Kirchheim

Tanzend für eine Welt ohne Gewalt

Aktionstag Kirchheim beteiligt sich zum ersten Mal an der Kampagne „One Billion Rising“ gegen Gewalt an Frauen. Hunderte Menschen waren gestern bei der Tanz-Demo vorm Rathaus dabei. Von Bianca Lütz-Holoch

One Billion Rising Flashmob von Frauen weltweit gegen Gewalt, findet in Kirchheim vor dem Rathaus statt.
One Billion Rising Flashmob von Frauen weltweit gegen Gewalt, findet in Kirchheim vor dem Rathaus statt.

Video: Bianca Lütz-Holoch

Eine Viertelstunde lang verwandelte sich der Platz vorm Kirchheimer Rathaus gestern in eine riesige Tanzfläche: Rund 200 Frauen, aber auch einige Männer und Kinder tanzten zum Song „Break the Chain“ - Spreng die Ketten - von Tena Clark; noch einmal so viele schauten den Tanzenden dabei zu.

 

Auch wenn kurzzeitig regelrecht Partystimmung in der Innenstadt herrschte - der Hintergrund war ein ernster: Die Kirchheimer Frauenliste hatte dazu aufgerufen, sich mit einer Tanz-Demo am weltweiten Aktionstag „One Billion Rising“ zu beteiligen und ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen zu setzen - mit Erfolg: „Ich bin überwältigt von der großen Resonanz“, sagt Jeanette Fink, Mitglied der Kirchheimer Frauenliste und Initiatorin der Aktion. Angesichts der gelungenen Premiere steht für Mitorganisatorin Monika Maier-Bachmann fest: „Nächstes Jahr am 14. Februar sind wir wieder beim One-Billion-Rising-Aktionstag dabei.“

Auf der ganzen Welt gehen am Valentinstag Menschen auf die Straße, um tanzend gegen Gewalt an Frauen und Mädchen zu protestieren und für Gleichberechtigung zu demonstrieren. Mehr als eine Milliarde Frauen weltweit werden im Laufe ihres Lebens Opfer von physischer oder psychischer Gewalt. Angesicht dieser Zahl hat die New Yorker Künstlerin und Feministin Eve Ensler 2012 die Kampagne „One Billion Rising“ - eine Milliarde erhebt sich - ins Leben gerufen. Immer mehr deutsche Städte beteiligen sich daran, in diesem Jahr zum ersten Mal auch Kirchheim als bislang einzige Stadt in der näheren Umgebung.

Schon Ende vergangenen Jahres hatten die Mitglieder der Frauenliste zur Teilnahme an der Tanz-Demo aufgerufen und bei der Stadtverwaltung, in Tanzschulen und Fitnessstudios die Werbetrommel gerührt. Vielerorts wurden Übungstermine angeboten, im Rahmen derer Interessierte die - weltweit immer gleiche - Choreografie einüben konnten.

„Es ist toll, dass auch ganz viele junge Menschen dabei waren“, sagt Dr. Silvia Oberhauser, Fraktionsvorsitzende der Kirchheimer Frauenliste. Gerade für jüngere Menschen sei ein Tanz-Flashmob ein gutes Mittel, sich auszudrücken. „Die Herangehensweise, ein wichtiges, ernstes Thema auf solch schöne Weise publik zu machen, finde ich gut“, lobt auch Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker.

Der Tanz-Flashmob war gleichzeitig die Auftaktveranstaltung zu den Frauenkulturtagen in Kirchheim, die noch bis zum 23. März andauern.

Große Resonanz: Zahlreiche Frauen, aber auch Männer und Kinder hatten die Choreografie für die Tanz-Demo einstudiert.Fotos: Jean
Große Resonanz: Zahlreiche Frauen, aber auch Männer und Kinder hatten die Choreografie für die Tanz-Demo einstudiert.Fotos: Jean-Luc Jacques

Drei Fragen an Dr. Silvia Oberhauser

1. Gewalt gegen Frauen - ist das ein großes Problem in Deutschland?

Leider ja! Das ist, wie zuverlässige Statistiken zeigen, kein Randphänomen. 40 Prozent der Frauen in Deutschland haben seit ihrem 16. Lebensjahr körperliche und oder sexuelle Gewalt erlebt. 42 Prozent psychische Gewalt wie Einschüchterungen, Drohungen, Psychoterror.

2. Ist das der Grund, warum sich die Frauenliste am Aktionstag beteiligt?

One Billion Rising ist eine weltweite Aktion, der wir uns ganz bewusst angeschlossen haben, um darauf aufmerksam zu machen, was Frauen täglich überall auf der Welt erleiden. Gerade auch im Krieg, auf der Flucht und in frauenfeindlichen Regimen.

3. Kann ein Tanz-Flashmob denn etwas bewirken?

Ein Thema öffentlich zu machen und damit ins allgemeine Bewusstsein zu holen, bewirkt immer etwas. Vielleicht nicht in diesem Augenblick und nicht sofort an dieser Stelle. Aber schauen wir nur, was die #Metoo-Debatte bereits bewirkt hat. Und es geht ja auch darum, den Frauen, die Opfer von Gewalt werden, zu zeigen: „Du bist nicht allein, und es ist uns nicht egal, was da mit dir passiert.“