Kirchheim

Von Bangkok ging es dann nach Schlierbach

Abschied 60 Mal umgezogen ist Schlierbachs Pfarrerin Ulrike Schnürle. Nun verabschiedet sich die Weltenbummlerin von der Gemeinde. Von Ulrike Luthmer-Lechner

Nach über zehn Jahren in der Gemeinde geht Ulrike Schnürle in den Ruhestand.Foto:  Ulrike Luthmer-Lechner
Nach über zehn Jahren in der Gemeinde geht Ulrike Schnürle in den Ruhestand.Foto: Ulrike Luthmer-Lechner

Nach über zehn Jahren nimmt Pfarrerin Ulrike Schnürle Abschied von der evangelischen Kirchengemeinde in Schlierbach und geht in den Ruhestand. „Ich fühle Abschiedsschmerz, bin aber auch erleichtert, dass die Verantwortung wegfällt“, sagt die Pfarrerin von der evangelischen Georgskirche. Zehn Jahre lang begleitete sie die Christen der Gemeinde.

Pfarrerin, das war Berufung und Traumberuf. „Jesus kann so vieles verändern, ich habe das auch an mir selbst erfahren“, lächelt die weit gereiste Theologin, die China, verschiedene südostasiatische Länder und Russland besuchte und 23 Jahre in Thailand lebte. Dort leistete sie Missionsarbeit und engagierte sich in Bangkok beim Gemeindeaufbau.

Was führte sie im „Spätsommer“ ihrer aktiven beruflichen Zeit von einem Land mit völlig anderen Dimensionen in die dörfliche Idylle nach Schlierbach? „Irgendwann kommt man in Lebensphasen, wo man neu nachdenkt, was nun dran ist“. Vertraute Gegebenheiten waren wieder da. „Ich habe Traditionen, wie das Kirchenjahr, wieder sehr schätzen gelernt.“

Jugend geht selten in die Kirche

Sie freute sich sonntags über jeden Einzelnen, der kam, um Gottes Wort zu hören. „Es ist traurig, dass so wenige Menschen von der Freude und dem Reichtum des Glaubens wissen.“ Insbesondere Jugendliche seien in unserer hoch technisierten Welt nur schwer für die Kirche zu begeistern.

Von ihren Gemeindemitgliedern sei sie gefragt worden, warum Gott es zulasse, dass großes Leid über eine Familie he­reinbricht? „Wenn Menschen keine Glaubenserfahrungen haben, kommt es selten vor, dass sie bei Gott Trost und Hilfe suchen.“

Zum aktuellen Lutherjahr meint die Seelsorgerin: „Ich wünsche mir, dass sein Anliegen wieder lebendig wird in unseren Gemeinden.“ Das Vertrauen in Gottes Wort sei abhanden gekommen, dies läge wohl auch daran, dass „wir verschiedene theologische Strömungen haben, Leute wissen nicht mehr, woran sie sich orientieren können“.

Lachendes und weinendes Auge

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge steht sie an ihrem letzten Tag beim Abschiedsgottesdienst am Altar. „Scheiden tut weh“, sagt sie. Für die evangelische Kirchengemeinde wünscht sie, dass der Nachfolger oder die Nachfolgerin neue Akzente setzt.

Auch in der ökumenischen Zusammenarbeit gab es keine Berührungsängste. Ganz besonders freute sich Ulrike Schnürle über die „tollen Kirchengemeinderäte“ und dass die Georgskirche durch Spenden und tatkräftige Eigenleistungen saniert werden konnte und schuldenfrei ist. Allerdings gehörten auch weniger schöne Erfahrungen zu ihrem Alltag. Etwa das Dorfgeflüster, oder dass Menschen in schwierigen Lebenslagen alleine bleiben. Das bedauert sie sehr. „Schade, dass die Menschen kein Vertrauen haben, dass Gott da ist und segnend helfen will.“

Letzte Station: Böblingen

Nach rund 60 Umzügen packt sie jetzt erneut, um in ihrem künftigen Domizil Böblingen heimisch zu werden. Mit dem Blick in Richtung Ruhestand freut sie sich auf „mehr Zeit“. Zeit für ihre 96-jährige Mutter und andere Menschen, die ihr nahestehen. „Ich bin sicher, dass Gott mir wieder neue Aufgaben gibt.“ Zunächst jedoch soll das Leben nach der Uhr dem Gefühl von freier Tagesplanung Platz machen. Was die Pfarrerin vermissen wird? „Die Freundschaften, die gewachsen sind.“ Mit der Jahreslosung „Gott sagt: Ich will euch ein neues Herz schenken und einen neuen Geist in euch legen“ verabschiedet sich die Seelsorgerin leise und fügt hinzu: „Das wünsche ich unserer Kirche, der Gemeinde und jedem Einzelnen.“