Kirchheim
Vanlife: Aus Reisen mit dem Camper ist ein Lifestyle geworden

Work-Life-Balance  Ein ganz neues Leben starten in Krisenzeiten: Der Kirchheimer Fabian Zacke und seine Freundin Annkatrin Mehlhorn haben es getan. Von Sarah Polzer

Der Winter rückt näher. Eine Krise jagt die andere. Ausgerechnet in diesen Zeiten entscheidet sich der Kirchheimer Fabian Zacke zusammen mit seiner Freundin  Annkatrin Mehlhorn für ein ganz neues Leben.

Fabian hängt seinen Job 2020 an den Nagel, wenig später kündigt das Paar die gemeinsame Wohnung. Sie wollen alles hinter sich lassen und für ein Jahr
 

Der Lebensstil zeigt mir, dass ich nur ganz wenig brauche, um glücklich zu sein.
Annkatrin Mehlhorn
 

auf Work- and Travelbasis nach Australien gehen. Doch die Coronapandemie macht ihnen einen Strich durch die Rechnung: Australien schließt die Grenzen, das „Working Holiday Visa“ gibt’s nicht mehr. Plan B muss her: Die Idee eine Europareise entsteht  (der Teckbote berichtete). 

Anfang 2021 ist der Camper „Elvis“ umgebaut, das Abenteuer beginnt. Die beiden starten ihren YouTube-Channel „Neuland Pioniere“. „Die Idee war, Freunde und Familie einzubinden, zu zeigen, was wir erleben“, erzählt Fabian.  „Später kamen dann auch Leute dazu, die wir nicht kannten, und das Ganze hat sich dann irgendwie verselbstständigt“. Über ein Jahr und 15 Länder später ist aus der Reise ein Lebensstil geworden.

Anne erklärt: „Für uns ist es keine Reise, der Van ist unsere Wohnung“.  Die beiden sind Selbstversorger. Auf dem Dach befinden sich Solarzellen. Über eine Lithium-Ionen-Batterie generieren sie Strom während der Fahrt. Nur frisches Wasser muss immer wieder neu gesucht werden.

Das Leben im Van ist minimalistisch. Dort gibt es alles, was es auch in einer Wohnung gibt, nur eben in etwas kleinerer Ausführung: Einen Gasherd, eine Spüle, ein Bett und ein kleines Bad., sagt Anne. Fabian ergänzt: „Glück und eine gute Zeit kann ist nicht zu erkaufen. Man sollte einfach die Zeit genießen und das machen, worauf man wirklich Bock hat, ohne sich dabei in den eigenen  Entscheidungen beeinflussen lassen.“ 

Die beiden leben nicht nur im Van, sie gehen von dort aus auch ihren Jobs nach. Anne hat mittlerweile wieder eine Festanstellung als Recruiterin bei einem IT-Unternehmen. Fabian hat sich mit YouTube selbstständig gemacht.

Im Van ist ein kleiner Tisch eingebaut, der gerade mal für zwei Laptops ausreicht. Anne und Fabian arbeiten ungefähr 30 Stunden in der Woche aus dem Van heraus. Nach den regulären Jobs ist aber lange noch nicht Feierabend. Mit den Lebensumständen, haben sich auch ihre Bedürfnisse geändert – Elvis ist zu klein geworden. Deshalb schrauben und bauen sie an einem neuen Van. Er ist schon fast fertig, nur an der Decke fehlt noch ein wenig Verkleidung und Farbe. Von außen erinnert der Camper eher an ein Baustellenfahrzeug. „Das war eine bewusste Entscheidung, um nicht aufzufallen und sicherer zu parken“, erklären die Aussteiger. ​​​Der Ausbau des Kastenwagens ist zu einem Dauerprojekt geworden.

„Wir wissen auch nicht, ob wir das in zehn Jahren noch machen, aber mittelfristig ist das ein sehr guter Weg“, meint Fabian. Den Winter wollen sie mit Freunden in einem wärmeren Gebiet verbringen. Geplant ist, von Spanien nach Marokko weiter zu fahren. Wie es danach weitergeht, wissen sie noch nicht. „Die Spontaneität wollen wir uns nicht nehmen lassen“. Anne ergänzt: „Wir wissen meist gar nicht, wo wir in zwei Wochen sind“.

Tipps für Nachahmer

Camper auf Probe: Das Leben auf engem Raum ist nicht für jeden geeignet. Deshalb empfehlen die Experten Fabi und Anne, erst einmal für ein bis zwei Wochen Urlaub in einem Wohnmobil zu machen.

Eindrücke sammeln: Um einen Eindruck vom Leben auf Achse zu gewinnen, eigenen sich Youtube-Videos oder Erfahrungsberichte aus Blogs. Besonders wertvoll sind persönliche Gespräche mit Leuten, die sowas schon mal gemacht haben.

Erfahrungen machen: Ausprobieren und selbst rumbasteln hilft, um eigene Erkenntnisse zu sammeln. Dabei zeigt sich schnell, was funktioniert und was nicht. Hinzu kommen stetig neue Ideen.

Klein starten: Gerade am Anfang sollte lieber nicht zu viel Geld in die Ausrüstung investiert werden. Besser ist es, sich langsam zu steigern.

Träume verfolgen: Der Ausbau eines Vans erfordert eine Menge Zeit. Bloß nicht aufgeben und weiter am Ziel dran bleiben, dann sind Ergebnisse schnell sichtbar.