Was für ein Wandel: von der Apotheke zum Tafelladen. Was auf den ersten Blick große Unterschiede aufweist, hat durchaus auch Parallelen. Der Standort in der unteren Max-Eyth-Straße ist gut erreichbar - einst für die Kunden der Apotheke, heute für die Kunden des Tafelladens. Eine weitere Gemeinsamkeit zwischen Vorgänger- und Nachfolgenutzern ist die Unsicherheit, wie lange der Mietvertrag noch gilt. War der Apotheke gekündigt worden, weil das Gebäude zum Verkauf stand, hängt nun auch über dem Tafelladen das Damoklesschwert des Eigentümerwechsels.
„Wenn wir da kurzfristig raus müssten, hätten wir ein großes Problem“, sagt Klaus Rau. Er ist Leiter der Stabstelle des DRK-Kreisverbands. Das Deutsche Rote Kreuz betreibt den Kirchheimer Tafelladen, der sich über Spenden finanziert. Klaus Rau freut sich über den Glücksfall, im Gebäude des Stadtkinos untergekommen zu sein. Dafür ist er den derzeitigen Eigentümern ausgesprochen dankbar: „Die sind uns da sehr entgegengekommen und haben gesagt, bevor die Räume leerstehen, räumen sie uns lieber günstige Konditionen ein.“ Ohne Sonderkonditionen würde es gar nicht gehen.
Die Tafel ist nicht kostendeckend
„Auch wenn die Lebensmittel gespendet werden, kann man keine große Miete zahlen“, erklärt Klaus Rau. „Verschenken wollen wir die Lebensmittel nicht, das dürfen wir auch gar nicht.“ Trotzdem reichen die Einnahmen aus dem Verkauf nicht annähernd, um die Kosten zu decken - Miete, Strom, Wasser, hauptamtliche Geschäftsführung. Alle anderen, die im Tafelladen tätig sind, arbeiten ohnehin auf ehrenamtlicher Basis.
Seit 14 Monaten ist der Tafelladen nun schon am derzeitigen Standort: „Als Corona angefangen hat, mussten wir sogar kurz schließen“, erzählt Klaus Rau. „In Kirchheim was Bezahlbares zu finden, in passender Lage, ist alles andere als leicht.“ Das Technische Zentrum in der Henriettenstraße, das als Zwischenlösung fungiert hatte, liege eher ungünstig. Außerdem befindet es sich im Umbau. Zum Standort Max-Eyth-Straße sagt Klaus Rau: „Besser geht’s nicht.“
Das bestätigt Peter Schiewe, der hauptamtliche Leiter der Tafel: „Der Standort ist wirklich gut. Wir sind zu hundert Prozent zufrieden.“ Optimal wäre es, „wenn wir diesen Standort behalten könnten“. Die Kritik von außen, dass es eine Zumutung für seine Kunden sei, vor den Augen der Öffentlichkeit vor dem Tafelladen anstehen zu müssen, kann er nicht teilen. Die Menschen sind froh über das Angebot, zumal der Laden gut erreichbar ist. Um die hundert Kunden hat der Tafelladen, Tendenz steigend. Die Gründe für den zunehmenden Bedarf seien allerdings „nur schwer zu ermitteln“, sagt der „Mann vor Ort“.
Der SPD-Landtagsabgeordnete Andreas Kenner berichtet aus der Landesarmutskonferenz: „Dort ist das Credo, dass die Leute ruhig sehen dürfen, dass es andere gibt, die berechtigt sind, im Tafelladen einzukaufen.“ Es gebe also keinen Grund, einen Tafelladen zu verstecken. Für Kirchheim sei es ein großes Plus, dass es die Tafel hier überhaupt noch gibt: „Viele andere Tafelläden im Land mussten wegen Corona schließen.“
Was könnte die Schließung der Kirchheimer Tafel verhindern? Derselbe Gedanke, der auch das Stadtkino als Veranstaltungsort bewahren soll: Die Stadt müsste ihr Vorkaufsrecht ausüben und das Gebäude kaufen. Das Grundstück in zentraler Lage würde nicht an Wert verlieren, auch wenn Tafel und Kino vorerst weiterbetrieben werden wie gehabt. In beiden Fällen würde das zur Instandhaltung beitragen: Der Tafelladen würde die klemmende Tür richten, wenn er noch mindestens drei Jahre dort vor sich hätte, und im Stadtkino würde Pächter Michael Holz den Vorhang der Bühne wieder auf Vordermann bringen - damit nach dem Lockdown wieder Bands in Kirchheim spielen können. Unter gelockerten Pandemie-Regeln könnte das Stadtkino hundert Besucher mit dem gebührenden Abstand fassen - die Bastion nur 33, gerade mal ein Drittel.