Eine Veranstaltung mit dem Titel „Politik hautnah“ klingt mitten in der vierten Corona-Welle zunächst einmal gewagt. Beim Besuch der drei Kirchheimer Landtagsabgeordneten Andreas Schwarz (Grüne), Natalie Pfau-Weller (CDU) und Andreas Kenner (SPD) in der Freihof-Realschule ging es aber eher inhaltlich darum, den Politikern „auf die Pelle zu rücken“. Die Pandemie hat zu einem neuen Format geführt: Die Politiker stellten sich nicht gemeinsam im Plenum allen zehnten Klassen auf einmal. Vielmehr besuchten sie einzeln reihum die drei Klassen. Auf diese Art und Weise sind durchaus lebhafte Diskussionen entstanden.
Trotz gewisser Unterschiede in Detailfragen zeigten sich die drei Abgeordneten an vielen Punkten einig. Beispiel Corona: Um die vierte Welle zu brechen und die Pandemie in den Griff zu kriegen, setzen sie allesamt auf das Impfen. Grundsätzlich könnten sie deshalb sogar eine Impfpflicht befürworten – wenn auch mit Einschränkungen für Personen, die sich aus medizinischen Gründen wirklich nicht impfen lassen können. Außerdem schlägt das Pendel im Abwägungsprozess zwischen Impfpflicht und individueller Freiheit mitunter nur schwach in Richtung einer Pflicht aus.
Was fürs Impfen spricht
Die Argumente, die fürs Impfen sprechen, vertreten alle drei gleichermaßen. Beispielhaft sei Andreas Schwarz zitiert: „Die Inzidenz bei Geimpften liegt bei 40 – und bei Ungeimpften bei über 900. Natürlich kann man sich trotz Impfen infizieren. Aber selbst dann schützt das Impfen vor schweren Krankheitsverläufen.“ Natalie Pfau-Weller sagt zur aktuellen Lage: „Man kann leider gar nichts mehr ausschließen – auch einen Lockdown nicht.“
Die Klassen sind an diesem Punkt gespalten. Während es der eine Schüler nicht einsieht, sich impfen zu lassen, fordert die andere Schülerin sogar einen Lockdown: „Wenn meine Nebensitzerin positiv getestet ist, muss sie sofort nach Hause gehen. Ich kann aber so lange in der Schule bleiben, bis auch bei mir irgendwann ein Test positiv ausfällt.“
Andreas Kenner spricht von einer „generellen Technikverweigerungshaltung“, die er immer wieder erkennen kann. Unter anderem deshalb hinke Deutschland in der Digitalisierung hinterher. Aber auch in der Mobilität ist es schwierig. In der Klasse 10c wäre keiner bereit, ein batteriebetriebenes Elektroauto zu kaufen. Für ein Brennstoffzellenfahrzeug könnte sich hingegen die Hälfte der Klasse erwärmen. Auch die Abgeordneten setzen als Grundbedingung voraus, dass der Strom für die E-Mobilität aus erneuerbaren Energien stammen muss.
Bei der Schnellfragerunde, in der sich alle drei Politiker für einen Kohleausstieg vor 2035 ausprechen oder auch fürs Wählen ab 16, wird es an manchmal schwierig, sich für ein klares Ja oder Nein zu entscheiden, ohne weitere Erklärungen dazu abzugeben. In der Schlussbewertung, die alle drei Klassen vornehmen – und in der sie viel Lob verteilen –, schreiben sie den Abgeordneten auch Wünsche ins Stammbuch. Und diese Wünsche zeigen, wo auch sonst häufig die Probleme beim Dialog zwischen Politik und Volk liegen: „Es wäre schön, wenn Sie detaillierter auf die Fragen eingehen würden und Ihre Aussagen besser auf den Punkt bringen würden.“
Die Abgeordneten nehmen das als berechtigte Kritik zur Kenntnis. Gelegenheit zum Üben werden sie auch weiterhin an der Freihof-Realschule bekommen: Das Format wird fortgesetzt.