Kirchheim
Stubentiger suchen ein neues Zuhause

Haustiere Im Kirchheimer Tierheim in den Siechenwiesen tummeln sich viele Katzen. Tierheimleiterin Sandra Nebe erwartet sogar einen „üblen Monat“. Von Katharina Daiss

Schnurrend um Frauchens Beine streichen, Stadt oder Dorf – oder wenigstens den Balkon – unsicher machen und täglich ein Näpfchen mit Liebe zubereitetes Futter: Die sprichwörtlichen sieben Leben einer Katze können so schön sein. Doch nicht jedem Stubentiger ist dieses Glück vergönnt. Zu viele wachsen verwildert auf, einige verlieren ihr Zuhause, weil ihre Familie umziehen muss oder die Bezugsperson gar verstirbt, und ein paar wenige leben unter so schrecklichen Umständen, dass sie vor ihren Besitzern gerettet werden müssen.

Zu letzterer Kategorie gehören Puma und Tiger. „Die beiden kommen aus einem Alkoholikerhaushalt“, erklärt Sandra Nebe. Sie leitet das Kirchheimer Tierheim, in dem die beiden Kater untergekommen sind. Ende April rückte der Räumungstrupp auf Anweisung des Gerichts bei den Besitzern der beiden Katzen an. Eine Nachbarin half, den pechschwarzen Puma und seinen getigerten Leidensgenossen einzufangen und zum Tierschutzverein in den Siechenwiesen zu bringen. Die Tierheimleiterin betont, dass die früheren Besitzer der beiden Kater keine bösen Menschen seien – sie haben aber die beiden Tiere, für die sie die Verantwortung tragen, vernachlässigt. Eine Folge der Verwahrlosung ist, dass sich ein so hartnäckiger Zahnstein gebildet hat, dass die Zähne auszufallen drohen. Sandra Nebe hofft, dass die beiden die Siechenwiesen gemeinsam verlassen können.

Ob Qualzucht oder vernachläs­sigte Schmusekatze: In den Kirchheimer Siechenwiesen finden die Vierbeiner einen sicheren Ort, um zu Kräften zu kommen. Fotos: Carsten Riedl

 Ganz anders erging es Bärle. Der grau-weiße Schmusekater lebte bei einer älteren Frau, die ihn sehr liebte. Er durfte sich nach Strich und Faden verwöhnen lassen, wurde gestreichelt, gekrault und geherzt – bis sein Frauchen nicht mehr in der Lage war, sich um ihr Bärle zu kümmern. Sandra Nebe und ihre Kolleginnen geben ihr Bestes, um den Bedürfnissen des anhänglichen Katers gerecht zu werden, doch ein liebevolles Zuhause können sie nicht ersetzen. 

Loki hingegen wurde von seinen Besitzern freiwillig ins Tierheim gebracht. Er stöhnt leise, kann sich kaum bewegen. Seine umgeknickten Ohren zeigen, woran der Kater leidet: „Er ist ein Scottish Fold.“ Die charakteristisch geknickten Ohren „verdankt“ diese Rasse einer unheilbaren Erbkrankheit, die zu schmerzhaften Schäden von Knochen und Knorpeln im ganzen Körper führt. Weil das kaputte Knorpelgewebe das Gewicht der Ohrmuschel nicht tragen kann, kippen die Ohren nach vorn. Es gibt zu viele Menschen, die das niedlich finden. „Er hat eine gekrümmte Wirbelsäule, hat permanent Schmerzen und liegt nur rum“, berichtet Sandra Nebe. „Es ist eine reine Qualzucht, aber die Leute beschäftigen sich nicht ausreichend damit“, sagt die Kirchheimer Tierheimleiterin.

Das Sommerfest naht

Auf der Homepage und den Social-Media-Seiten des Tierschutzvereins halten Sandra Nebe und ihre Kolleginnen Interessierte über die Bewohner des Tierheims auf dem Laufenden. Einmal pro Woche stellen sie die Katzen und Kaninchen, die in den Siechenwiesen untergebracht sind, im „Kirchheimer Markt“ vor. Die Tierheimleiterin hofft, für alle Bewohner ein Zuhause zu finden. Von den Menschen, die im Tierheim nach einem flauschigen Mitbewohner suchen, wünscht sie sich, dass sie das „Tier Tier sein lassen“ und es in der neuen Umgebung erst einmal ankommen darf. „Geduld heißt das Zauberwort.“

„Alle Katzen sind entwurmt, geimpft, kastriert, registriert“, sagt die Tierheimleiterin. Doch sie befürchtet, dass im Juni nur wenig Interesse an einem Tier aus ihrer Obhut besteht: „Viele sind im Urlaub. Das wird ein übler Monat“, befürchtet sie. Vielleicht, hofft die engagierte Frau, ändert sich das bis zum Sommerfest. Am Samstag, 16. Juli, lädt das Tierheim zum Gucken, Erzählen und Kennenlernen in die Bohnau bei den Kleintierzüchtern ein. „Was viele noch immer nicht wissen: Wir sind seit Jahren nicht mehr im einstigen Bauhofareal“, betont Sandra Nebe.