Kirchheim
Spektakuläre Varini-Show wird verabschiedet

Finissage Drei Monate lang zog die Installation von Felice Varini die Blicke der Passantinnen und Passanten in der Kirchheimer Fußgängerzone auf sich. Jetzt wird abgebaut. Von Kai Bauer

Andrea Pfister, Besucherin der Stadtbücherei Kirchheim ist begeistert. Zufällig entdeckte sie die Vorbereitungen für die Uraufführung des Films zum Projekt „Douze points pour six droites – Zwölf Punkte für sechs Geraden“ von Felice Varini im Foyer der Bücherei und gesteht: „Ich war überrascht, dass eine relativ kleine Stadt wie Kirchheim zu so einem internationalen Künstler kommt.“

Nach drei Monaten hat sich am Samstag die Stadt Kirchheim von dieser spektakulären Kunstaktion mit einer Finissage in der Max-Eyth-Straße 

 

Wenn ich in eine
Stadt komme, gehört sie mir.
Felice Varini weist darauf hin, dass eine Stadt ein Ort ist, der allen gehört, ganz ohne hierarchische Besitzverhältnisse.

 

offiziell verabschiedet. Professor Florian van het Hekke, Mitglied des Kunstbeirats, dankte in seiner Einführung den zahlreichen Helfern, Mitarbeitern, Förderern und Sponsoren. Oberbürgermeister Dr. Pascal Bader sprach ein Grußwort. Er hatte am Donnerstag bei einer Veranstaltung den Baden-Württembergischen Ministerpräsidenten zu Gast gehabt. Winfried Kretschmann zeigte offenbar großes Interesse, die Installation von Felice Varini selbst zu sehen. „Er war unheimlich begeistert“, berichtete Pascal Bader und erzählt: „Er hat es gleich, wie ich finde, richtig erkannt und gesagt, es schafft einen ganz neuen Blick auf Altgewohntes.“ Dieser neue Blick auf vieles, was uns vertraut war, sei etwas, das in Zeiten großer Veränderungen besonders wichtig ist.

Am Montag, 30. Januar, beginnt das französische Klettererteam von Felice Varini mit dem Rückbau der speziell für das Projekt entwickelten Silberstreifen, die über Wände und Dächer in der Max-Eyth-Straße gezogen wurden und eine strahlenartige Struktur bilden.

Im Anschluss an die Reden wurde in der Stadtbücherei eine Dokumentation des Filmemachers Martin Mannweiler uraufgeführt. Der Film zeigt die vorbereitenden Arbeiten des Teams von Varini, das mit Hubsteigern, nächtlichen Lichtprojektionen, Leitern und Kletterausrüstung das Konzept des Künstlers in die Realität umsetzte. Begleitet werden die Szenen, die auch beeindruckende Aufnahmen von Drohnen über der Stadt zeigen, von einem Interview mit dem Künstler: „Mir ging es um den Bezug zum bebauten Raum, darum, vor Ort selbst etwas zu machen“, erläutert Felice Varini.

Zwei Tage sei er durch die Stadt gestreift, um herauszufinden, an welchem Punkt er sich am wohlsten fühlte, mit dem Blick auf einen Teil der Stadt ohne Grünflächen. „Ich wollte etwas, wo der Hintergrund eher mineralisch, architektonisch ist“, erläutert der Künstler, der sich immer noch als Maler sieht. Er habe sich in der Sicht auf die Max-Eyth-Straße zwölf Punkte ausgesucht und diese durch sechs Geraden verbunden. Diese Linien kreuzten sich und bekamen eine Art Strahleneffekt: „In Kirchheim schien es mir am passendsten, auf das Stadtbild mit all den Fachwerkhäusern (...) eine andere Art von Linien einzuführen, um konstruktiv in einen direkten Dialog mit der Architektur zu treten.“ Die Komplexität der Stadt, der Materialien, des dreidimensionalen Raumes entstehe, weil sie ein Ort ist, der allen gehört. „Es gibt keine hierarchischen Besitzverhältnisse. „Wenn ich in eine Stadt komme, gehört sie mir“, so der Künstler gegen Ende des Films.

Nach dem Abbau wird das Projekt nur noch als Dokumentation auf Postkarten, in Katalogen und im Film zu sehen sein. Und es wird als Erinnerung und Legende im kollektiven Gedächtnis der Kirchheimer Bevölkerung und ihrer Besucherinnen und Besucher bleiben, die Gelegenheit hatten, es selbst erkennen und betrachten zu können. Ab Donnerstag, 2. Februar, wird die filmische Dokumentation des Stadtprojekts von Felice Varini in der Lounge der Stadtbücherei bis Anfang März während der üblichen Öffnungszeiten zu sehen sein. Der Kunstbeirat bereitet ebenfalls eine Präsentation auf YouTube vor.

Nähere Informationen finden Interessierte unter
www.staedtischegaleriekirchheim.com