Kirchheim

Seit 70 Jahren aktiv in Sachen Mode

Geburtstag Hermann Bantlin wird morgen 90 – und ist nach wie vor jeden Tag in dem Laden in der Max-Eyth-Straße anzutreffen, den er 1970 unter seinem eigenen Namen übernommen hatte. Von Andreas Volz

Hermann Bantlin ist auch mit 90 Jahren noch täglich im gleichnamigen Kirchheimer Modegeschäft anzutreffen.Foto: Carsten Riedl
Hermann Bantlin ist auch mit 90 Jahren noch täglich im gleichnamigen Kirchheimer Modegeschäft anzutreffen.Foto: Carsten Riedl

Am morgigen Mittwoch wird Hermann Bantlin 90 Jahre alt. Am 11. April 1928 kam er im Wächterheim zur Welt. Zwei Jahre darauf wurde in Kirchheim das Modehaus Pfirrmann gegründet. 40 Jahre später sollte er dieses Geschäft übernehmen und es unter seinem eigenen Namen zum führenden Haus für Damenoberbekleidung in Kirchheim machen.

Erst einmal standen aber ganz andere Erfahrungen an: Prägend für seine jungen Jahre war der Zweite Weltkrieg. Zunächst hat er den sieben Jahre älteren Bruder Karl im Krieg verloren, und ganz am Ende musste er selbst einrücken. Er war noch keine 17 Jahre alt. Hermann Bantlin hat jeden einzelnen Tag gezählt: „49 Tage war ich Soldat, und danach kam ich in französische Gefangenschaft - für drei Jahre und 16 Tage.“

Ganz am Ende des Gesprächs kommt er noch einmal auf diese Zeit zurück: „In Gefangenschaft ist es mir vier oder sechs Wochen schlecht gegangen, ansonsten immer gut.“ In Frankreich sei er zum Fachmann fürs Bauhandwerk geworden: „Maler, Glaser, Gipser, Schreiner, ich habe alles gemacht, auch noch das Elektrische.“

Zurück in Kirchheim, hat er als 20-Jähriger zunächst im elterlichen Kohlenhandel ausgeholfen, den einer seiner Brüder übernommen hatte. Für Hermann Bantlin musste also etwas anderes her. Ein Onkel führte in Esslingen ein Textilgeschäft. Über ein Praktikum in Ulm und erste Einsätze in Läden in Esslingen und Reutlingen kam Hermann Bantlin auf die Textilfachschule nach Nagold und hat die Familientradition begründet, dort zu lernen.

Am längsten sollte er in Schwäbisch Gmünd bleiben. „Da war es am besten und am schönsten“, sagt er und bezieht sich dabei wohl nicht nur auf die Arbeit. Schließlich lernte er dort auch seine Frau Inge kennen: „Ich habe aus dem Geschäft, in dem ich gearbeitet habe, gleich die Fleißigste mitgenommen“, erzählt er verschmitzt. 1961 wurde geheiratet. 1970 kam der Sprung in die Selbstständigkeit: „Durch meine Chefs in Gmünd habe ich erfahren, dass in Kirchheim ein Laden frei wird.“

Damals war Pfirrmann schon an derselben Stelle in der Max-Eyth-Straße wie heute noch das Modehaus Bantlin. Und doch war alles anders: „Ich hatte zwei Stuben im ersten Stock. Unten waren eine Apotheke und eine große Passage.“ 1975 konnte Hermann Bantlin das Haus kaufen, 1980 auch die Räume der Apotheke übernehmen. Trotzdem sei die ganz große Expansion erst gekommen, als er sich schon in die Rente verabschiedet hatte. 1990 war sein Sohn Karl-Michael ins Geschäft eingestiegen. „Ein Jahr später habe ich ihm schon alles übergeben, und seither arbeite ich nur noch im Hintergrund“, erzählt der Senior.

Die Erweiterung um das benachbarte Wirtshaus „Fass“ erfolgte 1998 bereits unter der Regie von Karl-Michael Bantlin, ebenso die Übernahme weiterer Läden in Kirchheims Innenstadt. Hermann Bantlin hat deswegen aber nicht die Hände in den Schoß gelegt: Wie seine Frau, ist er bis heute regelmäßig im Laden anzutreffen.

Er hat sich im Ruhestand aber auch um sonstige Arbeiten stärker gekümmert: „Haus, Hof, Garten, Wiesen“. Weitere Beschäftigungen waren Kegeln und Skifahren. Beides hat er erst vor wenigen Jahren aufgegeben, wenn auch noch nicht ganz: „Wenn ich bei den Keglern vorbeischaue, schicken die mich gleich wieder zum Schreiben an die Tafel.“ Und das Skifahren? „Alpin bin ich gefahren, bis ich 87 war. Jetzt bin ich nur noch auf den Langlaufbrettern unterwegs.“

Zufrieden blickt er auf die vergangenen neun Jahrzehnte zurück. Das Wichtigste: „Die Familie ist intakt.“ Aber nicht nur mit seiner Frau, zwei Kindern und vier Enkeln will Hermann Bantlin seinen Ehrentag begehen, sondern auch mit vielen weiteren Gästen: „Wir feiern das in größerem Rahmen.“