Kirchheim

„Öko kann auch sexy sein“

Einzelhandel Am 2. Mai soll Kirchheims erster Unverpackt-Laden eröffnen: „Eigenhändig“ wird er heißen. Nach diesem Motto hat dessen Gründerin Nadja Schoser auch ihre Karriere gestaltet. Von Thomas Zapp

Nadja Schoser zeigt, was es in ihrem Unverpackt-Laden künftig geben wird. Foto: Jean-Luc Jacques
Nadja Schoser zeigt, was es in ihrem Unverpackt-Laden künftig geben wird. Foto: Jean-Luc Jacques

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Eigenhändig hat Kult-Wirt Gigi bis 2017 hier seine „Orecchiette alle cime di rapa“ zubereitet. Künftig wird hier vor allem die Kundschaft eigenhändig ihre Waren abfüllen. Wo früher die „Trattoria da Gigi“ in Kirchheim war, öffnet am 2. Mai „Eigenhändig“, der erste Unverpackt-Laden Kirchheims. Hell wird derzeit der ehemalige Gastraum gestrichen. In modernem Interieur wird es künftig gesunde Lebensmittel und Beautyprodukte geben. Plastik wird man vergeblich suchen: Hülsenfrüchte kommen aus hochwertigen Glasspendern, die Tagescreme - natürlich frei von Mikroplastik - wird im dekorativen Glas mit Holzdeckel verkauft. „Öko kann auch sexy sein“, sagt Gründerin Nadja Schoser.

Der Name ihres künftigen Geschäftes spiegelt auch zum Teil das Berufsleben der Jung-Unternehmerin wider. Nach dem Abitur hat sie bei einer Fluggesellschaft als Stewardess und später als Managerin gearbeitet. Aus dieser Zeit hat sie vor allem eins mitgenommen: „Kunden wollen sich wohlfühlen“, sagt die 33-Jährige.

Die unternehmungslustige Powerfrau hatte schon früh Lust auf Selbstständigkeit. Nach ihrer Zeit als Managerin war sie bei einem Start-up an der Markteinführung eines Energieriegels beteiligt, hat dort viel über den Lebensmittelmarkt gelernt und ein großes Lieferanten-Netzwerk geknüpft. Damals erlebte sie, dass konventionelle Nahrungsmittel sehr viel mit Verpackung zu tun haben. „Das sind Notwendigkeiten der Hygiene und Haltbarkeit, gerade bei ­biologischen Produkten.“

In ihrem Alltag verstärkte sich das Gefühl des Zuviel an Verpackungen: „Man achtet auf regionale und biologische Produkte. Aber wenn man den Gemüseeinkauf ausgepackt hat, ist der Gelbe Sack schon halb voll. Das ist beklemmend.“ Mit der Zeit hat sie das Plastikthema immer mehr beschäftigt. „Der durchschnittliche Erdenbürger isst eine Kreditkarte pro Woche“, sagt sie - allein durch die Menge an Mikroplastik in „normaler“ Nahrung.

Schließlich mündeten die Überlegungen des Alltags in die Gründung eines eigenen Unverpackt-Ladens. „Das Offline-Ladengeschäft ist Neuland für mich. Ich freue mich total drauf“, sagt die gebürtige Owenerin. Die Wahl fiel nicht ohne Grund auf Kirchheim. „Zum einen gibt es hier noch kein derartiges Geschäft, zum anderen hat die Stadt ein sehr schönes Zentrum, in dem die Leute gerne einkaufen“, sagt sie. Die potenziellen Kunden sind bereits darauf aufmerksam geworden, dass sich in der ehemaligen Trattoria an der Alleenstraße etwas tut.

Nadja Schoser geht nicht unvorbereitet in ihr Unverpackt-Abenteuer. Sie hat sich vergleichbare Läden in der Region angeschaut, um zu wissen, was im Tagesgeschäft zuverlässige Umsatzbringer sein können. Zu den Topsellern gehören stets Haferflocken, Mandeln, Müsli. Und das Gute ist: „Teilweise können wir bessere Preise als im Supermarkt anbieten.“ Denn die Ware kommt in Säcken, Verpackungs- und Marketingkosten entfallen. Dass allein der gute Wille der Käufer nicht ausreicht, ist auch Nadja Schoser bewusst. „Die Preise müssen im Rahmen bleiben“, sagt sie. Neben etwas Obst und Gemüse wird es auch Molkereiprodukte wie Milch und Joghurt geben. Sogar Käse wäre möglich: Frischhaltefolien gibt es mittlerweile auch aus Bienenwachs.

Vollständig ist die Unverpackt-Philosophie freilich erst, wenn die Ware auch weitgehend verpackungslos angeliefert wird und sich nicht die Plastikfolien im Hinterhof türmen. „Wir sind Mitglied im Unverpackt-Verband“, sagt Nadja Schoser. Mandeln oder Hülsenfrüchte kommen in 25 Kilo-Säcken, Nudeln in Papierverpackung.

Geplant ist auch ein Mittagstisch mit kleinen Gerichten und Suppen, die Küche gibt es ja noch. Nadja Schoser beginnt ihr Unverpackt-Abenteuer als „One-Woman-Show“ mit einigen Freunden als Helfern. Bald will sie aber Mitarbeiter einstellen, die ersten Job-Anfragen sind eingetrudelt. Die ökologischen „Buschtrommeln“ funktionieren schon, dafür brauchte sie nicht einmal eigenhändig tätig zu werden.