Kirchheim

Senioren fahren besser als gedacht

Verkehr Ältere Autofahrer sind laut ADAC besser als ihr Ruf. Sie punkten mit langjähriger Erfahrung im Straßenverkehr und profitieren von innovativen Fahrassistenzsystemen. Von Daniela Haußmann

Mobilität ist Lebensqualität. Für ältere Menschen ist das Auto eine große Erleichterung im Alltag. Trotzdem sorgen die hinterm Steuer sitzenden Senioren immer wieder für kontroverse Diskussionen. Erfahrung, Besonnenheit und ein sicherheitsorientierter Fahrstil kompensieren nach ADAC-Angaben mögliche Leistungseinbußen. Eine Hochrisikogruppe stellen die Senioren aus Sicht des Automobilclubs nicht dar.

2015 verschuldeten laut Statistischem Bundesamt rund 210 000 Autofahrer einen Unfall mit Personenschaden. Junge Erwachsene verursachten deutlich mehr Kollisionen als die Altersgruppe der über 65-Jährigen. 2015 war den Statistikern zufolge jeder fünfte Autofahrer, der einen Zusammenstoß mit Personenschaden verschuldete, zwischen 18 und 24 Jahre alt, während von den 65- bis 74-Jährigen nur jeder dreizehnte einen solchen Crash verursachte. Das gleiche Ergebnis weist die Statistik für Fahrer aus, die 75 Jahre und älter sind. Ab dem 70. Lebensjahr nimmt dem ADAC zufolge der Anteil der Autofahrer als Unfallverursacher bezogen auf ihre Fahrleistung zu, erreicht absolut jedoch nicht die Zahl der Fahranfänger.

Für eine unfallfreie Teilnahme am Straßenverkehr ist laut Reimund Elbe nicht das Lebensalter entscheidend, sondern der Gesundheitszustand und die Fähigkeit, Risiken richtig einzuschätzen. Viele Senioren sind dem Pressesprecher des ADAC Württemberg zufolge bis ins hohe Alter aktiv und halten sich körperlich fit. Das wirkt sich positiv auf den Erhalt der Leistungsfähigkeit im Straßenverkehr aus. Trotzdem rät Elbe, Warnsignale ernst zu nehmen. „Einen schlechten Tag hinterm Steuer erlebt jeder einmal, der kleine Fehler beim Ausparken kann vorkommen“, erklärt er. „Überwiegen die schlechten Tage allerdings, sollten Angehörige reagieren und Betroffene sich selbstkritisch mit ihrer Fahrtauglichkeit auseinandersetzen.“ Senioren können von Fahrerassistenzsystemen profitieren. Ein Tempomat mit Abstandswarner und automatischer Bremsung kann nach Meinung von Elbe eine altersbedingt verminderte Reaktionsfähigkeit ausgleichen, die Rückfahrkamera hat hier ebenfalls Vorteile. Allerdings rät Reimund Elbe, elektronische Zusatzeinrichtungen beim Fahrzeugkauf bedarfsorientiert auszuwählen: „Die Assistenzsysteme sollen weder zu einer Ablenkung noch zu einer Reizüberflutung führen.“

Zu einer verantwortungsbewussten und sicheren Mobilität im Alter zählt für Gabriele Rieker vom Lenninger Verein „Unser Netz“, dass Senioren nicht nur den Beipackzettel ihrer Medizin studieren. Laut der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) hat eine repräsentative Umfrage ergeben, dass rund zwei Drittel aller Autofahrer ab 65 Jahren regelmäßig Arzneimittel einnehmen. Bei den über 75-Jährigen sind es sogar 77 Prozent. Rieker gibt daher zu bedenken, dass „oft nicht ein einzelnes Medikament, sondern die Kombination sich negativ auf die Fahrtauglichkeit auswirken kann“.

Schwindel, Konzentrationsschwäche oder verschwommenes Sehen können nach der Einnahme mehrerer Medikamente auftreten. „Betroffene Autofahrer sollten deshalb mit ihrem Hausarzt über alle Arzneimittel sprechen, die sie einnehmen, auch die frei verkäuflichen“, rät Rieker, für die sich „so sicherstellen lässt, dass die Fahrtüchtigkeit nicht leidet“. Kommt darüber hinaus ein Arzt zu dem Schluss, dass eine Person nicht mehr zum Führen eines Fahrzeuges geeignet ist, empfiehlt Reimund Elbe, den medizinischen Rat nicht zu ignorieren. „Ärzte unterliegen zwar auch gegenüber Behörden der Schweigepflicht. Besteht aber eine akute ‚gegenwärtige‘ Gefahr für das Leben anderer, darf der Mediziner die Verkehrsbehörden informieren, wenn der Betroffene weiter hinterm Steuer sitzt.“ Die eigene Sicherheit, aber auch die der übrigen Verkehrsteilnehmer sollte hier klar im Vordergrund stehen.