Kirchheim

Neues Quartier existiert bereits auf dem Papier

Wohnungsbau Der Kirchheimer Gemeinderat vergibt das vorletzte Baufeld auf dem Steingau-Areal an zehn überzeugende Anliegerprojekte. Von Andreas Volz

Kirchheims Großbaustelle ist noch im Anfangsstadium. Groß sind allerdings bereits die Baumaschinen, die zum Einsatz kommen.
Kirchheims Großbaustelle ist noch im Anfangsstadium. Groß sind allerdings bereits die Baumaschinen, die zum Einsatz kommen.

Auf dem früheren EZA-Gelände in Kirchheim kann man weiterhin nur ahnen, dass dort in Bälde ein völlig neues Quartier entstehen soll. Auf dem Papier ist das Steingau-Quartier dagegen schon fast komplett bebaut: Der Gemeinderat hat sich jetzt mit den Anliegerprojekten für das vorletzte Baufeld befasst und für zehn dieser Projekte Plätze reserviert.

Matthias Gütschow, Architekt und Projektmanager aus Tübingen, sprach im Gemeinderat von einer „dreifachen Überzeichnung“ des Baufelds 3, wenn es um die gewünschte Gesamtfläche geht. Wie seither auch, lobte er die Qualität der Projekte: 25 von 27 Bewerbern waren zu Gesprächen eingeladen worden. Lediglich zwei waren bereits an den Mindestanforderungen gescheitert.

Ausgewählt wurden letztlich zehn Projekte, die nun in die Detailplanung gehen können. Auswahlkriterium war unter anderem der Nutzen, den das jeweilige Bauvorhaben für die Quartiersgemeinschaft und für die Stadtgesellschaft bringen kann.

Dieser Nutzen kann ganz unterschiedlich sein. Eine Zahnarztpraxis beispielsweise dient einerseits der medizinischen Versorgung und schafft andererseits Arbeitsplätze. Gleiches gilt für eine Hebammenpraxis. Auch bei der inklusiven Schaubäckerei mit Café und Außenbestuhlung, die für ein Nachrückerprojekt im Baufeld 7 den Zuschlag bekommen hat ist der Nutzen vielschichtig.

Der größte Nutzen der allermeisten Bauvorhaben besteht dagegen darin, dass Wohnraum geschaffen wird: 83 Wohnungen sollen allein im Baufeld 3 entstehen. Darunter befinden sich 24 Mietwohnungen, von denen wiederum fünf den Kriterien des Landeswohnraumförderprogramms entsprechen. Vier weitere Wohnungen sollen für einen gewissen Zeitraum zu einem Preis vermietet werden, der mindestens zehn Prozent unterhalb der örtlichen Vergleichsmiete liegt. Auf Nachfrage musste die Stadtverwaltung allerdings einräumen, dass gerade die Höhe dieser „örtlichen Vergleichsmiete“ derzeit nicht bekannt ist. Die Zahlen lägen jedoch vor, bevor die Häuser bezugsfertig sind.

Weitere kritische Nachfragen des Gemeinderats bezogen sich auf die Nebenkosten als „zweite Miete“, woran die Idee vom bezahlbaren Wohnen so häufig scheitert: Matthias Güntschow nannte einen Richtwert von 1,50 Euro pro Quadratmeter für die eigentlichen Wohnnebenkosten - abhängig vom Verbrauch - sowie von 0,50 Euro pro Quadratmeter für die Rücklage, in die allerdings nicht der Mieter, sondern der Eigentümer einzahlt.

Ebenfalls kritisch gesehen werden die Kosten für einen Tiefgaragenstellplatz im Steingau-Quartier: Die Kosten, die hier genannt werden, liegen bei rund 40 000 Euro. Fraglich ist dabei, wie sinnvoll die Empfehlung von Stadtplaner Gernot Pohl ist, im Zweifelsfall auf einen eigenen Stellplatz zu verzichten und stattdessen den kostenpflichtigen Parkplatz des benachbarten Einkaufszentrums zu benutzen. Im Sinne der Erfinder ist das sicher nicht.

Sinnvoller dagegen scheint der Appell Gernot Pohls an diejenigen Bewerber zu sein, deren Projekte jetzt nicht ausgewählt wurden: „Es wäre schön, wenn Sie sich für das Baufeld 6 erneut bewerben würden.“ Die andere Möglichkeit zeigt sich ja gerade auf Baufeld 7: Oft genug werden Reservierungen wieder zurückgegeben, sodass Nachrücker eine Chance erhalten.

Am Rand des früheren Kirchheimer EZA-Areals ist bereits ein Gebäude in die Höhe gewachsen.Fotos: Carsten Riedl
Am Rand des früheren Kirchheimer EZA-Areals ist bereits ein Gebäude in die Höhe gewachsen. Fotos: Carsten Riedl