Kirchheim
Mord in Kirchheim: Staatsanwalt entlastet Vorgesetzte des Täters

Justiz Ermittler finden nach der Tat im Februar 2022 keine Indizien, dass man dem Beamten seine Dienstwaffe vorher hätte abnehmen müssen. Das Verfahren wegen fahrlässiger Tötung wird eingestellt. Von Thomas Zapp

Der Doppelmord auf dem Nanz-Parkplatz in Kirchheim am Mittwoch, den 16. Februar 2022, ist fast ein Jahr her: Ein 59-jähriger Beamter des LKA hatte dort seiner getrennt von ihm lebenden Frau aufgelauert, sie mit seiner Dienstwaffe vor einem Bio-Supermarkt erschossen und anschließend die Waffe auf sich selbst gerichtet. Bis vor wenigen Tagen noch haben die Umstände der Tat die Staatsanwaltschaft Stuttgart beschäftigt. Nun hat sie das Verfahren wegen fahrlässiger Tötung „gegen unbekannt“ eingestellt.

Wie sie bekannt gab, konnte nicht nachgewiesen werden, dass der 59-Jährige seine Ehefrau vor der Tat bedroht habe und sie in Furcht vor ihm gelebt habe. Wäre dies etwa bei seinen Vorgesetzten bekannt gewesen, hätte es zwingend die Konfiszierung der Waffe zur Folge haben müssen.

So bleibt es bei Mutmaßungen, die aus dem Umfeld des 58-jährigen Opfers schon unmittelbar nach der Tat bekannt wurden: Die Frau habe von der Bedrohung durch ihren Ehemann erzählt – vor allem im eigenen Bekannten- und Kollegenkreis. Aber auch Kollegen ihres Mannes, der beim Landeskriminalamt beschäftigt war, sollen von der Gefahr gewusst haben, die von dem Schützen ausging.

Holzmadens Bürgermeister Florian Schepp war selbst langjähriger Hauptkommissar und Dienststellenleiter und kennt die grundsätzliche Problematik. „Als Vorgesetzter ist es eine Gratwanderung, einem Beamten wegen psychischer Probleme sofort seine Waffe wegzunehmen. Damit signalisiert er ihm: Ich traue dir nicht mehr. Unter Umständen schadet er dem Mitarbeiter mehr, als er ihm hilft.“  Eine voreilige Androhung, die Dienstwaffe einzuziehen, könnte erst recht zu einer Kurzschlusshandlung führen. 

„Grundsätzlich können Polizeibeamte die Dienstwaffe mit nach Hause nehmen und dort aufbewahren. Die Maßgabe ist, dass Munition und Magazin getrennt voneinander sicher aufbewahrt werden müssen“, ergänzt Florian Schepp. Es gibt allerdings eine Dienstanweisung des LKA, nach der bei längerer außerdienstlicher Abwesenheit vom Dienst- oder Wohnort von mehr als drei Monaten – etwa während eines Urlaubs, einer Kur oder eines Krankenhausaufenthaltes – die „Einsatzmittel“ zurückgegeben werden müssen. Dafür gibt es den Stabsbereich Waffen- und Gerätewesen. Gleiches gilt für Beamte, die aus dem Dienst ausscheiden.

Das LKA betont jedoch auf Anfrage des Teckboten: „Diese Voraussetzungen lagen im zugrunde liegenden Fall jedoch nicht vor, zumal der spätere Täter zum Zeitpunkt der Tat stationär im Krankenhaus liegen sollte und aufgrund der Schwere seiner Verletzung damit nicht gerechnet werden konnte, dass dieser das Krankenhaus eigenständig verlässt.“ Um welche Verletzung es sich handelte, oder ob sich der Täter in psychologischer Behandlung befand, hat die Polizeibehörde nicht mitgeteilt.

LKA behält sich Schritte vor

Ganz aus dem Schneider sind die Vorgesetzten des Täters oder sonstige Verantwortlichen allerdings noch nicht. Zwar hat das Landeskriminalamt Baden-Württemberg nach eigener Auskunft bislang noch keine dienstrechtlichen Schritte gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingeleitet, „da bisher keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Dienstvergehens ersichtlich sind“. Dennoch wolle man abwarten, bis die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft vorliegt. „Sollten sich Hinweise für ein Dienstvergehen ergeben, so werden entsprechende disziplinarrechtliche Maßnahmen getroffen“, teilt die Pressestelle der Landesbehörde mit.