Kirchheim

Vernunft statt dicke Luft

Wenn zwei sich streiten, bleibt meist etwas auf der Strecke, und sei es nur das gemeinsame Naturerlebnis. Der Interessenskonflikt zwischen Wanderern und Mountainbikern ist Sinnbild für vieles, was schiefläuft im gesetzlich geregelten Miteinander. Nicht jedes Dekret, das Recht und Unrecht trennt, ist geeignet, um Probleme aus der Welt zu schaffen. In einer Freizeitgesellschaft, die sich die Natur als Konsumgut zu eigen gemacht hat, sind Gut und Böse nur schwer auseinanderzuhalten. Ein Wanderer, der mit dem Auto zum Ausgangspunkt startet, hat gegenüber dem Radler, der auf schmalen, aber befestigten Pfaden allein auf Muskelkraft setzt, keinen moralischen Vorteil. Gleichzeitig handeln Biker, die im Naturschutzgebiet durch Grasnarben pflügen, gedankenlos und töricht.

Die Zwei-Meter-Regel im Landeswaldgesetz gilt seit mehr als 20 Jahren, und die Praxis zeigt: Ein verantwortungsvoller Umgang mit der Natur, gegenseitiger Respekt und Rücksichtnahme auf Wanderwegen lassen sich weder metrisch bemessen noch per Gesetz erzwingen. Dass ein friedliches Nebeneinander möglich ist, zeigen nicht nur Länder wie Italien oder einzelne Kantone in der Schweiz, sondern auch die eine oder andere Schwarzwaldgemeinde. Wo man mit Hinweisschildern an die Vernunft gleichberechtigter Weggefährten appelliert, herrscht selten dicke Luft.

BERND KÖBLE