Kirchheim

Phönix aus der Asche hat vier Pfoten

Tierschutz Viele Menschen entscheiden sich bewusst für einen Hund aus dem Ausland. Kemal Tayyar hat seinen Vierbeiner in der Türkei geholt. Ein Verein vermittelt Hunde von Mallorca. Von Daniela Haußmann

Der Kirchheimer Kemal Tayyar mit seinem Hund Anka.Foto: Daniela Haußmann
Der Kirchheimer Kemal Tayyar mit seinem Hund Anka. Foto: Daniela Haußmann

Wer Anka streicheln will, braucht viel Geduld und Einfühlungsvermögen. Ängstlich, mit eingezogener Rute, weicht der Rüde jeder Hand aus, die er nicht kennt. Jahrelang war er auf türkischen Straßen zu Hause, wo er mit Artgenossen umherstreunte. Ein Leben, aus dem der Vierbeiner durch einen Autounfall schmerzhaft herausgerissen wurde. Stundenlang lag der Rüde mit gebrochenem Kiefer im Straßengraben, bis ihn eine türkische Tierschützerin fand. Wieder und wieder zeigt Kemal Tayyar die Bilder der schweren Verletzung. Es waren jene Fotografien, die dem Kirchheimer im Januar dieses Jahres unter die Haut gingen. Kurzerhand überwies er 200 Euro, um den chirurgischen Eingriff zu bezahlen, den der Hund dringend brauchte.

Der Immobilienmakler wollte einfach nur helfen. Erst als ihn die Tierschützerin nach der erfolgreichen Operation bat, dem Tier einen Namen zu geben, reifte in ihm der Gedanke, den Vierbeiner ins Schwabenland zu holen. „Außerdem standen die Chancen schlecht, dass der Hund tatsächlich vermittelt wird. Bei einem Mischling ist das nicht so leicht. Höchstwahrscheinlich wäre er wieder auf der Straße gelandet“, erzählt Tayyar. Nach eingehender Überlegung entschied er gemeinsam mit Frau und Tochter, den Hund aufzunehmen. Mit dem Auto holte er den Vierbeiner in der Türkei ab, um ihm Flugstress zu ersparen.

„Probleme mit anderen Hunden oder Katzen gibt es nicht. Wahrscheinlich weil Anka auf der Straße gelebt hat“, berichtet das Herrchen. Kemal Tayyar jedenfalls bereut seine Entscheidung nicht. Er ist überglücklich mit Anka. Ein Name, den der Kirchheimer angesichts der Umstände ganz bewusst gewählt hat, denn übersetzt bedeutet er nichts anderes als Phönix aus der Asche.

Doch nicht nur in der Türkei suchen Vierbeiner ein neues Zuhause. Der Verein „Vergessene Pfoten Stuttgart“ versucht, Hunden aus Mallorca in Deutschland die Chance auf ein neues Leben zu geben. Rund 200 Tiere holen die Tierschützer, zu denen auch Leonie Kindschuh gehört, pro Jahr von der spanischen Ferieninsel. Sie und ihre Mitstreiter wollen die Tiere vor dem Tierheim oder den Tötungsstationen bewahren. Immer wieder verbringt Kindschuh, die seit 2014 im Verein mitarbeitet, einen Teil ihres Jahresurlaubes in dem mallorquinischen Tierheim, mit dem „Vergessene Pfoten Stuttgart“ zusammenarbeitet. „Zum einen wird dort“, so Leonie Kindschuh, „jede helfende Hand gebraucht. Zum anderen lernen ich und die anderen Vereinsmitglieder so die Einrichtung vor Ort und das Personal kennen.“

„Hunde, die wir vermitteln wollen, müssen vom Charakter gewisse Voraussetzungen mitbringen, um vermittelbar zu sein“, betont die Unterensingerin. „Alle Hunde sind vom Tierarzt durchgecheckt worden.“ Ehrlichkeit hat bei der Tiervermittlung oberste Priorität. „Natürlich kann es sein, dass die Hunde ängstlich sind, mit Kindern keine guten Erfahrungen gemacht haben, nicht allein bleiben können oder nicht stubenrein sind“, berichtet Leonie Kindschuh. „Da legen wir die Karten offen auf den Tisch.“ In Mallorca gibt es nach Auskunft der Unterensingerin zwar keine Straßenhunde, aber teilweise wurden die Vierbeiner nur im Hinterhof oder als Hofhund an der Leine gehalten. Solche Details aus der Biografie haben ihre Spuren hinterlassen. „Deshalb ist gerade am Anfang viel Geduld und Einfühlungsvermögen gefragt, damit Mensch und Tier zueinander finden“, erklärt Leonie Kindschuh.

Der Verein „Vergessene Pfoten“

Der Stuttgarter Verein „Vergessene Pfoten“ kümmert sich um Hunde aus mallorquinischen Tierheimen und Tötungsstationen.

Flugpaten sind Leute, die auf Mallorca Urlaub machen und bereit sind, beim Rückflug einen Hund mitzunehmen. Der wird am Stuttgarter Flughafen vom Verein übernommen. Der trägt auch die Kosten für diesen Transport.

In Pflegehaushalten in Deutschland werden die Hunde so lange untergebracht, bis sie vermittelt werden können. Während dieser Zeit ist der Hund über den Verein versichert, der auch für Tierarztkosten aufkommt, während der Pflegehaushalt die Futterkosten übernimmt.

Erwachsene, die helfen möchten, können sich im Internet unter www.vergessene-pfoten.de informieren.dh