Kirchheim

Und am Ende wird alles gut – fast

Theater Ebenezer Scrooge ist ein geiziger, unglücklicher Mann. Und er hasst Weihnachten. Das soll sich ändern, als er Geistern begegnet. Von Ulrich Staehle

Viele Rollen, wenig Schauspieler: Die Kirchheimer Gruppe „Saugut“ setzt in der Bastion auf fliegende Wechsel. Fotos: Carsten Rie
Viele Rollen, wenig Schauspieler: Die Kirchheimer Gruppe „Saugut“ setzt in der Bastion auf fliegende Wechsel. Fotos: Carsten Riedl

Zu den klassischen Texten zur Weihnachtszeit zählt „Christmas Carol“ von Charles Dickens. Das „Weihnachtslied in Prosa“ wird nicht nur vorgelesen, es wurde verfilmt, auch als Comic, und es wird auf der Bühne gespielt, auch in der Bastion einmal in Person von Brian Barnes, der alle Rollen selbst spielte. Und das auf Englisch. Dieses Jahr hingegen wird deutsch gesprochen. Es spielt die Kirchheimer Theatergruppe „Saugut“.

„Saugut“ erzählt die Weihnachtsgeschichte – die Geschichte von Scrooge, einem egoistischen und einsamen Menschen, der selbst zur Weihnachtszeit zu keiner Gefühlsregung angesichts von Leid und Elend fähig ist. Bis ihm Geister erscheinen. Zuerst sein ehemaliger Geschäftspartner, dann Geister der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft, die ihm einen Spiegel vorhalten. Fazit: Scrooge führt in seiner Geldgier ein verpfuschtes Leben.

Scrooge hat sämtliche menschlichen Verbindungen, sogar zu seiner Braut, dem Mammon geopfert. Angesichts dieser traurigen Bestandsaufnahme kann es – wie beim „Kleinen Lord“ – nicht anders gehen, als dass der alte Mann bereut und ab jetzt nur Gutes tut. Alles wird zur Weihnachtszeit gut.

Theaterspielen im Kellergewölbe der Kirchheimer Bastion hat Vor- und Nachteile. Der Raum hat Atmosphäre, ist aber eng und hat keine Auf- und Abgangsmöglichkeiten. Die Regisseurin Monika Wieder macht aus der Not eine erfindungsreiche Tugend: Die acht Spieler sitzen „eingefroren“ im Hintergrund mit dem Rücken zum Publikum, mit einer Requisitenkiste unter dem Stuhl.

Wenn sie in einer der Vielfachrollen „dran“ sind, haben sie sich ausgestattet, und es ist nicht weit zu ihrem Auftritt im Bühnenvordergrund. Wenn nötig, wird durch einen Bilder- und durch einen Fensterrahmen gespielt, der im Hintergrund kurzfristig hochgehoben wird. Die Requisiten und Kostüme der Akteure sind auf das Nötigste reduziert. Bei Rollenwechseln spielt der Wechsel der Kopfbedeckung oftmals eine entscheidende Rolle.

So nimmt also die Geschichte um Scrooge einen zügigen Verlauf, gespielt von Laien, überwiegend weiblich, von denen aber jeder durch sein Engagement ein Lob verdient. Ein bisschen gewöhnen muss man sich an die Gestalt des Scrooge.

Äußerlich wirkt der Darsteller Joachim Roth mit seiner wallenden Haarpracht eher wie Kleists Prinz von Homburg und nicht wie ein alter und hässlicher Mann, der, wie von ihm gesagt wird, „Zähne zeigt, knurrt, brummt und grunzt“. Doch Roth beherrscht souverän die Szene aus seinem dicken Sessel im Vordergrund heraus. Einwenden kann man, dass die Spielvorlage nicht etwas mehr gekürzt wurde. Doch insgesamt sieht man eine gelungene Theaterveranstaltung.

Wird wirklich alles gut, „saugut“? Nein. Die Theatertruppe wird sich auflösen. Monika Wieder, die die Proben im Mehrgenerationenhaus seit fünf Jahren geleitet hat, kann die Aufgabe zeitlich nicht mehr erfüllen. Das ist bedauerlich, man denke nur an den Nutzen des Theaterspiels für die Akteure und das Publikum bei Produktionen wie „Keine Leiche ohne Lily“. Zum Abschied seien die einsatzfreudigen Spielerinnen und Spieler genannt: Außer Joachim Roth sind es Monika Costabel, Lena Fränzel, Lena Gelfert, Marion Hermann, Julia Neidhardt, Matthias Pflüger und Gerda Streicher.

Info Wer die Kirchheimer Schauspieltruppe „Saugut“ vor ihrem Abschied noch einmal sehen und sich in Weihnachtsstimmung versetzen lassen möchte, hat dazu noch die Gelegenheit am kommenden Sonntag, 6. November, nachmittags um 15 Uhr (freier Eintritt) und in der Abendvorstellung um 19 Uhr.

Viele Rollen, wenig Schauspieler: Die Kirchheimer Gruppe „Saugut“ setzt in der Bastion auf fliegende Wechsel. Fotos: Carsten Rie
Viele Rollen, wenig Schauspieler: Die Kirchheimer Gruppe „Saugut“ setzt in der Bastion auf fliegende Wechsel. Fotos: Carsten Riedl
Viele Rollen, wenig Schauspieler: Die Kirchheimer Gruppe „Saugut“ setzt in der Bastion auf fliegende Wechsel. Fotos: Carsten Rie
Viele Rollen, wenig Schauspieler: Die Kirchheimer Gruppe „Saugut“ setzt in der Bastion auf fliegende Wechsel. Fotos: Carsten Riedl