Seit die Ständige Impfkommission (Stiko) ihre Empfehlung für die Booster-Impfung überarbeitet hat, verabreichen Hausärztinnen und -ärzte rund um die Teck wieder mehr Spritzen gegen Covid. Zunächst war die Impfung nur Immungeschwächten empfohlen worden. „Jetzt sollen auch über 70-Jährige, Pflegeheimbewohner unabhängig vom Alter, Pflege-Personal und medizinisches Personal die Impfung erhalten“, sagt Dr. Wolf-Peter Miehe, Weilheimer Hausarzt und Vorsitzender der Ärzteschaft Nürtingen. Voraussetzung ist in aller Regel, dass die letzte reguläre Covid-Impfung sechs Monate zurückliegt. „Das erweitert den Kreis natürlich erheblich“.
Dass die Stiko eine dritte Impfung mit einem mRNA-Impfstoff nun auch weiteren Personengruppen empfiehlt, leuchtet dem Mediziner ein. „Gerade ist ein Artikel über eine israelische Studie im New England Journal erschienen, die einen klaren Nutzen für die über 60-Jährigen zeigt“, sagt Wolf-Peter Miehe. Die Stiko begründet ihre aktualisierte Empfehlung damit, dass der Impfschutz mit der Zeit insbesondere in Bezug auf die Verhinderung asymptomatischer Infektionen und milder Krankheitsverläufe nachlasse. „Im höheren Alter fällt die Immunantwort nach der Impfung insgesamt geringer aus und Impfdurchbrüche können häufiger auch zu einem schweren Krankheitsverlauf führen“, so die Stiko. Unabhängig vom Alter wird Menschen, die sich mit dem Vakzin Janssen haben impfen lassen, eine mRNA-Impfstoffdosis frühestens vier Wochen nach der Erstimpfung empfohlen. Gemeint ist der Impfstoff, der unter dem Namen Johnson & Johnson bekannt ist. Als Grund nennt die Stiko die vergleichsweise geringe Wirksamkeit des Vakzins gegen die dominierende Delta-Variante.
Anfragen für die dritte Impfung, nicht nur von Immungeschwächten, hatten Miehe und seine Kollegen „schon die ganze Zeit“ erhalten. Viele Ärzte hatten es jedoch abgelehnt, Menschen aus Alters- oder Bevölkerungsgruppen zu impfen, für die die Stiko noch keine Empfehlung ausgesprochen hat. „Viele von den ganz früh Geimpften sind in die Impfzentren oder zum Impfbus gegangen“, weiß Wolf-Peter Miehe. Als Grund für die Zurückhaltung der Hausärzte nennt Miehe fehlende Rechtssicherheit. „Ich weiß nicht, was ein Richter sagen würde, wenn etwas passiert und ich eine nicht von der Stiko empfohlene und nicht zugelassene Impfung verabreicht habe“, sagt er. Er persönlich habe es nicht gut gefunden, sich „in dieser aufgeregten Diskussion außerhalb des Zulassungsbereiches zu bewegen“. Am Ende müsse aber jeder Arzt seine individuelle Therapieentscheidung treffen.
Was die Impfung weiterer Bevölkerungs- oder Altersgruppen angeht, rät Wolf-Peter Miehe dazu, die wissenschaftlichen Entwicklungen abzuwarten. „Wir halten uns an die Stiko-Empfehlung“, betont der Mediziner. Bei jüngerem medizinischen Personal, das aufgrund von „Hauspolitik“ schon relativ früh geimpft worden sei, sei teilweise sehr hohes Fieber aufgetreten. Die dritte Impfung scheine reaktiver zu sein. „Auch das kann zu Komplikationen führen“, sagt der Hausarzt.
In Impfbussen gibt’s den Pieks auch für unter 70-Jährige
Die Ärztinnen und Ärzte in den Impfbussen orientieren sich an der Empfehlung des Landes, nicht nach der der Stiko. „Die aktuelle Empfehlung vom Land lautet, allen über 60-Jährigen die Booster-Impfung zu verabreichen“, sagt Marc Lippe, Geschäftsführer der Malteser Bezirk Neckar-Alb, die die Impfbusse im Kreis Esslingen betreiben. Den aktuellen Fahrplan des Impfbusses finden Interessierte auf der www.landkreis-esslingen.de. adö