Kirchheim

Solidarität heißt dieses Jahr: „Abstand halten“

Gewerkschaft Der DGB ruft zum ersten Mal seit seiner Gründung nicht zur 1.-Mai-Demonstration auf.

1. Mai-Kundgebung in Kirchheim. Archivfoto: Carsten Riedl
1. Mai-Kundgebung in Kirchheim. Archivfoto: Carsten Riedl

Kirchheim. Dieses Jahr ist alles anders, auch der 1. Mai - denn es gibt keine Kundgebungen des DGB. Das betrifft in der Region auch die Veranstaltungen in Esslingen, Göppingen, Nürtingen und Kirchheim. Trotzdem gibt es ein Programm zum 1. Mai und auch im Vorfeld unter dem Motto: Solidarisch ist man nicht alleine - mit Anstand Abstand halten!

Auch die Gewerkschaften sehen sich mit einer neuen Situation konfrontiert, der man nur mit Solidarität begegnen könne. Jetzt könne und müsse man solidarisch Leben retten. Deshalb habe man sich schweren Herzens dazu entschlossen, Demonstrationen und Maikundgebungen abzusagen.

DGB-Regionsgeschäftsführer Bernhard Löffler meint: „In diesen Tagen gilt: Ob Pfleger, Ärzte, Kassierer im Supermarkt, die Einsatzkräfte bei Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten, die Beschäftigten bei Ver- und Entsorgungsdiensten, LKW- und Bus-Fahrer oder das Zugpersonal - sie alle verdienen unseren Respekt und unsere Solidarität. Wir alle müssen uns jetzt dafür einsetzen, dass ihre Arbeit angemessen gewürdigt wird und sie anständige Arbeitsbedingungen und bessere Entlohnung bekommen.“ Die Solidarität der Gesellschaft bräuchten aber auch diejenigen, die von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie besonders betroffen sind, die um ihre Existenzgrundlage fürchten. Löffler warnt davor, die Situation zu missbrauchen und Arbeitnehmerrechte einzuschränken. Beim Hochfahren der Wirtschaft sei Besonnenheit und Umsicht gefragt. Generell müsse gelten: Gesundheit geht vor Umsatz.

„Solidarisch ist man nicht alleine“ gelte auch mit Blick auf Europa. Der Virus kennt keine Grenzen. Deshalb müssen die Regierungen der Europäischen Union eng zusammenarbeiten und ihre Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie miteinander abstimmen. Dazu sagt Gerhard Frank, Vorsitzender des DGB-Kreisverbandes Esslingen-Göppingen: „Wir werden es nicht zulassen, dass der Kampf gegen das Coronavirus den Nationalisten in die Hände spielt und sich zum Spaltpilz für das geeinte Europa entwickelt.“ Dass das Kurzarbeitergeld angehoben werde, sei ein Teilerfolg der Gewerkschaften, auch wenn man sich darauf nicht ausruhen dürfe. Auch bei der Wohnungssituation habe die Kampagne #KeineRäumung während Covid-19 mit dazu beigetragen, dass niemand während der Pandemie auf die Straße gesetzt worden sei.

Aufwertung bestimmter Berufe

Martin Auerbach, im DGB-Kreisvorstand und aktiv im Ortsverband Esslingen, ergänzt zur Pflegesituation: „Gut ist, dass in dieser schrecklichen Krise erkannt wird, dass die systemrelevanten Berufe hierdurch eine Aufwertung erfahren und wir nach der Krise schauen müssen, dass den Kollegen beispielsweise in der Altenhilfe die Prämien erhalten bleiben.“ Pikant an den Prämien sei, dass diese für Beschäftigte von Diakonie und Caritas wegen des kirchlichen Arbeitsrechts nicht gelten.

Auch die Diskussion darüber, dass es nicht zielführend war, aus Krankenhäusern Wirtschaftsbetriebe zu machen, wird vonseiten der Gewerkschaft begrüßt. Zum Glück könne man für den Landkreis sagen, dass die Kliniken noch unter der Kontrolle von Stadt- und Kreisräten seien.

Es sei zwar noch nicht abzusehen, wann die Pandemie besiegt ist, aber wichtig sei schon jetzt, das Zeichen zu setzen: Die Kos­ten der Krise dürften nicht die Arbeitnehmer tragen. Auch dafür werde man am 1. Mai 2020 - digital und auf den Balkonen - sichtbar streiten. pm

 

Die Aktionen des DGB am 1. Mai beginnen mit einem Livestream ab 10 Uhr auf der Facebook-Seite des DGB Baden-Württemberg. Ab 11 Uhr be­ginnt das Programm des Bundes-DGB, bei dem auch viele Künstler wie Mia und Konstantin Wecker auftreten. Zudem werden Fotos von Transparenten an Balkonen gesammelt, die auch in der Quarantäne Solidarität beweisen.