Kirchheim
Reparaturen im Kirchheimer Kompostwerk ziehen sich hin​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​

Brand Im November 2023 hat ein Feuer erheblichen Schaden in der Anlage in Kirchheim angerichtet. Weil die Stromversorgung gekappt wurde, steht sie seither still. Es dauert noch Wochen, sie wieder zum Laufen zu bringen. Und teuer wird es auch. Von Elke Hauptmann

Bei einem Feuer am frühen Morgen des 28. November vergangenen Jahres im Kompostwerk in Kirchheim wurde die Technik in der Rottehalle beträchtlich in Mitleidenschaft gezogen. Das Gebäude selbst wurde kaum beschädigt. Die genaue Schadenssumme steht nach Angaben der Betriebsgesellschaft noch nicht fest, gerechnet wird mit einem höheren sechsstelligen Betrag. Die seither stillgelegte Anlage, ein Kooperationsprojekt der Kreise Esslingen und Böblingen, fällt für längere Zeit aus. Denn die Reparaturen sind umfangreicher als ursprünglich erwartet, sagt die Sprecherin der Kreisverwaltung Esslingen, Andrea Wangner.

Brandschäden sind weitestgehend beseitigt

Die Brandursache war ein Kurzschluss in der unter dem Dach der Rottehalle verlegten Hauptstromleitung. Brennende Teile fielen auf das darunter liegende Förderband, das durch die Flammen zerstört wurde. Die Steuerungstechnik und die gesamte Stromversorgung sind seither nicht mehr betriebsbereit. Inzwischen sind laut Wangner die Brandreste an verschiedenen Stellen der Anlage entfernt und die durch das Löschwasser verursachten Schäden weitestgehend beseitigt. Über eine Notstromversorgung ist es möglich, dass auch mit der Instandsetzung der Anlage begonnen werden konnte.

 

Die Kosten für die Instandsetzung der Elektrik werden in die Hunderttausende gehen.
Andrea Wangner, Sprecherin der Kreisverwaltung

Eines der beiden je 200 Meter langen Förderbänder, die in der riesigen Rottehalle den Biomüll in die sogenannten Mieten verteilen, ist so stark beschädigt worden, dass es komplett ausgetauscht werden muss. Das andere Band kann indes repariert werden. Allein die Neuanschaffung des zerstörten Förderbandes schlägt laut Wangner mit Kosten von etwa 35 000 Euro zu Buche. Für die notwendigen begleitenden Arbeiten wird noch einmal ein Betrag in gleicher Höhe erforderlich.

Mehrere Kilometer Kabel verlegt

Die verbrannten Teile des Förderbandes wurden bereits vollständig entfernt. Die Rollen, auf denen es läuft, wurden demontiert und überprüft. Was noch brauchbar war, ist aufgearbeitet worden. Als nächster Schritt steht nun die Lackierung des Metallgestells an, dazu muss es zuvor sandgestrahlt und grundiert werden, erläutert Wangner. „Diese Arbeiten laufen aktuell. Dann werden die überarbeiteten und neuen Rollen montiert, bevor Ende dieses Monats das eine Band erneuert und das andere geflickt wird.“

Sorgen bereitet jedoch die Elektrik. „Diese ist in weiten Teilen der Anlage komplett zerstört und muss ausgetauscht oder zum Teil komplett neu verlegt werden“, berichtet die Sprecherin der Kreisverwaltung. Der Austausch werde viel Zeit beanspruchen, schließlich seien mehrere Kilometer Kabel zu verlegen. „Hier rechnen wir mit mindestens sechs bis acht weiteren Wochen“, räumt Wangner ein. Ausschlaggebend werde sein, wie viele Handwerker gleichzeitig so kurzfristig aktiviert werden könnten.

Teuer wird es ebenfalls: „Die Kosten nur für die Instandsetzung und den Austausch der Elektrik wird in die Hunderttausende gehen.“ Doch es gibt keine Alternative: „Wir müssen die Anlage wieder zum Laufen bringen“, betont Wangner. Nicht nur, weil es keine andere Möglichkeit gebe, fast 6000 Tonnen Material, das derzeit noch in der Rottehalle liegt, herauszubekommen. Sondern auch, um ein Großprojekt umsetzen zu können: Schon vor dem Brand war geplant, die Verfahrenstechnik komplett zu erneuern. Laut Wangner läuft die europaweite Ausschreibung schon seit Mitte vergangenen Jahres, die Vergabeentscheidung soll in diesem März fallen. Der Baubeginn ist für Anfang 2025 terminiert, die Arbeiten werden fast ein Jahr in Anspruch nehmen.

Dass das einzige Kompostwerk des Kreises Esslingen seit Wochen stillsteht, bedeutet nicht, dass die Mitarbeiter nichts zu tun haben. „Für das Personal an der Waage, am dortigen Recyclinghof und auch für die Radlader-Fahrer läuft der Betrieb normal“, sagt Wangner. Man nutze zudem die Gelegenheit, geplante Revisionsarbeiten vorzuziehen, soweit diese ohne reguläre Stromversorgung und Anlagensteuerung möglich seien. „Dazu zählt zum Beispiel die Aufarbeitung des Becherwerks an einem der zwei Schaufelräder.“

Der Biomüll wird in Nachbarkreise gebracht

Auch die Biomüllentsorgung läuft laut dem Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB) des Landkreises Esslingen ohne Einschränkungen weiter: Die Leerung der braunen Tonnen erfolgt im üblichen Winter-Rhythmus einmal wöchentlich. Die Sammelfahrzeuge der beiden beauftragten Entsorgungsunternehmen steuern nach wie vor das an der Autobahn 8 gelegene Kompostwerk Kirchheim an, wo der Bioabfall umgeschlagen wird: Die Radlader beladen derzeit jedoch nicht das Förderband, sondern Lastwagen, die das Material anschließend zu anderen Anlagen bringen. Die vorübergehende Entsorgung des Bioabfalls in benachbarten Landkreisen ist freilich nicht zum Nulltarif zu haben. „Abhängig von der Dauer der Reparatur rechnen wir mit einem kleinen bis mittleren sechsstelligen Betrag allein für die Ersatzverwertung“, sagt  Wangner.

Biomüllentsorgung im Kreis Esslingen

Kompostwerk: In Kirchheim können seit der Inbetriebnahme des Kompostwerkes 1996 jährlich bis zu 60 000 Tonnen Biomüll und Grünschnitt verarbeitet werden. Daraus entstehen in einem sechs- bis achtwöchigen Verrottungsprozess ganz ohne chemische Zusätze jährlich um die 18 000 Tonnen Qualitätskompost, der preisgünstig an Endverbraucher verkauft wird.

Gesellschafter: Das Kompostwerk ist ein Kooperationsprojekt der Landkreise Esslingen und Böblingen: Esslingen ist mit 65 Prozent Esslingen an der Betriebsgesellschaft beteiligt, Böblingen mit 35 Prozent.

Perspektiven: Seit 2005 arbeiten beide Kreise auch bei der Vergärung von Biomüll zusammen. Derzeit entsteht in Leonberg eine neue Anlage, die 2025 in Betrieb genommen werden soll. Esslingen wird künftig mehr als die Hälfte seines Biomülls zur Energiegewinnung beisteuern und erhält im Gegenzug den anfallenden Gärrest zur Kompostieren. Das Kirchheimer Kompostwerk wird bis 2026 ertüchtigt: Die gesamte Maschinentechnik in der Rottehalle wird für mehr als 20 Millionen Euro erneuert. eh