Kirchheim
Saxophone brillieren im orchestralen Glanz

Musik Nach zwei Jahren Auszeit begeistert das Tübinger Saxophon-Ensemble in der Christuskirche mit Kompositionen von Wolfgang Amadeus Mozart, Edward Elgar und George Gershwin. Von Hans-Günther Driess

Es war faszinierend, mit welchem orchestralen Glanz die vierzehn Musikerinnen und Musiker des Tübinger Saxophon-Ensembles ihre Instrumente erstrahlen ließen. Unter der Leitung des Kirchheimer Dirigenten Harry D. Bath beeindruckten sie mit spieltechnischem Können, gefühlvollen Interpretationen und perfektem Zusammenspiel. Bath führte sein Ensemble dabei souverän, mit klarer Zeichengebung und feinem Gespür für Stil und Ausdruck der jeweiligen Werke.

Wie ein prachtvolles Eingangsportal erklingt die Ouvertüre der Oper „Die Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart, in der das Ensemble demonstriert, dass es in Sachen Klangfarbe und Volumen einem Sinfonieorchester in nichts nachsteht. Die edle Welt der Freimaurer wird gespiegelt in den berühmten drei Akkorden und den weihevollen Klängen der langsamen Einleitung, ehe das Motiv der Königin der Nacht mit präzisen Fugato-Einsätzen geradezu in einen Spielrausch mündet. Die markante Artikulation der wilden Tonrepetitionen verdeutlicht sehr treffend den boshaften Charakter der Rachegöttin.

Der Charakterisierung von Personen widmet sich auch der britische Komponist Edward Elgar in seinen bekannten „Enigma-Variationen“. Enigma heißt griechisch „Rätsel“ und demgemäß gibt die Moderatorin des Abends Judith Schäfer nach dem Erklingen der Variationen erhellende Informationen zu deren Inhalt. Die erste Variation spielt auf Elgars Frau Alice an. Aufgrund der hellen Klangfarbe, des fröhlichen Duktus‘ und der entspannt dahinfließende Musik kommentiert Judith Schäfer: „Er hatte als liebender Ehemann ein gutes Verhältnis zu seiner Frau“. Virtuosität mit rasanten Tonleiterkaskaden erinnern in der zweiten Variation an den Klavierstil eines Freundes des Komponisten, in einer weiteren Variation stürzt ein Mann in einen Raum, um lautstark seine Anordnungen zu verkünden. Das Ensemble meistert mit Bravour die Darstellung unterschiedlicher Ausdrucksebenen – von skurril bis wütend, von zärtlich bis sinnierend  und nutzt dazu die ganze Bandbreite.

Zum humoristischen Kabinettstückchen wird die Vertonung der Bulldogge Dan des Organisten Sinclair, die fast in einem reißenden Fluss ertrinkt und dann doch noch das rettende Ufer erreicht. Plastisch zeichnet die Musik die Szene nach und die Musiker sind sichtlich involviert in den dramatischen Rettungsvorgang, indem sie den Allegro-molto-Satz sowohl mit furiosen aufstrebenden Skalen als auch gestisch durch Pump-bewegungen kulminieren lassen, was frenetischen Beifall der Zuhörerinnen und Zuhörer auslöst. Herrliche Musik bietet die achte Variation „Nimrod“, die bekannteste des Zyklus‘. Sie atmet Ruhe, gefällt mit filigran wechselnden Klangfarben und malt mit sanft dahinströmender Melodik ein typisch romantisches Stimmungsbild.

In der Oper „Porgy and Bess“ von George Gershwin werden ebenfalls Personen über die Musik charakterisiert. Der Komponist strebt dabei ein Crossover zwischen Jazz und klassischer Musik an. Sehr schön gelingt „Summertime“ in der Originalversion vor allem durch das Solo der Sopransaxofonistin Sabine Pfister. Nicht fehlen dürfen die Hits „I Got Plenty o‘ Nuttin‘, das locker musiziert zum Genießen anregt und vom Schicksal der afroamerikanischen Bevölkerung in amerikanischen Slums ebenso ablenkt wie der Ohrwurm „It Ain’t Necessarily So“. In einem der schönsten Liebesduette, „I Love You Porgy“, glänzen Sabine und Rainer Pfister im musikalischen Dialog zwischen Sopran- und Baritonsaxofon. Den begeisternden Schlusspunkt setzt Judith Schäfer als Vokalsolistin mit der zweiten Zugabe - nochmals Gershwins „Summertime“ in einem modernen Arrangement.