Kirchheim
Nach der Wahl in NRW: Schwarzes Lob für die Grünen

Landtag Das klare Wählervotum für die CDU in Nordrhein-Westfalen hat einige Bundestagsabgeordnete im Kreis überrascht. Einig sind sie sich darüber, dass die Bundespolitik keine große Rolle gespielt hat. Von Thomas Zapp

Nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen herrscht bei den Abgeordneten des Bundestagswahlkreises ob des deutlichen Wahlsieges der CDU sowohl Erstaunen als auch Ernüchterung. „Überraschend in der Deutlichkeit“, bewertet der Kirchheimer CDU-Abgeordnete Michael Hennrich das klare Ergebnis. Er hatte mit einem knapperen Wahlausgang gerechnet. Die „Probleme der Ampel“ auf Bundesebene hätten wie ein „Brennglas“ gewirkt, auch für die FDP. „Froh“ ist der Kirchheimer, dass die CDU nach ihrer Niederlage bei der Bundestagswahl „sich relativ schnell gefangen und neu aufgestellt hat und mit Friedrich Merz an der Spitze eine ordentliche Oppositionspolitik macht“.

Im neuen Landtag wird die CDU nach bisherigem Stand 76 von 195 Sitzen haben, vier mehr als bisher.

Lob hat Hennrich auch für den möglichen Koalitionspartner in NRW übrig, die Partei der Grünen: „In der Ampelregierung haben sie in den letzten Wochen den besten Job gemacht“, meint er und hebt dabei besonders Robert Habeck und Annalena Baerbock hervor. Zur SPD fallen ihm dagegen der Helikopter-Flug der Ministerin Lambrecht, ein in letzter Zeit „irrlichtender Gesundheitsminister“ und der „große Schweiger“ im Kanzleramt ein, der Führung vermissen lässt. Auch die FDP sei weder personell noch inhaltlich gut aufgestellt, „wenn man sich bei einem Thema wie Tempo 130 nicht einmal der Diskussion stellt“. Der CDU-Spitzenkandidat habe aber auch seinen Anteil am Wahlerfolg gehabt: „Hendrik Wüst ist glaubwürdig und seine Vita spricht ja für sich.“

Michael Hennrich war von dem deutlichen Ergebnis überrascht.

Weniger bundespolitisch stuft der SPD-Bundestagsabgeordnete Nils Schmid das Wahlergebnis ein. „Der Amtsbonus hat eine große Rolle gespielt, das sieht man ja auch bei anderen Landtagswahlen mit Ausnahme des Saarlands“, sagt er. Allerdings sieht er im Wahlergebnis auch keine Bestätigung der bisherigen Regierungsarbeit. „Schwarz-Gelb ist abgewählt worden, auch das gehört zur Wahrheit dazu“, meint der Nürtinger. Dennoch sei das Abschneiden der SPD enttäuschend. Dass es trotz der Wahlniederlage zu einer Ampelregierung mit Grünen und FDP in Nordrhein-Westfalen kommen könnte, hält Schmid für möglich. „Die Grünen müssen mit rein und bei den Themen Klimaschutz und Bildung liegen sie näher bei uns als bei der CDU“, glaubt er. Das sehe man auch an den Problemen der grün-schwarzen Regierung in Baden-Würt­temberg. 

Von sachlich bis „traurig“

Ganz sachlich ordnet der Grünen-Abgeordnete Matthias Gastel das Ergebnis seiner Partei bei den Wahlen im größten Bundesland ein: „Hinter dem Rekord­ergebnis für die Grünen stehen in besonders herausfordernden Zeiten hohe Kompetenzzuschreibungen vor allem in den Politikfeldern Umwelt, Klima und Ener­gie.“ Das Ergebnis seien eine starke Bestätigung für die Verantwortung, die die Partei im Bund trage, und ein Vertrauensvorschuss für die Bewältigung schwieriger Zukunftsherausforderungen.

Nils Schmid hält den Einfluss der Bundespolitik auf die NRW-Wahl für gering. Foto: pr

„Wir müssen weiter unter Hochdruck daran arbeiten, uns von fossilen Energieträgern – besonders schnell von denen aus Russland – unabhängig zu machen“, betont Gastel. Die dafür erforderliche Transformation der Wirtschaft gelte es aktiv, im ständigen Dialog und unter Wahrung sozialer Aspekte umzusetzen. „Das gute Ergebnis in NRW haben wir gestern gefeiert. Ab heute geht der Blick wieder nach vorne. Denn ein gutes Wahlergebnis bedeutet Vertrauen, dem wir weiterhin durch aktives und verantwortungsvolles Handeln gerecht werden wollen.“

Matthias Gastel sitzt seit 2013 im Deutschen Bundestag. Foto: pr

„Sehr traurig“ ist man bei der FDP über das „desaströse“ Abschneiden bei der Wahl: „Damit hat niemand gerechnet“, sagt die Kirchheimer Bundestagsabgeordnete Renata Alt. Das sei besonders ärgerlich, weil man in NRW gute Arbeit als Teil der Landesregierung geleistet habe. „Das war schon in der Vergangenheit unser Problem: In der Koalition profitiert meistens der große Koalitionspartner“, sagt sie. Für eine bessere Sichtbarkeit der eigenen Erfolge müsse man besser und stärker kommunizieren, meint sie. Etwa beim Thema Renten: Dort müsse man kommunizieren, dass man auch am Wohlergehen der Rentner ein starkes Interesse habe. Hintergrund: Unter älteren Wählern hatte es eine Wanderungsbewegung Richtung CDU gegeben.

„Wir müssen als FDP auch stärker klarmachen, dass wir alles tun, um einen Krieg auf dem Boden der EU zu verhindern.“ Einen starken Einfluss der Bundespolitik auf das Wahlergebnis sieht Renata Alt nicht. „Der Finanzminister leistet eine hervorragende Arbeit und sorgt für Entlastungspakete, die derzeit im Bundestag beraten werden.“ Eine Folge der Bundestagswahl hat sie aber doch ausgemacht: „Für viele, die uns bei der Bundestagswahl gewählt haben, war die Ampelkoalition eine Enttäuschung“, sagt sie. Dass es diese Konstellation nun auch auf Landesebene geben könnte, hält sie für unwahrscheinlich. „Jetzt geht es erst mal darum, intern das Ergebnis zu analysieren.“