Kirchheim
Von Faust bis zur Gender-Definition

Abitur In Kirchheim haben 157 Schüler die schriftliche Deutsch-Prüfung abgelegt.

Kirchheim. So viel Flexibilität gab es noch nie im Deutsch-Abi: Drei Themenbereiche mit jeweils zwei Alternativen. Weil im vergangenen Jahr viel Unterricht ausgefallen war, konnten die Lehrer der jeweiligen Kurse entsprechend der Schwerpunkte ihres Unterrichts noch steuernd eingreifen. Aber letztlich zog der Klassiker immer noch. Wie Goethes Faust in der Sekundärliteratur wahrgenommen wird, in diesem Fall in Michael Jaegers Essay über den ersten Teil der Trägodie des großen deutschen Dichters, dem wollten sich immerhin 21 Schüler der 51 Prüflinge am Schlossgymnasium annehmen. Immerhin noch 17 von 67 taten dieses am Ludwig-Uhland-Gymnasium und ebenfalls 21 von 34 an der Jakob-Friedrich-Schöllkopf-Schule. Vielleicht hat auch Jaegers zeitgemäßer Einstieg das Interesse an einer Interpretation geweckt: „Als Ablenkungssüchtiger ist Faust gefesselt an den Unterhaltungskünstler Mephistopheles.“ Von den fünf Deutsch-Abiturienten an der Max-Eyth-Schule nahm sich aber nur eine oder einer dem Thema an.

Den Vergleich zwischen E.T.A. Hoffmanns „Der goldne Topf“ und Hermann Hesses „Steppenwolf“ stellten am LUG immerhin sechs Schülerinnen und Schüler an. Hierbei ging es um selbst bestimmtes Leben, wie es in zwei literarischen Werken verschiedener Epochen beschrieben wird. Doch auch hier: Das Thema ist zeitlos.

Den Kurzprosatext des österreichischen Autors Thomas Bernhard, „Von einem Nachmittag in einer großen Stadt“, wollten am Schlossgymnasium immerhin 19 Schülerinnen und Schüler interpretieren, am LUG waren es zehn, an der Jakob-Friedrich-Schöllkopf-Schule sieben und an der Max-Eyth-Schule drei. Das eindrucksvolle Stadtgemälde spielt lautmalerisch mit Eindrücken, Gerüchen, Geräuschen und Erinnerungen, also all dem, was momentan gerade nur reduziert erlebbar ist.

Nur an den allgemein bildenden Gymnasien gab es die Möglichkeit, „materialgestützt“ einen Kommentar zu einer aktuellen Diskussion zu verfassen. Es ging um ein derzeit wirklich hoch umstrittenes Thema, das kaum kontrastreicher zum „Faust“ sein könnte: Die „Geschlechtergerechte Sprache“. Die Defintion des viel strapazierten Wortes „gender“ bekamen die Abiturienten als Hilfsmittel dazu. Dafür konnten sich am Schlossgymnasium sieben und am LUG sogar 28 Schülerinnen und Schüler begeistern, was dort den „Tagessieg“ unter den beliebtesten Themen bedeutete.

An den kaufmännischen und gewerblichen Schulen konnten die Abiturientinnen und Abiturienten noch unter Essays zur Klimaethik sowie Texte über Konsumverhalten und Klimaschutz wählen. Dabei handelte es sich um Kommentare aus überregionalen Tageszeitungen. Thomas Zapp