Wand, Decke und Boden sind in Gelb gehalten. Ansonsten gibt es viele Rohre, Kessel, Motoren - und ein leises Dauerbrummen. Der Raum im Steingau-Quartier kann sicher nicht als Inbegriff der Gemütlichkeit gelten. Aber er ist unerlässlich, um in rund 400 Wohnungen für Behaglichkeit zu sorgen, vor allem jetzt in der Winterszeit: Inmitten der vielen Gelbtöne haben die Stadtwerke Kirchheim ihre Heizzentrale für das gesamte Quartier untergebracht. Von dort aus geht die Nahwärme in rund 50 Gebäude, und nebenher wird auch noch Strom erzeugt.
Oberbürgermeister Pascal Bader kommt bei der Besichtigung regelrecht ins Schwärmen: „Das ist ein Zukunftsmodell. Wir schauen jetzt, ob sich so etwas auch in anderen Wohn- oder Gewerbegebieten umsetzen lässt.“ Insofern sei die Heizzentrale in der Rosa-Heinzelmann-Straße ein „wichtiger Meilenstein“ auf dem Weg hin zu integrierten Stadtwerken.
Zwei Blockheizkraftwerke erzeugen Wärme und Strom. „Wir erreichen hier einen Wirkungsgrad von 95 Prozent. Das ist eine tolle Geschichte“, zeigt sich auch Martin Zimmert, Geschäftsführer der Stadtwerke, begeistert von der neuen Anlage. Je zur Hälfte wird mit Erdgas und mit Biomethan gearbeitet. „Biomethan ist ungefähr drei Mal so teuer wie Erdgas“, sagt Oberbürgermeister Bader. „Aber dadurch werden wir wenigstens zur Hälfte CO2-neutral.“ Für Spitzenlastzeiten gibt es noch einen zusätzlichen Gaskessel.
„Wichtig für die Zukunft ist hier gar nicht so sehr die Erzeugung von Kraft und Wärme, sondern das Netz, mit dem wir die Wärme verteilen“, stellt Martin Zimmert fest. „Das Netz bleibt uns nämlich erhalten. Und über dieses Netz können wir auch noch in 20 oder 30 Jahren die Wärme verteilen - wenn wir die Heizungsanlage vielleicht schon längst erneuert und durch eine noch effizientere Erzeugung ersetzt haben.“
Die Leitungslänge im Steingau-Quartier beträgt 350 Meter. Mit Vor- und Rücklauf sind das 700 Meter. Hinzu kommen noch insgesamt zwei Kilometer Ringleitungen in den jeweiligen Tiefgaragen, von denen aus die Wärme in die Technikräume der einzelnen Gebäude gelangt.
Überwachung rund um die Uhr
Die Überwachung der Anlage erfolgt automatisch, rund um die Uhr. „Da steckt viel Messtechnik drin“, erläutert Mark Hedderich, der zuständige Projektleiter der Stadtwerke. Alle Daten werden gesammelt und direkt an die Stadtwerke übertragen. „Wir können in Echtzeit verfolgen, ob alles richtig läuft.“ Selbst ein mögliches Leck lässt sich dank der unterschiedlichen Messungen schnell erkennen und auch lokalisieren.
Ein Problem im Anfangsstadium ist die unterschiedliche Bauabwicklung im Quartier, wie Martin Zimmert berichtet: „Die einen beziehen die Wärme schon ganz normal, die anderen sind noch gar nicht angeschlossen und die dritten brauchen die Wärme für die Bautrocknung.“ Und dann gebe es während der Bauzeit noch das Phänomen, dass jemand Wasser braucht und sich dabei versehentlich am chemisch reinen Wasser der Heizanlage bedient: „Dann geht unser Gerät sofort auf Störung - und wir sind am Springen.“
Diese Schwierigkeit wird sich legen, wenn alle Wohnungen bezogen sind. Dann zeigt sich auch, ob die Heizanlage vorausschauend an alle Erfordernisse angepasst werden konnte, die bei ihrer Planung noch gar nicht bekannt waren. Im Idealfall laufen die Motoren der Anlage gleichmäßig durch und erfüllen dabei den Bedarf an Wärme. Produzieren sie zu viel Wärme, wird stattdessen Strom erzeugt. Produzieren sie zu wenig, kommt der Spitzenlastkessel zum Einsatz. Nicht zu vergessen sind die Pufferspeicher, die 12 000 Liter Wasser fassen. 1,9 Millionen Kilowattstunden Wärme soll die Anlage im Endausbau liefern.
Ihren Strombedarf deckt die Heizanlage über die eigene Erzeugung. Überschüssiger Strom wird ins öffentliche Netz eingespeist. „Das ist wie bei einer PV-Anlage“, meint Mark Hedderich. Martin Zimmert begeistert sich abschließend noch für das „Rundumsorglospaket für die Nutzer“. Diese bekämen ihre Wärme direkt ins Haus geliefert - ohne sich um irgendetwas kümmern zu müssen.