Kirchheim
Politik lässt sich „hautnah“ erleben

Schulbesuch Die drei Kirchheimer Landtagsabgeordneten haben sich mit den zehnten Klassen der Freihof-Realschule in intensiven Gesprächen ausgetauscht. Von Andreas Volz

Zum „Anfassen“ sind drei Politiker an die Kirchheimer Freihof-Realschule gekommen: Die Landtagsabgeordneten Andreas Schwarz (Grüne), Andreas Kenner (SPD) und Natalie Pfau-Weller (CDU) stellten sich in den Fragen der Zehntklässler, die ihnen gehörig auf den Zahn fühlten. Eine der wichtigsten Botschaften, die alle drei vermittelten: „Wir leben nicht in einer anderen Welt. Ihr könnt uns jederzeit kontaktieren.“

Natürlich sind die Erfahrungswelten zwischen den Schulklassen und der Klasse der Politiker doch recht unterschiedlich. Das geht los bei einer Arbeitswoche, die nach übereinstimmender Aussage ungefähr 70 Stunden im Dienst aufweist. Es geht weiter mit der Frage nach den Autos, mit denen die Abgeordneten
 

Das sind jetzt mehr als beim letzten Mal.
Andreas Kenner
stellt fest, dass in der 10c etliche 
Schüler eine Ausbildung anstreben.

unterwegs sind. Und es endet mit einem Verdienst, von dem die 15-Jährigen bislang nur träumen können. Andreas Schwarz erklärt aber, warum es wichtig ist, dass Abgeordnete gut verdienen: „Das soll uns unabhängig machen. Sonst wird man anfällig für Spenden oder Geschenke.“

Ein erstes Raunen geht durch die Reihen der 10c, als Andreas Schwarz die Frage nach seiner Körpergröße mit „Zwei Meter eins“ beantwortet. Aber schon geht es mitten in die Politik – und um Themen, die auch die Klasse interessieren. Der Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Landtag nennt drei Gründe, die für ein Tempolimit auf Autobahnen sprechen: die bessere Verkehrssicherheit, das Reduzieren von CO2-Emissionen und der Lärmschutz.

Andreas Kenner nennt diese Argument ebenfalls, sieht aber auch das Gegenargument, dass der Staat nichts immer alles vorschreiben muss. Trotzdem stellt er fest: „Oft sterben bei Unfällen die, die nichts dafür können, weil sie gar nicht diejenigen waren, die gerast sind.“ Natalie Pfau-Weller erzählt, dass ihre Fraktion bei dieser Frage gespalten sei. Sie empfiehlt aber den pragmatischen Weg: „Besser als ein Verbot des Rasens wäre es, die Menschen von den Vorteilen zu überzeugen, die sie haben, wenn sie nicht so schnell fahren.“

Ähnlich ist es mit der erneuerbaren Energie. Andreas Schwarz wünscht sich, „dass auf jedem Gebäude eine PV-Anlage steht“. Andreas Kenner erinnert daran, dass sich in Sachen Umwelt schon viel getan hat: „In meiner Kindheit und Jugend war die Luft- und Wasserqualität viel schlechter. Aber wir müssen noch viele weitere Anstrengungen unternehmen.“ Natalie Pfau-Weller sieht bei einer PV-Pflicht vor allem das Problem der Kosten und des Fachkräftemangels und stellt fest: „Es wäre besser, die Leute würden das machen, weil sie merken, dass es sich lohnt.“

Die Spritpreise und die SUVs

Thema Spritpreise: „Ich glaube, da wird viel gezockt – von den Erzeugern und von den internationalen Konzernen“, sagt Andreas Schwarz. „Da muss der Staat eingreifen, weil Preisabsprachen in der sozialen Marktwirtschaft nicht zulässig sind.“ Andreas Kenner war auf keinen Fall dafür, den Sprit drei Monate lang zu subventionieren. Ohnehin wundert er sich, „wie man sich jeden Tag mit dem SUV an die Schule fahren lassen, aber dann bei Fridays for Future demonstrieren kann“.

Zu den Klima-Auswirkungen des Verkehrs wird Andreas Schwarz auch nach dem Flugverkehr gefragt. „Das ist Zuständigkeit der EU“, meint er, spricht dann aber doch darüber, „was wir im Land tun können – wir können über günstigere Landegebühren Anreize für leisere Flugzeuge mit weniger CO2-Emissionen setzen“.

Bei der Legalisierung von Cannabis erntet Andreas Kenner Anerkennung, weil er sich klar dafür ausspricht. Natalie Pfau-Weller will lieber differenzieren: Bei zu viel Konsum könne Cannabis recht schnell irreparable Schäden anrichten. Auch einen Erfolg der Entkriminalisierung zweifelt sie an. „Aber ich finde es in Ordnung, Cannabis da, wo es helfen kann, als Medikament zu verschreiben.“

Den „Gender Pay Gap“, also die schlechtere Bezahlung von Frauen, spricht die 10c nur bei Natalie Pfau-Weller an. „In der Politik gibt es das gar nicht“, sagt sie. Ein großes Problem sei in diesem Fall aber die Teilzeitarbeit: „Die, die in Teilzeit arbeiten, sind zu 90 Prozent Frauen. Das ist dann später auch bei der Rente schlecht.“

Was nehmen die Abgeordneten mit? Die Inflation bereitet den Jugendlichen Sorge. Sie wollen ein stabiles Internet, ohne weiße Flecken. „Mehr als beim letzten Mal“ melden sich auf die Frage, ob sie nach der Schule eine Ausbildung machen wollen. Bei der Frage Hallenbad, Sporthalle für die Knights oder Museum gibt es in der 10c eine klare Mehrheit fürs Hallenbad. Aber selbst das Museum stößt auf Interesse. Das Format „Politik hautnah“ war also aufschlussreich – für beide Seiten.