Kirchheim
Pubertät: Es ist nur eine Phase

Kabarett Der Pädagoge und Comedian Matthias Jung bringt Teenie-Eltern zum Lachen und macht ihnen Mut.

Kirchheim. Was hilft, wenn am Ende der Geduld noch so viel Pubertät übrig ist? Eigentlich nur Humor. In der voll besetzten Auferstehungskirche Kirchheim hat der Diplom-Pädagoge, Comedian und Bestseller-Autor Matthias Jung sein Publikum vom ersten Moment an auf seiner Seite. Das schwankt zwischen Lachen und zustimmendem Seufzen, wenn Jung Anekdoten aus dem Alltag mit Jugendlichen zum Besten gibt. Großes Thema: Die Hygiene. „Es gibt Teenager, die sind nur im Bad. Und es gibt solche, die sind nie im Bad“, sagt er. Jung hat dazu eine Geschichte parat: Geht ein Mann ins Outdoor-Geschäft und sagt zum Verkäufer: „Ich suche was Wasserabweisendes“. Sagt eine Mutter: „Nehmen Sie meinen Sohn“. Gerade war das Kind noch schwer aktiv, rannte den ganzen Tag draußen rum. Plötzlich liegt es nur noch im Bett. „Eine Mutter hat mal zu mir gesagt: ‘Er reift’. Und es riecht auch genauso“, sagt Jung, der auf Einladung des Christlichen Familienzentrums nach Kirchheim gekommen ist.

Matthias Jung hat jede Menge Jokes auf Lager, aber er hat auch Ahnung davon, warum Teenager handeln, wie sie handeln. Während der Pubertät, so der Pädagoge, sei das Gehirn eine Baustelle. „Bis alle Synapsen verknüpft sind, handeln Teenager aus dem Bauch heraus“, bietet er als Erklärung dafür an, warum Jugendliche gerne Risiken eingehen, nicht weiterdenken, sich der Konsequenzen ihrer Handlungen häufig nicht bewusst sind. Dazu kämen die Hormone. „Das Schlafhormon Melatonin wird bei Teenagern zwei Stunden später ausgeschüttet als bei Erwachsenen. Das heißt, sie kommen morgens nicht aus dem Bett und werden abends nicht müde“. Wenn man um halb sieben aufstehen müsse, sei es bei den Teenies halb fünf. „Da bin ich auch nicht immer so gut gelaunt“.

Auch Stimmungsschwankungen seien Ergebnis der Hormonumstellung. „Eine Mutter hat mal zu mir gesagt, dass sie nie gedacht hätte, dass sie die Atemübungen aus dem Geburtsvorbereitungskurs zehn Jahre später nochmal braucht“, erzählt Matthias Jung. Augenrollen, Türenknallen – Teenie-Eltern brauchen häufig starke Nerven. Und die Fähigkeit, hinter das Verhalten zu gucken. „In dem Moment, in dem sie uns beleidigen, brauchen sie oft unsere Hilfe“, sagt Matthias Jung, der einmal mehr darum wirbt, die Jugendlichen ernst zu nehmen, zuzuhören und sich an seine eigene Pubertät zu erinnern. Allerdings sei nicht jede Beleidigung als Hilferuf zu verstehen: „Sie arbeiten sich auch ein bisschen an uns ab“.

Beliebtes Konfliktthema in der Pubertät ist das Thema Ordnung. „Ich bin neulich ins Zimmer meines Sohnes, da haben mir Ameisen eine Rettungsgasse gebildet“, sagt Jung. Eine Pizza „Vier Jahreszeiten“ heiße nicht so, weil sie ebenso lang im Zimmer bleiben solle. Ein Vater habe mal zu ihm gesagt: „Nach fünf Jahren Pubertät weiß ich gar nicht mehr, ob wir Teppich oder Laminat verlegt haben“. Jung rät dazu, beim Thema „Zimmer“ ein oder zwei Regeln aufzustellen. Das Schöne bei vielen Pubertätsthemen sei: „Irgendwann macht es ‘Klick’, und man ist durch.“ Für alle Eltern anstrengender Teenager hat Jung einen aufbauenden Satz im Gepäck: „Eure Teenager rebellieren nur, wenn sie sich geliebt fühlen. Ihr habt also alles richtig gemacht“. Antje Dörr