Kirchheim
Unverpackt-Laden „Eigenhändig“ kommt in neue Hände

Einzelhandel Kirchheims erster Laden ohne Plastikverpackungen wechselt die Besitzerin. Von Krise aber keine Spur: Gründerin Nadja Schoser betont, dass das Geschäft in Kirchheim gut laufe, weil sie einiges anders gemacht hat als andere. Von Thomas Zapp

In der Krise wird zuerst am Essen gespart, liest und hört man vielerorts. Das hat Nadja Schoser in ihrem Kirchheimer Unverpackt-Laden „Eigenhändig“ aber nur bedingt gespürt. „Die Hobby-Einkäufer kommen weniger“, sagt sie und meint damit die Gelegenheitskunden, die aus Neugierde immer mal wieder ein paar unverpackte Artikel kaufen. Dafür habe sie aber bei der treuen Kundschaft festgestellt, dass sie teilweise noch mehr kauft. Und die machen immerhin 85 Prozent aus. Sie ist zudem überzeugt, dass sich trotz oder wegen der Krise neue Märkte geöffnet haben.

Das mag auch daran liegen, dass die durch die Energiekrise bedingten Preissteigerungen auf Trockenwaren noch nicht richtig durchgeschlagen haben. „Wir verkaufen weder Milch- noch Fleischprodukte“, sagt sie. Und Plastikmüll zu vermeiden, sei nach wie vor eine große Motivation für viele, das habe die Krise sogar noch verstärkt und sorge für wachsende Warenkörbe mit unverpackten Produkten. „Es gibt viele überzeugte Wiederholungstäter“, sagt sie augenzwinkernd. 

Besonders bewährt hätten sich in ihrem Kirchheimer Geschäft die veganen und biologischen Snacks zur Mittagszeit, in denen Köchin Yvonne Wagner neben frischem Gemüse auch Zutaten aus dem Laden verwendet. „Das ist eine coole Kombination“, freut sie sich. Auch hätten die Begleitangebote wie Kurse und Seminare viel aufgefangen und die Kundschaft an das Geschäft gebunden.

Nicht zuletzt sei Kirchheim ein attraktiver Standort, in dem genügend Menschen unverpackt einkaufen „können und wollen“. Deswegen kann sie guten Gewissens ihrer Nachfolgerin Laura Bäßler das Geschäft übergeben. Die Stuttgarterin kam zu ihrem Traumjob mehr oder weniger durch Zufall. „Ich war Stammkundin bei einem Unverpackt-Laden in Sillenbuch, und deren Besitzerin erzählte mir, dass die Besitzerin des Kirchheimer Geschäfts eine Nachfolgerin sucht“, erzählt sie. Es hatte aber einige Zeit und erneute Erwähnungen gebraucht, bis sich Laura Bäßler den Eigenhändig-Laden angeschaut hat.

 

Ich sehe mich als Weltenbummlerin, und Einzelhandel ist ortsgebunden.
Nadja Schoser über eins der Motive für ihren Ausstieg
 

Dafür haben ihr Konzept und Ambiente dann umso mehr gefallen. Die 43-Jährige arbeitet eigentlich als Teamleiterin Logistik bei Bosch in Reutlingen, hat ihre Stelle dort aber reduziert, um von Mittwoch bis Samstag den Laden in Kirchheim betreuen zu können. „Laura bringt viele Ideen mit, etwa dass Kunden die Behälter nur abgeben und dann später wieder voll abholen“, sagt sie. Auch ein Bringservice für Bosch-Mitarbeiter ist denkbar. 

Warum Nadja Schoser nach fast zweieinhalb überaus erfolgreichen Jahren überhaupt mit ihrem „Herzensprojekt“ in Kirchheim aufhört, kann die 35-Jährige durchaus erklären. „Mein Thema war immer auch Persönlichkeitsentwicklung, ich sehe mich als Weltenbummlerin und Einzelhandel ist nun einmal ortsgebunden“, sagt sie. 
Daher sollen bei ihr künftig Events zum Thema Nachhaltigkeit, nachhaltiges Reisen oder Yoga-Workshops an schönen Orten eine größere Rolle spielen. Das sei als „One-Woman-Show“ in Verbindung mit dem Geschäft nicht mehr zu wuppen gewesen. „Ich bleibe dem Laden aber verbunden, kaufe hier weiterhin mein gefiltertes Wasser und werde mit Laura kooperieren“, sagt die Eigenhändig-Gründerin. Die Zusammenarbeit könne etwa in einer Erweiterung des Kursangebots bestehen. So oder so werde man sich weiter regelmäßig sehen. Vorerst gönne sie sich nach mehr als zwei intensiven Jahren eine Erholungspause: „Zwei, drei Monate ein bisschen Leerlauf, das kommt jetzt ganz recht.“

„Geheimzutat: Liebe“

So bleibt Köchin Yvonne Wagner dem Eigenhändig-Geschäft erhalten. Sie ist vor allem für die „Geheimzutat Liebe“ zuständig, wie es die scheidende Gründerin formuliert. Ihre Essenskreationen hätten immer wieder für Begeisterung bei den Kundinnen und Kunden gesorgt. Auch die anderen Mitarbeiterinnen bleiben, somit ändert sich für die Kundschaft erst mal nicht so viel, außer dass es ein neues Gesicht gibt – und neue Hände, die künftig die Unverpackt-Waren abfüllen.