Kirchheim

Schuldunfähig, aber brandgefährlich

Prozess Ein psychisch kranker 25-Jähriger soll für den Tod eines 69-Jährigen in der Medius-Klinik in Kirchheim verantwortlich sein. Die Schwurgerichtskammer verhandelt den Fall. Von Bernd Winckler

Beim Brand in der Klinik starb ein 69 Jahre alter Mann. Zudem entstand ein immenser Sachschaden.Archivfoto: Carsten Riedl
Beim Brand in der Klinik starb ein 69 Jahre alter Mann. Zudem entstand ein immenser Sachschaden. Archivfoto: Carsten Riedl

Am Abend des 20. Januar dieses Jahres begann es im Patientenzimmer 4402 in der psychiatrischen Abteilung der Kirchheimer Klinik zu brennen. Ein Pfleger berichtet im Stuttgarter Zeugenstand, dass der dabei entstandene Rauch undurchdringlich war und man einen im Bett liegenden Patienten nicht mehr habe retten können. Der Staatsanwalt geht davon aus, dass der 25-jährige Angeklagte mit Tötungsabsicht das Feuer mit einem Feuerzeug gelegt hat. Dazu habe er insgesamt drei Betten angezündet. Der 69-jährige Mann, der dabei ums Leben kam, sei wegen einer Krankheit nicht in der Lage gewesen, sich selbst zu retten. Er war erheblich gehbehindert und besaß nicht die Kraft, das Bett zu verlassen. Durch Rauch und Hitze sei er ums Leben gekommen, sagt die Anklage. Die Anklage geht von einem „heimtückischen Mord mit gemeingefährlichen Mitteln, Brandstiftung, Sachbeschädigung, Mordversuch und gefährlicher Körperverletzung“ aus.

Doch der Beschuldigte ist nach vorläufiger Einschätzung der Strafverfolgungsbehörde wegen einer eigenen paranoiden Schizophrenie absolut schuldunfähig, bilde aber eine Gefahr für die Allgemeinheit. Festgestellt wurde, dass er bereits vor drei Jahren wegen einer psychischen Krankheit in der Kirchheimer Klinik behandelt worden war. So sei er im Dezember letzten Jahres erneut wegen einer auffälligen Aggressivität von seinen Eltern in die Klinik gebracht worden, sagt ein Pfleger im Zeugenstand, weist aber darauf hin, dass damals von ihm noch keine Fremdgefahr ausgegangen sei. Der psychiatrische Sachverständige, den die Richter am gestrigen ersten Verhandlungstag befragten, weil der Beschuldigte selbst keinerlei Angaben macht, bescheinigt ihm ebenfalls eine hochgradige Schizophrenie. Er sei äußerst angriffslustig, habe Angst vor der Nahrung, die angeblich vergiftet sei - und er höre fremde Stimmen, die ihm Befehle erteilen: Unter anderem solle er laut den Stimmen sich selbst und andere Menschen umbringen. Nach seiner Aufnahme in der Kirchheimer Klinik habe er vor allem weibliches Personal beleidigt und sexuell belästigt. Er habe geäußert, dass er den Ehemann einer Frau beseitigen werde. Und nach dem Wissen des Pflegers soll der Beschuldigte sich auch einmal in das Bett eines weiblichen Patienten gelegt haben.

Bei dem Feuer in der Medius-Klinik war ein Inventarschaden in Höhe von 130 000 Euro entstanden, dazu noch weitere 12 000 Euro durch Raucheinwirkungen in den Zimmern und Fluren. Durch das rasche Eingreifen der alarmierten Wehren aus Kirchheim und den umliegenden Gemeinden mit rund 200 Mann wurde das Schlimmste verhindert. Alle übrigen Patienten konnten unverletzt evakuiert werden. Auch der Angeklagte blieb unverletzt. Lediglich zwei Klinikmitarbeiter erlitten leichte Rauchvergiftungen. Über eine längere Zeit war das Gebäude nicht mehr nutzbar und musste erst aufwendig renoviert werden.

Der Prozess gegen den 25-Jährigen ist vom Stuttgarter Landgericht zunächst auf fünf Verhandlungstage terminiert. Zwei Sachverständige und zahlreiche Zeugen sollen vernommen werden. Heute wird der Prozess fortgesetzt. Die Entscheidung des Gerichts soll am 25. Juli gefällt werden.