Kirchheim

Vom Baumstamm bis zur Drehleiter

Geschichte Die Leiter hat eine bewegte Geschichte. Die wird derzeit im Kirchheimer Feuerwehrmuseum präsentiert. Von Daniela Haußmann

Helmut Eiting (links) und Klaus Hirtreiter. Fotos: Daniela Haußmann
Helmut Eiting (links) und Klaus Hirtreiter. Fotos: Daniela Haußmann

Ob Steck-, Schiebe-, Tritt- oder Anlegeleiter - sie alle eint ein gemeinsamer Vorläufer, der Baumstamm. Die Geschichte eines der ältesten Geräte reicht weit zurück. Sie zeigt, dass die Urmenschen keineswegs auf den Kopf gefallen waren. Vor höher gelegenen Höhlen, in denen sie Unterschlupf fanden, stellten sie Stämme auf. „Die Äste schnitten sie gerade so weit ab, dass die Stummel noch zum Klettern taugten“, sagt Helmut Eiting, der Vorsitzende des Vereins der Förderer und Freunde der historischen Feuerwehrtechnik (VFH) Kirchheim. Stämme, die öfter in Gebrauch waren, wurden kurzerhand mit Trittstufen versehen.

Schon 3000 vor Christus in Ägypten

Zweiholmige Sprossenleitern gab es nach Auskunft von VFH-Mitglied Klaus Hirtreiter schon 3 000 vor Christus in Ägypten. Die leisteten nicht nur beim Bau von Tempeln wertvolle Dienste. „Sie kamen im Festungsbau zum Einsatz, aber auch im Krieg, um beispielsweise die Mauern von Städten zu erklimmen“, erzählt Klaus Hirtreiter und betont: „Nach über viertausendjähriger Verwendung im militärischen Bereich sind aus dieser Ur-Leiter die verschiedenen Formen der Anstellleiter hervorgegangen.“ Der Fortschritt stand schon vor unserer Zeitrechnung nicht still. Bereits 2450 vor Christus kam es in der Leitertechnik zu einem ersten großen Entwicklungssprung. Wieder waren es findige Ägypter, die die Anstellleiter laut Klaus Hirtreiter an einem ihrer zwei Enden auf eine Achse mit Rädern setzten. Fort­an ließen sich noch längere Leitern bauen, die sich obendrein viel leichter zur feindlichen Stadtmauer transportieren ließen, wie der VFH-Vertreter erzählt.

Um 340 vor Christus war es erneut das Kriegswesen, das zum Impulsgeber für den nächsten Innovationsschub wurde. „Unter Alexander dem Großen konstruierten Ingenieure riesige Belagerungsmaschinen mit Leiterbrücken, die auf ein Vierradgestell gesetzt wurden“, erzählt Helmut Eiting. Damit schlug die Stunde der ersten technischen Leitern. Schon die römischen Pioniere empfanden lange Anstellleitern als unhandlich und griffen stattdessen auf eine der ersten Steckleitern zurück. Diese sogenannte „scala romana“ bestand aus mehreren Teilen, die sich einfach transportieren ließen.

Das galt auch für Klappleitern, die um 1460 aufkamen. Schon damals ließen sich die zweiholmigen Geräte auf- und zusammenklappen. Das war möglich, weil in die Sprossen Löcher gebohrt wurden, in die man Holzstifte einführte. Diese flexible Konstruktion war nicht nur handlich, sondern kam im 30-jährigen Krieg zusammengeklappt auch als Ramm- und Hebebock zum Einsatz. „Noch heute gehört die Klappleiter zur Standardausrüstung der Feuerwehr“, so der VFH-Vorsitzende.

Revolutionär war die Erfindung der Schiebeleiter Ende des 18. Jahrhunderts. Mit etwas Tüftelei gelang es, die Leiterteile über einen Seilwindenzug in die Höhe zu fahren - eine enorme Erleichterung. „Wenig später wurde dieser Leitertyp auf einen Wagen gesetzt, wo er sich mit Stützen aufrichten ließ“, so Klaus Hirtreiter. Damit war die fahrbare Schiebeleiter geboren. Dieser Vorläufer der Drehleiter kann im Kirchheimer Feuerwehrmuseum besichtigt werden.

Kirchheimer spät dran

Jahrzehntelang wurde eifrig an der Drehleitertechnik getüftelt und gefeilt. 1916 gelang Magirus das Meisterstück, die weltweit erste Autodrehleiter zu präsentieren, bei der alle Leiterbewegungen vom Fahrmotor angetrieben wurden. Ziemlich spät gelangte die Kirchheimer Wehr in den Genuss dieser Technik. Erst 1938 beschaffte die Stadt ein Motorfahrzeug, auf das eine bereits vorhandene Holzleiter aufgebaut wurde. Die ließ sich allerdings nur von Hand bewegen. 23 Jahre zogen ins Land, bis die Kirchheimer Stadträte den Kauf einer hydraulischen Drehleiter bewilligten. Weit ins 20. Jahrhundert waren auch Hakenleitern im Einsatz. Das ab dem 19. Jahrhundert genutzte Gerät bestand aus zwei Holmen, an deren oberem Ende sich ein Haken befand. „Die Häuser wuchsen schneller als die Steiggeräte“, erklärt Klaus Hirtreiter. „Eine Lösung boten Hakenleitern, die am Fensterrahmen eingehängt und von unten durchgereicht wurden. So konnten die Feuerwehrleute an der Hauswand entlang von einem Stockwerk zum nächsten gelangen.“ Eine Technik, die bis etwa 1980 von etlichen Berufsfeuerwehren praktiziert wurde.

Info Bis Ende Oktober ist das Kirchheimer Feuerwehrmuseum samstags bis mittwochs von 9.30 bis 12.30 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.