Kirchheim

Sünder müssen tiefer in die Tasche greifen

Strafe Der neue Bußgeldkatalog ist in Kraft getreten und härter denn je. Falschparkern und Rasern droht neben einer saftigen Geldstrafe schneller ein Fahrverbot. Von Lena Bautze

Das Halten oder Parken auf dem Radweg kann nicht nur teuer werden, es droht auch ein einmonatiges Fahrverbot. Foto: Jean-Luc Jac
Das Halten oder Parken auf dem Radweg kann nicht nur teuer werden, es droht auch ein einmonatiges Fahrverbot. Foto: Jean-Luc Jacques

Ein bisschen zu schnell mit dem Auto unterwegs, ein Stückchen zu nah aufgefahren, einen Moment zu spät über die Ampel gefahren - und schon hagelt es Punkte. Der neue Bußgeldkatalog, der Ende April in Kraft getreten ist, hat es in sich.

Wer tendenziell unter einem Bleifuß leidet, muss künftig schneller mit einem Fahrverbot rechnen. Überschreiten Fahrer im Ort die vorgegebene Geschwindigkeit um 21 Kilometer pro Stunde (km/h), kommt neben einem Bußgeld von 80 Euro und einem Punkt auch ein Monat Fahrverbot dazu. Früher lag die Grenze noch bei 31 Kilometern. Noch drastischer ist es außerorts, da ging das Fahrverbot vor der neuen Regelung erst ab 41 Kilometer zu schnell los. Jetzt muss man seinen Führerschein schon bei einer Überschreitung von 26 Kilometern abgeben. Außerdem verdoppelten sich die Geldbußen bis zu einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 20 Kilometern. Das stößt bei vielen auf Unverständnis. „Das seit Jahrzehnten bewährte Gleichgewicht aus Geldbußen, Punkten und Fahrverboten geht somit verloren“, betont Dieter Roßkopf, Vorstandsvorsitzender des ADAC Württemberg.

Kritik richtet sich dabei vor allem an die politische Adresse. Verkehrsminister Andreas Scheuer rudert bereits zurück und will einige Regelungen wieder entschärfen. Einige Strafen seien „unverhältnismäßig“ und das „Gerechtigkeitsempfinden“ der Autofahrer solle wiederhergestellt werden. Doch bis die Überarbeitung des überarbeiteten Bußgeldkatalogs fertig ist, wird es mindestens bis Herbst dauern. Aus Sicht des ADAC wäre jedoch eine schnellere Klärung nötig. „Andernfalls befürchten wir eine große Verwirrung bei den Autofahrern und eine Flut von Einsprüchen“, sagt Die­ter Roßkopf.

Die öffentliche Hand freut sich derweil, spült doch jeder Verstoß Geld in die coronabedingt klammen Kassen von Bund, Ländern und Gemeinden, je nachdem, wer das Knöllchen ausgestellt hat.

Bürger verhalten sich normal

Die Stadt merkt indes noch keine Veränderung. „Momentan kann man noch nicht sagen, ob es mehr oder weniger Vergehen gibt“, sagt Robert Berndt, Leiter des Sachgebiets Öffentlichkeitsarbeit.

Die Frage nach der Akzeptanz der Kontrollen durch die Polizei lässt sich ebenfalls nicht mit einem eindeutigen Ja oder Nein beantworten: „Es gab schon immer Leute, die bei einer Kontrolle die Arbeit der Polizei als Schikane empfanden und den Sinn der polizeilichen Arbeit in Abrede stellen“, sagt Martin Raff vom Polizeipräsidium Reutlingen. Auf der anderen Seite erlebt die Polizei aber auch immer wieder, „dass zum Beispiel Anwohner viel befahrener Straßen oder Ausflugsstrecken Kontrollen sehr begrüßen und teilweise mehr Kontrollen fordern.“ Grundsätzlich lässt sich aber sagen, „dass zwar niemand gerne ertappt wird, aber überwiegend Verständnis für die polizeiliche Arbeit besteht und die Verkehrsteilnehmer schon auch genau wissen, dass sie es durch ihr eigenes Verhalten in der Hand haben, ob sie beanstandet werden oder nicht“.

Weitere Verordnungen

Wer bei Unfällen keine Rettungsgasse bildet, zahlt 200 Euro Bußgeld und kassiert zwei Punkte in Flensburg. Zudem gibt es auch noch einen Monat Fahrverbot. Deutlich härter werden Fahrer bestraft, die durch die Rettungsgasse fahren oder hinter Einsatzfahrzeugen fahren: Hier drohen mindestens 240 Euro, zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot.

Ein Bußgeld von 55 Euro und bei Behinderung sogar 70 Euro plus ein Punkt werden fällig beim Halten in zweiter Reihe, Parken auf Geh- und Radwegen oder Halten auf Schutzstreifen für den Radverkehr.

Kommunen können künftig Fahrradzonen einrichten.

Kraftfahrzeuge müssen beim Überholen auf der Fahrbahn ab sofort einen Mindestabstand zu Radfahrern, Fußgängern und E-Scootern halten. Außerorts sind das mindestens zwei Meter, innerorts 1,5 Meter. Vorher war lediglich ein „ausreichender Seitenabstand“ vorgeschrieben.

Die Verwendung von Apps auf Smartphones und Navigationsgeräten, die auf Blitzer aufmerksam machen, ist ab sofort genauso verboten wie die Nutzung von Radarwarnern. Benutzer zahlen 75 Euro, wenn sie erwischt werden. Außerdem gibt es einen Punkt.

Inlineskater werden wie Fußgänger behandelt und müssen auf einem Gehweg fahren. Auf der Straße dürfen sie nur fahren, wenn es weder einen Gehweg noch einen Seitenstreifen gibt. leba