konzert. Gelitten hat trotz gründlichen Nachstimmens auch die „Sarabanda und Courente in a“ von Heinrich Schmelzer durch zu häufige unsaubere Töne im Spiel von Hans-Georg Kramer.

Und dann leuchtet doch noch das Wunder am Horizont auf in der mitreißenden „Gigue“ aus dem „Concert pour quatre parties de violes“ von Marc-Antoine Charpentier. Endlich kam Schwung in die Bude! Aber viel zu spät. Das Publikum verharrte schon in Lethargie, denn es wurde nicht so richtig auf die versprochene Reise mitgenommen.

Ingelore Schubert bringt am Cembalo sehr stilecht und souverän den „Contrapunctus 6 in Stylo Francese“ aus „Die Kunst der Fuge“ von Johann Sebastian Bach zu Gehör und kombiniert wechselnd zwischen rechter und linker Hand das Fugenthema mit seiner Gegenstimme. Bachs „Die Kunst der Fuge“ ist eine der großartigsten Kompositionen des Altmeisters, als Schlusspunkt des Konzerts jedoch ist der daraus stammende „Contrapunctus 3“ keine gute Wahl. Warum denn mit diesem langsamen Satz aufhören? Am Ende eines Konzerts muss die Dramaturgie eine Steigerung vorsehen, und nicht diese – in allen Ehren – auf hohem Niveau konstruierte Musik. Demzufolge evozierte der verhaltene Applaus keine Zugabe.