Kirchheim
Powerfruit: Noch viel Arbeit bis zur richtigen Marktreife

Nachhaltigkeit Margarethe Schwartz möchte regionales Dörrobst vermarkten. Mit der Idee zu „Rosi’s Land – Iss von hier“ hat sie einen Preis gewonnen. Jetzt geht es ans Eingemachte: die Wirtschaftlichkeit. Von Thomas Zapp

Nachhaltigkeit spielt im Leben der Kirchheimerin Margarethe Schwartz eine große Rolle – schon lange bevor der Begriff so inflationär in Politik und Wirtschaft eingesetzt wurde, wie es derzeit der Fall ist. Die Enkelin eines Ötlinger Landwirts ist eine begeisterte Hobbyimkerin und beschäftigt sich schon länger mit dem Thema Streuobst. Ihre Idee: aus regionalen Ernten einen Powerfruit-Mix aus gedörrtem Obst und Nüssen ohne Zusätze herzustellen. „Für die hiesigen Früchte gibt es keine Wertschätzung“, hat sie festgestellt.

 

„Für regionale Früchte gibt es keine Wertschätzung.“
Margarethe Schwartz

 

Als sie im Frühjahr im Teckboten vom Workshop des Innovation Lab las, wo genau solche Ideen für eine nachhaltige Gestaltung der Zukunft gesucht wurden, meldete sie sich an. Der Workshop war eine Gemeinschaftsproduktion der Städte-Wirtschaftsförderer von Esslingen, Filderstadt, Kirchheim und Nürtingen sowie dem Regionalnetzwerk von „Baden-Württemberg connected“. Gemeinsam mit der Nürtingerin Daniela Horna entwickelte sie die Marke für „Rosi’s Land – Iss von hier“. Im regionalen Dörrobst als gesunder Snack oder Ergänzung für Müslis sieht sie eine Marktlücke. Familiäre Namensvorbilder gibt es übrigens nicht, „Rosi“ steht für regionale Tradition.

Nach mehreren Sitzungen und Wochen gab es dann ein konkretes Projekt, als Logo wurde der Kauz erkoren. Ich musste zum ersten Mal in meinem Leben eine Präsentation vor einer Jury und geladenen Gästen abhalten“, erzählt die 55-jährige Ötlingerin in ihrem Garten. Das machte sie so gut, dass sie prompt den Wettbewerb gewann und Anfang Oktober zur Ehrung in die „Futurebox“ der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt nach Nürtingen eingeladen wurde. Apropos Kauz: Der liegt ihr besonders am Herzen. Unter den Spielsachen ihrer Tochter fand sie nicht nur ein altes Stofftier. Außerdem hat sie mit ihrer Tochter Nistkästen für Kauze auf den Wiesen ihrer Großeltern aufgehängt – sinnigerweise im Gewann Kauz. 

Für die gelernte Industriefachwirtin heißt es aber nun, die nächsten Schritte zu gehen. Als erstes steht ein Kurs für Lebensmittelhygiene beim Esslinger Gesundheitsamt auf dem Programm. „Wenn ich in den Einzelhandel gehe, darf ich dabei keine Fehler machen“, sagt sie. Und dann gibt es noch das unangenehmere Thema: die wirtschaftlichen Zahlen. „Mein Mann will das Ganze mal durchrechnen, wahrscheinlich nimmt er alles auseinander“, sagt sie lachend. Da gibt es zum Beispiel den Dörrapparat im Keller, auf den sie von Hand geschnittene Apfelscheiben bei 38 Grad für elf Stunden erhitzen muss. Abgesehen vom Zeitaufwand kostet das auch Energie. „Langfristig ist die Idee, vom Strom wegzukommen“, sagt sie. Deswegen experimentiert sie mit einem Sonnenwachsschmelzer, in dem sie mit Solarkraft Wabenreste ihrer Bienenzucht wieder aufbereitet. Daraus werden dann Wabenplatten gemacht. 

Vortrag zur Fehlerkultur

Auf ihrem Tisch im blühenden Garten stehen noch andere nachhaltige Produkte, die sie ihn ihrem Alltag verwendet: Teelichter im Glas anstatt in Aluschalen, selbst gemachte Seife aus Ölen und Fett, selbst gemachter Quittensaft, selbst gemachte Wachstücher als Alufolienersatz und Orangenessig zum Reinigen mit alten Orangenschalen. Das gehört zu ihrem nachhaltigen Alltag, das Dörrobst soll aber ein nachhaltiges Geschäft werden, und dafür muss sie noch einige Prozesse optimieren. Denn draufzahlen möchte sie für ihre Idee nicht. 

Außer um Hygiene kümmert sie sich daher auch um Geschäftsstrategien und wie man mit Niederlagen umgeht. Der Vortrag „Shit happens“, den sie besucht hat, handelte etwa vom richtigen Umgang mit Fehlern. Das Netzwerk der Hochschule kann sie ebenfalls nutzen.

Das wird auch nötig sein: Als Ziel hat sie sich einen Stand auf den nächsten Nachhaltigkeitstagen in Kirchheim im September 2022 gesetzt, bis dahin soll es „Rosi’s Land“ auch in Tüten geben. Ein Jahr klingt viel, ist es aber angesichts der zahlreichen Herausforderungen nicht. Die Siegerprämie hat sie auch schon investiert: in Jungbäume. Ihr Start-up hat Margarethe Schwartz im wahrsten Sinne des Wortes auf langfristiges Wachstum angelegt.