Kirchheim
Viele versammeln sich  trotz Verbot

Demonstration   Ohne eine Veranstaltung angemeldet zu haben, zogen rund 350 Menschen durch Kirchheims Innenstadt. Sie wollten damit stumm gegen die Corona-Maßnahmen protestieren.  Von Andreas Volz

Es war eine seltsame Veranstaltung, die sich am Montagabend in Kirchheim abgespielt hat, als Gegner der aktuellen Corona-Maßnahmen durch die Innenstadt gezogen sind. Eigentlich war es noch nicht einmal eine Veranstaltung, denn die „Demonstration“ war nicht angemeldet worden. Somit konnte auch keine Genehmigung vorliegen.

Allerdings lag seitens der Stadtverwaltung etwas anderes vor – und zwar ein Verbot der Versammlung, die als „Spaziergang“ beworben worden war. Mitarbeiter des Ordnungsamts und der Polizei nahmen Kontakt mit den Teilnehmern auf und überreichten ihnen Kopien der Allgemeinverfügung, durch die die Versammlung ausdrücklich untersagt war.

Zur Allgemeinverfügung gehörten auch Hinweise auf die Konsequenzen: Wer eine verbotene Veranstaltung leitet oder zur Teilnahme aufruft, kann bestraft werden – mit einer Geldstrafe oder sogar mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Wer an einer solchen Veranstaltung teilnimmt, kann wegen einer Ordnungswidrigkeit belangt werden. Insgesamt hat die Polizei am Montag in Kirchheim 27 Verstöße gegen das Versammlungsrecht festgestellt, die nun zur Anzeige gebracht werden.

Überwiegend blieb es aber bei Gesprächen zwischen Polizei und „Spaziergängern“. Die Mehrzahl dieser Gespräche gab es wechselweise vor dem Rathaus und in der Dettinger Straße, auf Höhe der Einmündung der Ziegelstraße. Zwischen diesen beiden Polen bewegte sich die Versammlung hin und her, in einer Art Katz-und-Maus-Spiel mit den Ordnungskräften. Andererseits erinnerte das Geschehen an die Geschichte von Hase und Igel: Wann immer die Versammlung an einem der beiden zentralen Orte beim „Spazierengehen“ ins Stocken kam, wartete bereits die Polizei auf die Teilnehmer und erklärte ihnen, dass sie sich wegen des Versammlungsverbots an diesem Ort nicht aufhalten durften und wieder ihres Weges ziehen mussten.

Mindestens anderthalb Stunden wogte also die Menschenmasse – die die Polizei anschließend auf bis zu 350 Personen bezifferte – auf und nieder zwischen Max-Eyth- und Ziegelstraße, bevor sich das Geschehen wieder beruhigte und die Woge zusehends abebbte. Für Autofahrer gab es an der Alleenstraße zeitweise langen Stillstand, weil der Überweg von der Marktstraße in die Dettinger Straße am Alten Haus fest in der Hand der Fußgänger war.

Alles ist friedlich verlaufen

Erfreulich am ganzen Geschehen der „Nicht-Versammlung“ war, dass die Polizei – abgesehen von der Tatsache, dass eine Veranstaltung im Gange war, die so gar nicht hätte stattfinden dürfen – „keine besonderen Vorkommnisse“ zu vermelden hatte: Die Menschen, die da eher stumm oder eben in Gruppengespräche vertieft unterwegs waren, konnten weder schriftlich noch mündlich Parolen mit irgendwelchen Forderungen verbreiten, weil sie sonst ja eklatant gegen das Versammlungsverbot verstoßen hätten.

Noch wichtiger als das Ausbleiben verbaler Aggression war freilich, dass es auch zu keinen gewalttätigen Ausschreitungen kam. Schiedlich-friedlich hat sich die Menge nach der merkwürdig anmutenden Veranstaltung wieder in alle Winde zerstreut.

Dasselbe gilt auch für andere Städte im Kreis Esslingen, in denen es ebenfalls zu dieser Art von nicht-angemeldeten und trotzdem organisierten Demonstrationen kam – mit unterschiedlich hoher Teilnehmerzahl. Die Polizei nennt die Großen Kreisstädte wie Esslingen, Nürtingen oder Filderstadt als Orte für solche „Stadtspaziergänge“, aber auch Neuhausen auf den Fildern oder Wernau. Überall dürfte es aber ähnlich zugegangen sein wie in Kirchheim: „Demonstranten“ und Ordnungskräfte setzten sich wechselseitig in Bewegung, und es gab die eine oder andere Anzeige wegen Ordnungswidrigkeiten. Ansonsten aber: Alles einigermaßen friedlich – „keine besonderen Vorkommnisse“.