Kirchheim
 „Pflege mit Herz und Engagement“

Jubiläum Das Kirchheimer Fickerstift feiert mit Häppchen, Swing und einer Feuershow: Vor 25 Jahren wurde es im neu erbauten Gebäude in der Osianderstraße wiedereröffnet. Von Helga Single

Einen besonderen Grund zum Feiern gab es im Fickerstift in der Osianderstraße in Kirchheim: 25 Jahre ist es her, dass das Seniorenzentrum, geführt vom DRK, in das heutige Gebäude einziehen konnte. „Eigentlich sind es wegen Corona schon fünfundzwanzig plus

 

„Es macht sich eine All-Inclusive-Mentalität wie im Urlaub breit.
Petra Nastasi
Die Einrichtungleiterin über die steigenden Ansprüche der Bewohner.

 

ein Jahr, um es korrekt auszudrücken“, erläuterte Petra Nastasi, die seit 1999 die Einrichtung leitet. In kleinem Rahmen hatten Mitarbeiter und Bewohner schon vergangenen Sommer das Jubiläum bei einem Grillabend gefeiert. Das Heim bietet zwanzig Wohnungen im Betreuten Wohnen, sechzig Plätze zur Dauerpflege und einige Kurzzeitpflegeplätze.

„Unsere Interessenten sind durchschnittlich 80plus. Aktuell betreuen wir den Jüngsten mit Anfang 50, der unter einer MS-Erkrankung leidet“, erzählte Petra Nastasi. Multikulturelle Pflegeteams versorgen die Bewohner. Ein geregelter Tagesablauf, der mit Pflege in der Früh beginnt, dann beim Frühstück von halb neun bis halb zehn genügend individuellen Spielraum für den Einzelnen böte und mit Angeboten der Alltagsbegleiter für Abwechslung sorge, würden Struktur und Halt verleihen. Natürlich sei der Fachkräftemangel auch bei ihnen spürbar, könne aber abgefedert werden, weil man im Fickerstift konsequent auf Ausbildung setze. Dieses Jahr seien es sechs Azubis, die hinterher übernommen würden. „Die Nachfrage an Pflegeplätzen ist groß. Bei uns gibt es auch eine Warteliste. Auch die Nachfrage an Kurzzeitpflegeplätzen steigt jedes Jahr“, sagte Nastasi.

Die Erwartungshaltung der Bewohnerinnen und Bewohner habe sich in den vergangenen Jahren stark verändert. „Eine „All-Inclusive-Mentalität“, wie man sie vom Urlaub her gewöhnt sei, mache sich breit. Oft werde kritisiert, dass sich zwei Bewohner ein Bad teilen müssten. „Nur in den allerneuesten Einrichtungen, wie in Geislingen der Fall, konnten Einzelbäder baulich umgesetzt werden“ erklärte sie. „Im Augenblick ist der Fokus auf die Digitalisierung gerichtet, damit wir up-to-date bleiben“.

Impulsgeber für andere Einrichtungen

Nicht nur in Sachen Digitalisierung geht das Fickerstift voran, sondern ist Impulsgeber für die anderen sieben Einrichtungen des DRK in der Region. Stefan Wiedemann, Geschäftsführer des DRK, lobte das Kompetenzzentrum „Fickerstift“ in seiner Laudatio. Viele Innovationen, wie Aus- und Weiterbildungen, Personalentwicklungspläne und die DRK- Zukunftsstiftung hätten hier ihren Anfang genommen. Nicht zuletzt die fruchtbare Zusammenarbeit mit der Stadt Kirchheim machten das Heim zu dem was es ist: „Ein Ort der Begegnung, ein Ort der Vielfalt“.

Vor fünf Jahren gab es die Bürgermedaille der Stadt für das ehrenamtliche Engagement. So ist das Fickerstift Akteur im Altennetzwerk Kirchheim Teck. Es gibt Austausch mit der Demenz- WG und dem Hospiz. Kirchheims Oberbürgermeister Dr. Pascal Bader strich noch einmal die große Leistung der Pflegekräfte während Corona hervor und wünschte sich, dass die Wertschätzung in der Gesellschaft für diesen Beruf, der im Fickerstift mit Herzblut, Engagement und Freude ausgeübt werde, anhalte. „Die Stadt konnte immer auf die Verlässlichkeit der Versorgungsangebote im Fickerstift zählen“, sagte Bader und sprach sich für ein verpflichtendes Soziales Jahr für die Jugend aus, so wie er es einst genossen hatte. Mit so einem verlässlichen Partner an der Seite werde ihm vor den gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen, die in den nächsten Jahrzehnten die Babyboomer-Generation mit sich bringe, nicht bang, sagte Bader. Für die musikalische Umrahmung sorgten „Swingology“ aus Kirchheim. Für den abendlichen Ausklang sorgte die Feuershow der beiden Feuermagier „Crossfire“.

Es begann mit 100 000 Reichsmark

Beispiel besonderen sozialen Engagements von privater Seite, das bis in die heutige Zeit hineinwirkt, ist das Fickerstift im heutigen Kurt-Stocker-Haus. Durch eine großzügige Spende von 100 000 Reichsmark stifteten die Papierfabrikanten Otto und Eugen Ficker nach dem Ersten Weltkrieg ein „Heim für Arme und Bedürftige“. Die Stadt kaufte dafür das Fabrikgebäude der 1912 insolvent gegangenen Pianofirma Kaim & Günther, später Günther & Söhne, in der Osianderstraße. Das Fickerstift wurde bis zum Jahr 1988 von der Stadt geführt. Das Pflegepersonal von der Herrenberger Diakonieschwesternschaft hat den Geist des Hauses über 60 Jahre geprägt. Dann übernahm der DRK-Kreisverband Nürtingen-Kirchheim die Trägerschaft. Nach einer Übergangszeit in einem provisorischen Gebäude, in der das alte abgerissen wurde, konnte 1995 das neu erbaute Fickerstift wiedereröffnet werden. 2013 erwarb die DRK-Zukunfts-Stiftung Nürtingen-Kirchheim das Gebäude durch das großzügige Vermächtnis des Kirchheimer Bürgers Kurt Stocker von der Stadt Kirchheim. hs