Kirchheim
Querdenker: Harter Kern bleibt aktiv

Corona Trotz des Wegfalls der meisten Maßnahmen treffen sich die Mitglieder der Szene auf Telegram und auf der Straße.

Kreis Esslingen. Viele sind es nicht mehr, die sich montags zu „Spaziergängen“ zusammenfinden. Während zu Hochzeiten hunderte von Menschen gegen die Corona-Maßnahmen auf die Straße gingen, sind es jetzt noch einige Dutzend – wenn überhaupt. Im Internet ist die Szene hingegen deutlich aktiver, beispielsweise in den Telegram-Gruppen „Vernetzung am Neckar“ und „Rebellentratsch Nürtingen“. Auch die Initiative „Lernen im Freien“ ist dort immer wieder Gegenstand von Posts. Der Gründer, Matthias Lebschy, tritt zwar selbst nicht in Erscheinung, aber Gruppenmitglieder posten in seinem Namen oder leiten Nachrichten weiter.

In den Telegram-Gruppen hetzen Mitglieder – eine Mischung aus Reichsbürgerinnen, Putin-Fans, Impfgegnerinnen und Esoterikern – gegen Politiker, verbreiten Verschwörungstheorien und Thesen der nach rechts abgewanderten Ex-Tagesschau-Sprecherin Eva Herrmann und schüren Angst vor den Folgen der Corona-Impfung. Auch „Der Teckbote“ ist immer wieder Ziel verbaler Attacken, beispielsweise in der Telegram-Gruppe „Rebellentratsch Nürtingen“. Anlass ist die Berichterstattung über die Initiative „Lernen im Freien“. „Früher hätte man die Nürtinger Zeitung und Teckbote zum Brennen gebracht“, heißt es beispielsweise am 4. April. Diese Aussage stammt von einem Mann, der unter dem Pseudonym F. K. schreibt. Der Klarname ist der Redaktion bekannt, weil F.K. in der Anfangszeit der Gruppe unter richtigem Namen auftrat.

Solche Äußerungen sind keine einmaligen Ausrutscher, sondern haben System. „Sollen kommen die 9mm steht bereit“, kommentierte F. K. am 7. Mai einen Post, in dem es um die Zulassung eines Omikron-Impfstoffs und die mögliche Einführung einer allgemeinen Impfpflicht ab Herbst ging. Oder: „Wäre ich Multimillionär. Hätte ich schon lange eine Privatarmee“. Und in der Telegram-Gruppe „Bündnis freier Menschen“ schrieb er: „Die Schweine sollen endlich hängen“. Gemeint sind Politikerinnen und Politiker, die Corona-Maßnahmen durchgesetzt haben. In einschlägigen Telegram-Gruppen wird häufig ein „zweites Nürnberg“, analog zum Kriegsverbrechertribunal gegen die Nazis, gefordert. Antje Dörr