Kirchheim

Vier Impfzentren im Kreis in der Endauswahl

Corona Im Landratsamt läuft die Suche nach geeigneten Standorten. Vor dem Start im Januar gibt es viele Fragen.

Symbolbild

Esslingen. Mitte Dezember sollen die ersten zentralen Impfzentren zur Bekämpfung des Coronavirus im Land in Betrieb gehen. Ab 15. Januar ziehen die Stadt- und Landkreise mit eigenen Impfzentren nach. Wo genau das sein könnte, darüber zerbrechen sich die Verantwortlichen im Esslinger Landratsamt zur Stunde den Kopf. Am morgigen Freitag will der Krisenstab dem Sozialministerium geeignete Standorte nennen. Ein bis zwei pro Kreis schlägt das Ministerium vor. Vier Standorte werden im Moment geprüft.

Über tatsächliche Zahl und Lage herrscht Schweigen. Es sei noch nichts entschieden, teilt Landratsamts-Sprecherin Andrea Wangner mit. „Wir arbeiten hier alle unter Hochdruck, um die Sache auf die Schiene zu setzen.“ Eines steht schon fest: Geeignete Orte zu finden ist schwierig. Sie müssen verkehrsgünstig gelegen sein, zudem ausreichend Platz und Parkplätze für täglich rund 700 Menschen an sieben Tagen pro Woche bieten. In ländlichen Gemeinden dürften solche Plätze und Gebäude nur schwer zu finden sein. Doch genau darum geht es Bürgermeistern aus Randgemeinden wie etwa Lenningens Rathauschef Michael Schlecht. Als Vorsitzender des Kreisverbands im Gemeindetag hat er gemeinsam mit Kollegen dem Landkreis Vorschläge unterbreitet. In den vergangenen Tagen fanden Besichtigungstermine vor Ort statt. Schlecht ist an einer dezentralen Lösung gelegen. Ein bis zwei Zentren im Landkreis mit der höchsten Bevölkerungsdichte in Baden-Württemberg hält er für zu wenig. „Wenn Bewohner in Schopfloch 50 Kilometer fahren müssen, um sich impfen zu lassen, wird‘s schwierig“, sagt er. Es gelte die richtige Balance zu finden zwischen Bürgernähe und dem, was personell und aufgrund der Infrastruktur möglich sei. Schlecht hofft auf den verstärkten Einsatz mobiler Impfteams, wie sie zu Beginn nur in Pflegeheimen und für bettlägerige Patienten zum Einsatz kommen sollen.

Hohe Bereitschaft unter Ärzten

Vor dem Impfstart mit Risiko-Personen Mitte Dezember sind noch viele Fragen ungeklärt. Woher das Personal kommen soll, wie sich Sicherheitsdistanz wahren lässt, aber auch was die Dokumentation und die Terminvergabe betrifft (siehe Infoteil). Dr. Wolf-Peter Miehe, der Vorsitzende der Kreisärzteschaft in Kirchheim, spricht von einer gut dreistelligen Zahl an Kollegen, die bereit seien, in den Impfzentren mitzuarbeiten. Der Wille ist da, ob das reichen wird, vermag er nicht zu sagen. „Das ist eine Riesenherausforderung“, sagt der Mediziner, auch wenn man kein Arzt sein muss, um eine Impfung verabreichen zu dürfen. Wo medizinisches Fachpersonal im Einsatz ist, müssen Ärzte auf jeden Fall im Hintergrund sein. Eine Aufgabe, die zusätzlich zu leisten ist. „Mit dem ersten Pieks sind ja nicht alle anderen Probleme verschwunden“, sagt Miehe.

Wer sich impfen lässt, muss vorher aufgeklärt werden. Weil Rückfragen möglich sein müssen, geht das nur in einem persönlichen Gespräch. Das kostet Zeit und das erfordert gegebenenfalls Dolmetscher. Anschließend gilt es die schriftlichen Einwilligungen zu dokumentieren. Ein enormer Aufwand. Viel wird deshalb davon abhängen, wie groß der Ansturm sein wird. Laut einer bundesweiten Forsa-Umfrage wären nur gut 40 Prozent der Befragten sofort bereit, sich impfen zu lassen. Trotzdem geht man im Stuttgarter Sozialministerium davon aus, dass schon im Frühjahr mit Beginn des zweiten Quartals die Regelversorgung in den Hausarztpraxen stattfinden kann. Die niedergelassenen Ärzte halten diesen Terminplan für sportlich. „Dafür müsste genügend Impfstoff verfügbar sein, der sich in Praxen lagern lässt“, sagt Wolf-Peter Miehe. Der Impfstoff von Biontech/Pfizer, der als erster zur Verfügung stehen soll, setzt Extremtemperaturen von minus siebzig Grad für die Lagerung voraus. Bernd Köble

Wird die 116 117 zum Nadelöhr?

Die Telefonnummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes soll für die Vergabe von Impfterminen zur Verfügung stehen, sobald das Sozialministerium den Startschuss gibt. Eine Lösung, die viele Experten anzweifeln. Die 116 117 bietet Patienten nicht nur Hilfe außerhalb der Praxis-Sprechzeiten und bei der Vermittlung von Facharzt-Terminen, sie dient seit dem Frühjahr auch als Kontaktnummer bei Verdacht auf eine Corona-Infektion. Die Hotline gilt deshalb als stark frequentiert und zeitweilig überlastet. In der Rettungsleitstelle des DRK in Esslingen, wo die Nummer geschaltet ist, war von dieser Regelung gestern noch gar nichts bekannt. Ebensowenig bei den Servicestellen der Kassenärztlichen Vereinigung, die für die Vergabe von Impfterminen zuständig ist. Nach Wahl der Nummer sollen Impfwillige durch Drücken einer Zifferntaste umgeleitet werden. Inwieweit dies einem Engpass vorbeugen kann, konnte gestern keine Stelle beantworten.bk