Kirchheim

Von Schulalltag kann keine Rede sein

Bildung Seit Montag werden auch in Kirchheim wieder Schüler aller Stufen in den Klassenzimmern unterrichtet. Masken, Einbahnregelungen und Schichtwechsel gehören aber überall dazu. Von Bianca Lütz-Holoch

Gemeinsam spielen - aber mit Abstand und Masken. Die Freihof-Grundschule hat ihre Klassen halbiert und die Pausenzeiten gestaffe
Gemeinsam spielen - aber mit Abstand und Masken. Die Freihof-Grundschule hat ihre Klassen halbiert und die Pausenzeiten gestaffelt. Foto: Jean-Luc Jacques

Eigentlich läuft es ganz gut. Besser zumindest, als mancher Schulleiter es erwartet hätte: Die meisten Schüler ziehen anstandslos ihre Masken auf, halten sich an Einbahnregelungen und haben oft sogar den Stoff der letzten Wochen parat. Nur mit dem Sicherheitsabstand klappt es nicht immer - da braucht es schon mal eine Ermahnung. Nach drei Monaten corona-bedingten Homeschoolings gehen seit Montag auch in Kirchheim wieder Schüler aller Stufen zur Schule. Fest steht aber: Die Rückkehr in die Klassenzimmer bedeutet längst keine Rückkehr in den normalem Schulalltag.

„Unsere Schüler haben im 14-tägigen Wechsel Präsenzunterricht“, sagt Clemens Großmann, geschäftsführender Schulleiter in Kirchheim und Rektor der Freihof-Realschule. Das heißt vereinfacht gesagt: Die Klassen werden halbiert. Die eine Hälfte kommt in geraden Wochen zur Schule, die andere in ungeraden. Wer zu Hause ist, erhält Fernunterricht. Das entspricht dem rollierenden System, das man den Schulen für die Phase zwischen Pfingst- und Sommerferien vorgegeben hat. Wie der Schichtbetrieb genau aussieht, wie oft und lange die Kinder kommen und ob nur Haupt- oder auch Nebenfächer unterrichtet werden, entscheidet jede Schule selbst. „Das hängt von den räumlichen und personellen Gegebenheiten ab“, so Großmann.

Vielen Kirchheimer Schulen gelingt es, das Maximum rauszuholen. „Jeder Schüler hat bei uns bis zu den Sommerferien drei Wochen Präsenzunterricht“, sagt Lucia Heffner, Leiterin des Kirchheimer Schlossgymnasiums - abgesehen von den Oberstufenschülern, die seit Mai ohnehin jeden Tag kommen. Die fünften bis zehnten Klassen haben je ein festes Klassenzimmer. Unterrichtet werden so gut wie alle Fächer. Unterschiedliche Anfangszeiten und eine Aufteilung des Schulhofs entzerren die Pausen. „Außerdem müssen die Schüler auch dort ihre Masken tragen“, so Lucia Heffner.

Im Ludwig-Uhland-Gymnasium dagegen läuft es auf zwei Wochen Schule pro Schüler hinaus, schwerpunktmäßig in den Hauptfächern. „Unsere Räume sind so klein, dass manchmal nur acht Schüler reinpassen“, sagt Dr. Frank Hugelmann, stellvertretender Schulleiter. Zum Teil mussten Klassen gedrittelt werden. Diese Woche haben die Neunt- und Zehntklässler Unterricht, in der Woche darauf die Siebt- und Achtklässler und dann die Fünft- und Sechstklässler. „Damit ist das Haus so voll, dass wir es gerade noch verantworten können“, so Hugel­mann. „Es geht ja darum, die Gesundheit aller Beteiligten zu schützen.“

Mit anderen Problemen hat Uwe Häfele, Rektor der Alleenschule, zu kämpfen. „Wir haben viele Kinder, die über Fernlernen schlecht oder gar nicht erreicht werden können“, sagt er. Das gilt nicht nur für die drei Vorbereitungsklassen. Für die Hauptschüler hat Uwe Häfele ein System ausgeklügelt, das es ihnen ermöglicht, in zwei Schichten bei weniger Stunden jeden Tag zu kommen. „Es war ein immenser Aufwand, die Stundenpläne zu bilden“, so Häfele. Daran, dass für die Grundschule nun wieder Änderungen anstehen, mag er gar nicht denken.

„Wir kriegen es hin, dass jeder Schüler drei Wochen Unterricht hat“, sagt Annette Wolf, Leiterin der Raunerschule. Platz gibt es auf dem Campus genug. „Was wir aber nicht bieten können, ist Ganztagsbetrieb.“ Aus den üblichen acht Stunden sind dreieinhalb geworden. Für die Jüngeren wird aber gerade der Ganztagsbedarf abgefragt. „Wir sind froh, dass überhaupt wieder gemeinsamer Unterricht und persönliche Kontakte möglich sind“, sagt Annette Wolf. Denn das mache schulisches Lernen aus. „Wir wünschen uns jetzt eine Rückkehr zur Normalität und klare Ansagen, wie es nach den Sommerferien weitergehen soll“, betont sie. Das betreffe auch Veranstaltungen, Feste und Ausflüge.

Den Unterricht im 14-tägigen Wechsel zu organisieren, hat in der Teck-Realschule gut geklappt. Das rollierende System ist aber nicht die einzige Herausforderung, mit der sich Konrektor Marlon Lamour herumschlagen muss. „Bei uns finden aktuell zum ersten Mal Hauptschul-Abschlussprüfungen statt“, berichtet er. Und nicht nur das: Am 20. Juli beginnt der Umzug der Teck-Realschule auf den Rauner-Campus - auch danach müssen sich die Stundenpläne noch richten.

Ferien? Hat es für die Schulleiter seit Februar nicht mehr gegeben. Auch viele Lehrer kommen angesichts des Vorbereitungsaufwands für Homeschooling auf dem sprichwörtlichen Zahnfleisch daher. Aktuell unterrichten sie oft parallel Kinder an der Schule und zu Hause. Clemens Großmann bringt es auf den Punkt: „Ich glaube, es freut sich jeder, wenn dieses Schuljahr zu Ende ist“, sagt er.

In den Grundschulen fällt die Abstandsregelung

Kaum hat das rollierende System begonnen, können Grundschulrektoren mit der Ausarbeitung neuer Stundenpläne beginnen. Am Dienstag hat die Landesregierung bekannt gegeben, dass an Grundschulen zum 29. Juni wieder Regelbetrieb eingeführt werden soll. In Teilen soll es auch Ganztagsangebote geben, die Notbetreuung fällt weg. „Das wird wieder eine große Rechnerei“, sagt Andrea Bizer, Leiterin der Kirchheimer Freihof-Grundschule. „Glücklicherweise kam die Ankündigung recht früh.“ Seit Montag besuchen im Freihof halbe Klassen im 14-tägigen Wechsel die Schule.

Ab 29. Juni werden die Grundschüler dann wieder täglich in ganzen Klassen unterrichtet. Die Abstandsregel fällt - allerdings nur innerhalb der festen Gruppen. „Ansonsten geht es so weiter wie bisher“, sagt Andrea Bizer: feste Zusammensetzungen, möglichst keine Wechsel bei den pädagogischen Fachkräften, Einbahnregelungen im Schulhaus und gestaffelte Anfangs- sowie Pausenzeiten. Zur Schule kommen dürfen zudem nur gesunde Kinder und Lehrer.

Hintergrund für die weiteren Öffnungen an den Grundschulen ist eine Studie des Universitätsklinikums Heidelberg. Ihr zufolge spielen Kinder unter zehn Jahren nur eine geringere Rolle bei der Verbreitung des Corona-Virus.

Neu ist ab dem 29. Juni zudem, dass Lehrer, die einer Risikogruppe angehören, nicht mehr einfach zu Hause bleiben können. Befreit wird dann nur noch, wer ein Attest vorlegt.bil